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Vorschau Mugello: Tortur in der Toskana

Von Wolfgang André Schmitz 15.07.2007, 09:40

Bei tropischen Cockpittemperaturen erwartet viele DTM-Piloten in Italien Neuland: Eine mehr als fünf Kilometer lange Berg- und Talbahn will bezwungen werden...

Hatte die DTM auf dem Norisring noch ein ungewohnt kühles Wochenende erlebt, so kehrt zumindest in Italien der Hochsommer zurück: Spitzenwerte von brütend heißen 35 Grad sagen die Meteorologen für Wochenende in der Toskana voraus. Mit Blick auf die entsprechenden Cockpittemperaturen erwartet die Piloten damit eine Tortur - zumal auch der Traditionskurs von Mugello zu den anspruchsvolleren zählt...

Touristische Höhepunkte

Südlich von den ökonomischen Ballungsräumen und an der westlichen Mittelmeerküste gelegen darf die Toskana als eines der kulturellen Zentren Italiens gelten. Auch die Landschaft Mugello strotzt vor Sehenswürdigkeiten mittelalterlichen Ursprungs. Was wäre da unpassender als eine moderne, aber weit gehend gesichtslose Asphaltwüste als Austragungsort des sechsten DTM-Saisonlaufs? Die 1974, 60 Jahre nach den ersten Autorennen in Mugello in Betrieb genommene aktuelle Strecke fügt sich perfekt in die hügelige, agrarisch geprägte Landschaft ein - ohne dabei nur 30 Kilometer von Florenz entfernt allzu provinziell zu wirken.

Die mit 5,245 Kilometern längste Strecke im DTM-Kalender hält für Piloten wie Ingenieure einige Herausforderungen bereit. Zum Highspeed-Charakter des Kurses trägt nicht nur die 1,1 Kilometer lange Zielgerade bei, wie Mercedes-Sportchef Norbert Haug beschreibt: "In Mugello gibt es alles, was eine Rennstrecke interessant macht - langsame und mittelschnelle Kurven sowie schnelle Kurvenkombinationen. Es ist also eine Herausforderung für Techniker und Fahrer eine Abstimmung zu finden, die den besten Kompromiss für alle Abschnitte bedeutet."

Eine besondere Schlüsselstelle konnte Timo Scheider bereits bei den Audi-Wintertests in Mugello ausmachen. "Ganz wichtig wird die Passage vor der Doppel-Rechtskurve, denn in dieser Rechts-Links-Kombination spürt man in der Senke eine deutliche Kompression des Fahrwerks. Da muss alles passen, um die folgende Doppel-Rechtskurve fast voll angehen zu können", beschreibt der Audi-Pilot eine auch fahrerisch anspruchsvolle Passage des zweiten Streckensektors.

Tortur für Mercedes?

Zuletzt vier Niederlagen in Folge zum Trotz herrscht bei den Ingolstädtern nicht nur Zweckoptimismus: Um weiterhin ein gewichtiges Wort um die Titelvergabe mitreden zu können, muss für Mattias Ekström oder Martin Tomczyk ein Sieg her - und die Chancen stehen nicht schlecht. Von den Exklusivtests im Winter profitieren nicht nur die Abt-Audi-Piloten, die am Freitag - anders als in Nürnberg - bereits auf eine Basisabstimmung zurückgreifen können. Auch die Tatsache, dass sich Audi auf dem am ehesten mit Mugello vergleichbaren DTM-Kurs, dem Dünenlabyrinth von Zandvoort, traditionell gut schlägt, stimmt optimistisch.

"Mugello gefällt mir gut und es macht Spaß, dort zu fahren. Diesmal sind die Tests am Freitag besonders wichtig, da jeder die Strecke kennen lernen muss", deutet auch Bruno Spengler einen kleinen Erfahrungsrückstand an, nachdem die Stuttgarter zuletzt Anfang 2005 in Mugello getestet hatten. Auch die sieben Kilogramm Mehrgewicht müssen für eine bestmögliche Traktion optimal platziert werden, um die gerade auf einer Berg- und Talbahn wie Mugello bestehenden Nachteile beim Beschleunigen und Anbremsen auszugleichen.

Derweil trifft es die Jahreswagen der C-Klasse mit einem Gewichtsnachteil von 31,5 Kilogramm verglichen mit den gleich alten Audi noch härter. Hoffnung gibt jedoch auch Mathias Lauda die Topspeedstärke der älteren Mercedes-Jahrgänge, die gerade nach Start und Ziel Gewinn bringend sein könnte: "Mugello ist für mich neu, aber das ist eine Herausforderung, die mir gefällt. Ich denke, dass man auf der langen Geraden gut überholen kann, und das will ich tun, um wieder ein gutes Ergebnis zu erzielen."

Totgesagte kämpfen weiter

Die ersten Sechs der Tabelle innerhalb von nur 9,5 Punkten - noch nie war der Meisterschaftskampf so eng wie jetzt. Doch während ein weiteres Eingreifen Gary Paffetts und Paul Di Restas in den Titelkampf bei allem Respekt vor den Leistungen der beiden Briten überraschen würde, haben sich bei HWA mit Bernd Schneider und Bruno Spengler sowie bei Abt-Audi mit Mattias Ekström und Martin Tomczyk zwei schlagkräftige Duos herausgebildet. Das Lager der potenziellen Mugello-Sieger ist noch weiter gesteckt:

Lediglich Tom Kristensen will Ekström und Tomczyk angesichts seines Rückstandes von 21,5 Punkten auf die Tabellenspitze schon jetzt Schützenhilfe leisten - der nicht wesentlich besser platzierte Timo Scheider hingegen braucht endlich selbst erste Erfolge. "Ich muss endlich noch einmal ein gutes Einzelergebnis nach Hause fahren, ohne dass mir gleich in der ersten Kurve jemand ins Auto fährt", zeigt sich Scheider umso erfolgshungriger, nachdem er 2006 den Part des Teamplayers übernommen hatte. Und auch von Jamie Green und Mika Häkkinen sind in der Toskana noch keine Geschenke zu erwarten...