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Profiboxen SES hält mit Christina Hammer und Ramona Kühne die Fahne hoch / Nartz: Es mangelt an Persönlichkeit Deutsches Frauenboxen kämpft ums Überleben

Von Janette Beck 01.03.2013, 01:12

Magdeburg/Potsdam l Gut fünf Jahre nach dem Rücktritt von Box-Königin Regina Halmich und dreieinhalb Jahre nach dem letzten Kampf von "Box-Zarin a.D." Natascha Ragosina ist es um das Frauen-Profiboxen verdächtig ruhig geworden. Mehr noch, nach den Negativ-Schlagzeilen der jüngsten Vergangenheit (umstrittene Urteile bei den Niederlagen von Susi Kentikian, Pleite von Universum und damit einhergehende "Arbeitslosigkeit" von Ina Menzer, Skandal um die Schüsse auf Rola El-Halabi) könnte man sogar meinen, das Frauenboxen liegt angeknockt am Boden und wird angezählt ...

Lediglich die beiden Weltmeisterinnen vom Magdeburger Boxstall SES, Christina Hammer (22) und Ramona Kühne (33), halten die Fahne ihrer Zunft noch hoch. Während die ungeschlagene Mittelgewichtlerin Hammer nach ihrem Coup im September in Mühlheim auf ihr nächstes "Opfer" lauert, wagt Superfedergewichts-Championess Kühne nach einem Jahr Wettkampfpause infolge eines Kreuzbandrisses am Samstag in Potsdam ihr Comeback. Sport1 überträgt den SES-Kampfabend live.

Von beiden Magdeburger Boxladys hält Jean-Marcel Nartz viel. "Unterstützt und gefördert von Promoter Ulf Steinforth halten sie das Frauenboxen am Leben. Und sie haben es in der Hand, es wieder mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken", meint der 68-jährige Box-Experte. Die Frage, ob das Frauenboxen in einer festen Krise steckt oder gar dem Tode geweiht ist, beantwortet Nartz so: "Dass Frauenboxen steckt nicht mehr und nicht weniger in der Krise als das Profiboxen an sich. Die Blütezeit ist vorbei, überall gibt es Probleme."

Aus dem Blickwinkel von "Mister Boxring", der zugibt, nie ein großer Fan des Frauenboxens gewesen zu sein, "bis mich Regina Halmich mit ihrem Gesamtpaket bekehrt hat, seitdem respektiere ich Frauen im Ring", komme es eben nicht nur auf die boxerische Klasse an: "Viele boxen sogar technisch besser als eine Regina und auch als viele Männer, aber das alleine reicht eben nicht. Das Frauenboxen lebt und stirbt meiner Ansicht nach mit der Persönlichkeit im Ring."

Der größte Fehler sei gewesen, so Nartz, "dass bei jeder, die nach Regina kam, immer von einer ,neuen Regina Halmich\' geredet wurde. Aber die wird es nicht geben. Und auch solche Traum-Quoten, wie es zu ihren Zeiten beim ZDF gegeben hat mit neun Millionen werden nie wieder erreicht werden. Das ist Geschichte, damit muss man sich abfinden." Da aber für die Boxen übertragenden TV-Sender mehr denn je Einschaltquoten zählen, wage sich kaum noch jemand an Frauen-Kämpfe heran: "Zuletzt haben Felix Sturm und Sat.1 Schiffbruch erlitten", verweist Nartz auf die (Albtraum-)Quoten von nur 1,54 Millionen Zuschauern, die beim Hauptkampf zwischen Susi Kentikian und der Amerikanerin Carina Moreno am 2. Dezember eingeschaltet hatten.

Den jungen Damen, die sich aufmachen, in die Fußstapfen der einstigen deutschen Box-Queen zu treten, kann Nartz nur eines auf den Weg geben: "Die Damen sollten sich von der Persönlichkeit Regina Halmichs eine Scheibe abschneiden, sie war nämlich das Gegenteil von einer Zicke. Sie war nie arrogant oder abgehoben, hatte keine Allüren und war deshalb auch überall beliebt. Und sie hat stets auch das Frau-Sein perfekt zur Geltung gebracht."

Vor allem Christina Hammer bescheinigt der weltweit anerkannte Matchmaker großes Potenzial: "Christina hat was, und sie kann was. Ich sehe sie sehr gern boxen. Sie ist noch jung, und wenn sie noch mehr ihre frauliche Seite herauskehrt, dann gehört ihr und auch SES die Zukunft des deutschen Frauenboxens."