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Halbzeitanalyse - Teil 2: Aufstieg und Fall

Von Wolfgang André Schmitz 07.07.2007, 09:40

Während sich Titelträger Bernd Schneider in gewohnter Form und Tabellenposition befindet, kam es im Verfolgerfeld zu positiven wie negativen Überraschungen...

Ein stagnierender Mika Häkkinen, ein unkonstanter Bruno Spengler, ein vom Glück verfolgter Martin Tomczyk, ein katastrophaler Tom Kristensen und ein Gary Paffett, der beim Comeback im Neuwagen wieder munter im Titelkampf mitmischt: Hätte man vor einem Jahr einen Blick auf die aktuelle Meisterschaftstabelle werfen können, wäre es rasch zu Fehldeutungen gekommen. Doch während der unerwartete Saisonverlauf den Meisterschaftsstand gehörig durcheinander wirbelte, kam es Fahrerfeld während der ersten Saisonhälfte auch ganz unabhängig vom Punktestand zu Aufstieg und Fall - oft mehr oder minder unbemerkt...

Sicherer Aufstieg

Eine lange Zeit des unauffälligen Mitfahrens, dann der plötzliche Aufstieg: Ähnlich wie 1997 in der Formel 1, als Mika Häkkinen trotz konstanter Spitzenleistungen auf dem Weg zum Sieg lange vom Pech verfolgt schien, ist der Aufwärtstrend des Finnen unübersehbar - außer mit Blick auf die Ergebnislisten. Vier Platzierungen in der ersten Startreihe in Folge sowie stetig starke Leistungen im Rennen lassen die 2006 häufig gestellte Frage, ob sich Häkkinen jemals in die DTM einfinden könne, beinahe vergessen. Über den Inhalt seines während der Winterpause erarbeiteten Erfolgsrezepts schweigt Häkkinen; dass der zweifache F1-Weltmeister die Schwächen aus der Vergangenheit erfolgreich aufgearbeitet hat, ist allerdings unübersehbar.

So scheint es nur eine Frage der Zeit, bis die Steigerungen Häkkinens die erwarteten Früchte tragen - sollten das anhaltende Pech sowie manch traumatisches Safety-Car-Erlebnis nicht an der Motivation des zuweilen launischen Motorsportveteranen nagen. Zu den Glückspilzen von Nürnberg konnte sich zwar zuletzt auch Martin Tomczyk nicht zählen; das Punktekonto des Bayern ist dennoch doppelt so gut gefüllt wie das des finnischen HWA-Piloten. Nachdem Tomczyk in der zweiten Saisonhälfte 2006 nach der Rückkehr seines präferierten Renningenieurs zu Höchstleistungen aufgelaufen war, konnte der Jüngste des Abt-Audi-Quartetts seine Performance auch 2007 halten - und wird dennoch weiterhin gerne unterschätzt:

Seine frühere Schwäche, die Konstanz, hat Tomczyk seit langem ablegen können, mit zwei zweiten Podestplätzen gehört der 25-Jährige zu den häufigeren Gästen auf dem Podest. Nachdem er sich auch im teaminternen Vergleich keine Ausreißer nach unten erlaubte, darf sich Martin Tomczyk im Titelkampf zu den Geheimfavoriten zählen, steht jedoch vorerst noch im Schatten Mattias Ekströms: Obwohl der Schwede unverändert auf seine erste Platzierung in der ersten Startreihe seit 2005 wartet, knüpft der Ex-Champion nach seiner persönlichen Pleitensaison 2006 mit umso überzeugenderen Leistungen im Rennen an die Form seines Titeljahrs an. Dass Ekström gerade unter schwierigsten Bedingungen wie zuletzt in Nürnberg auch teamintern am stärksten scheint, bestätigt die längst bekannten Qualitäten des 28-Jährigen.

Auch sein einstiger Erzrivale Gary Paffett hätte in der DTM längst nicht mehr zu beweisen - dafür jedoch mit Blick auf die Formel 1. Mit konstanten Leistungen im ungewohnten Jahreswagen wollte der Brite nach seinem ersten Testjahr bei McLaren-Mercedes seine Rennerfahrung aufpolieren und in den Schlagzeilen bleiben - was dem Champion von 2005 wahrlich gelungen ist. Mit seinem sensationellen Sieg im Jahreswagen gab die Antwort auf den in der F1 geäußerten Vorwurf eines zu geringen Speeds, während Paul Di Resta den Talentsuchern der Formel 1 einen Denkzettel verpasste: Befindet sich Sebastian Vettel, zum Ende der vergangenen Formel-3-Saison von Teamkollege Di Resta deutlich geschlagen, auf dem besten Weg ins F1-Stammcockpit, macht der Schotte aus den begrenzten Möglichkeiten seines Mercedes-Oldtimers mehr als nur das Beste - und darf beinahe als heimlicher Lewis Hamilton der DTM-Welt gelten...

Im Abstiegskampf

Vier Mercedes-Siege, eingefahren von vier unterschiedlichen Fahrern. Beteiligt: Mika Häkkinen, Bernd Schneider und Bruno Spengler. Doch wo bleibt der vierte im HWA-Bunde, Jamie Green? Während sich Routinier Schneider mit mittlerweile 17 Punkteankünften in Folge auf Rekordkurs befindet, sorgt der einst so viel versprechende Youngster Green für Negativserien: Nachdem der Brite 2005 bereits sein Debütjahr im (Persson-)Neuwagen bestritt, wartet er seit nunmehr 26 Rennen am Steuer einer aktuellen C-Klasse auf den ersten DTM-Triumph. Zweifelsohne: Auch in diesem Jahr wurde Green mit nicht immer nachvollziehbaren Durchfahrtsstrafen bedacht und durfte sich nicht zu den Gewinnern des Safety-Car-Chaos von Klettwitz zählen.

So hätte so mancher Podestplatz den Leistungen Greens zwar mehr entsprochen als die beinahe rekordverdächtige Häufung sechster Plätze. Für mehr jedoch fehlte allerdings die Konstanz in seiner einstigen Paradedisziplin, dem Qualifying: Beim Heimspiel in Brands Hatch machte eine rote Flagge auf seiner fliegenden Runde die Pole-Ambitionen zunichte, ansonsten ließ der Pole-König von 2006 mittlerweile auch im Zeitfahren die Konstanz vermissen - der steigende Druck scheint dem nach außen hin so coolen Green Probleme zu bereiten. Für Susie Stoddart zählte das Qualifying hingegen noch nie zum bevorzugten Metier - was sich in dieser Saison nicht geändert hat:

Zwar hat sich die Schottin verglichen mit ihrer Debütsaison nicht verschlechtert. Das jahrgangsinterne Fernduell gegen Paul Di Resta scheint für Stoddart allerdings keine Hilfe zu sein: Nachdem solide bis gute Leistungen ihrerseits im Punke- und Champagnerregen Di Restas weit gehend untergingen, witterte die Mücke-Pilotin nach dem Befreiungsschlag eines zwölften Startplatzes in Nürnberg ihre Chance - und präsentierte sich reichlich übermotiviert. Gewohntermaßen nicht besser ergeht es der zweiten Dame im DTM-Bunde: Mit dem komplizierteren 2005-A4 kann sich die Belgierin trotz ausführlicherer Testfahrten nicht besser arrangieren als mit dem 2004er-Audi, in dem sie im vergangenen Jahr die mangelnden Testmöglichkeiten als größtes Hindernis sah.

Auch nach sichtlichen Fortschritten im Qualiying, am Start sowie bei der Konstanz im Rennen enden Ickx\' Rennen häufig in der Leitplanke - woran ihre Kollegen trotz fehlender Abgeklärtheit der Futurecom-TME-Pilotin zuweilen nicht ganz unschuldig sind: Ickx scheint sich im Kreise der Fahrer isoliert und auf der Strecke nicht hinreichend ernst genommen zu fühlen. Ebenso in Abstiegsgefahr präsentiert sich Teamkollege Adam Caroll: Mit seiner Rückkehr in die GP2 parallel zur laufenden DTM-Saison hat der Nordire auch teamintern nicht für Begeisterung gesorgt, nachdem er insbesondere im Qualifying regelmäßig hinter seinem Potenzial zurückgeblieben war. Was mit Blick auf sein leeres Punktekonto auch Rosberg-Pilot Lucas Luhr behaupten kann...