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Fußball Beim ESV Lokomotive Salzwedel wird die Nachwuchsarbeit nun wieder groß geschrieben Ein Traditionsverein erlebt seinen zweiten Frühling

Von Florian Schulz 13.12.2012, 01:21

Der SV Eintracht Salzwedel ist ja schon seit vielen Jahren für seine gute Fußball-Nachwuchsarbeit bekannt. Doch er hat mit dem Ortsnachbarn ESV Lokomotive mittlerweile wieder einen Konkurrenten bekommen, der in der Jeetzestadt ebenfalls viele Talente ausbildet.

Salzwedel l Eine unglaubliche Geschichte: Noch vor zwei Jahren dachte der altgediente Vorstand - rund 80 Prozent waren Rentner - des ESV Lokomotive Salzwedel ernsthaft darüber nach, den Verein zu schließen. Das Ende des Traditionsvereins war nahe, doch dann kam im Januar 2010 ein neuer Vorstand und alles änderte sich - und zwar im positiven Sinne. Uwe Binde wurde zum Vorstandsvorsitzenden gewählt, Steve Grünheit zum Jugendwart. Die beiden sind auch die Säulen der positiven Entwicklung, die die Jeetzestädter derzeit durchmachen.

Seit 1988 hatte der Verein nämlich keinen Fußball-Nachwuchs. Das änderte sich noch im Jahr 2010. Steve Grünheit hatte seit 2008 bei seiner Ausbildung als Erzieher auf der Bundeswehrfachhochschule in Hamburg viel mit Kindern zu tun und kam auf die Idee, beim ESV Lok nach langer Zeit auch mal wieder Jugendarbeit zu fördern. Das bot sich auch an, denn es waren zu diesem Zeitpunkt genügend Kinder und Jugendliche da, die gern bei den Eisenbahnern kicken wollten. "Ich hatte schon um die 20 Nachwuchsspieler auf meinem Zettel. Hintergrund war natürlich, dass wir uns zu diesem Zeitpunkt im Männerbereich mit dem SV Brietz zu einer Spielgemeinschaft zusammengeschlossen hatten. Wir wollten auf Dauer wieder eigenständig arbeiten", verrät Grünheit, der seit 2000 dem ESV Lok treu ist und beim Neuaufbau von Thomas Grell, Nico Sassenberg und Sven Krause tatkräftig unterstützt wurde.

Die B-Jugend - die Spieler wurden bereits seit Mai 2011 von Grünheit vorbereitet - nahm ab der Saison 2010/2011 am kreislichen Spielbetrieb teil, löste sich nach der Spielzeit vorerst jedoch wieder auf. "Wir hatten zwar sportlich nicht viel Erfolg, aber es war eine multikulturelle Truppe und wir haben so auch ein wenig Migrationsarbeit geleistet", bereut Steve Grünheit diesen Schritt nicht. Noch in der gleichen Serie startete auch die G-Jugend - allerdings erst ab der zweiten Saisonhälfte im Jahr 2011 - in den Spielbetrieb. Vor der Spielzeit waren erst fünf Kinder gemeldet, da reichte es noch nicht. Doch es wurden auf Dauer immer mehr junge Kicker, so dass der ESV Lok fortan auch eine G-Jugend stellen konnte. Trainiert wurde diese zu Beginn von Heino Hesselbarth, später übernahm dann Grünheit selbst das Zepter.

Ein Spieler dieser Mannschaft dürfte einigen Fußballexperten in der westlichen Altmark mittlerweile ein Begriff sein: Neo Sky Preuß. Der technisch starke und zudem schnelle Offensivspieler zeigt seinen Gegenspielern, nun bereits in der F-Jugend, zumeist nur die Hacken und hat maßgeblichen Anteil am derzeitigen Erfolg seiner Mannschaft. Preuß\' Großvater war übrigens Leichtathlet. "Er ist schon ein besonderes Talent", lobt Grünheit - übrigens auch sein Trainer. Kein Wunder, dass auch Stadtrivale SV Eintracht schon des Öfteren die Fühler nach Talenten wie Preuß ausgestreckt hat. Das allein ist schon ein Indiz dafür, welch gute Arbeit derzeit bei den Eisenbahnern geleistet wird. "Es ist schon top, was hier herausgekommen ist. Es steckt viel Potenzial drin", weiß auch Steve Grünheit. Das Aushängeschild ist - und daraus macht Grünheit keinen Hehl - die jetzige F-Jugend. "Schon seit klein auf hatten diese Spieler die Grundkenntnisse. Als sie noch in der G-Jugend waren, haben wir viel getestet. Jeder hat auf verschiedenen Positionen gespielt und so konnte ich die Stärken jedes Spielers herausfinden", verrät der ESV Lok-Jugendwart.

Im Mai 2011 - nacheinander kamen immer mehr Spieler zu den Eisenbahnern, auch von den Nachbarvereinen Kuhfelder SV, SG Diesdorf/Langenapel und sogar SV Eintracht Salzwedel - bildete sich dann auch die D-Jugend mit Trainer Maik Wernecke, die genau wie die C-Jugend unter der Leitung von Coach Thomas Grell zur Saison 2011/2012 im Spielbetrieb vertreten war. Die D-Jugend, die mittlerweile 25 Kinder umfasst, ging auch in die Spielzeit 2012/2013, die C-Junioren hingegen mussten ihre Mannschaft im Laufe dieser Saison zurückziehen, denn einige Akteure hatten aufgehört. "Es reichte einfach nicht, wir hatten nicht genügend Spieler. Die Akteure, die aus der D-Jugend aufgerückt sind, konnten das nicht kompensieren", bedauert Steve Grünheit.

Die Hälfte der Mannschaft besitzt nun eine Gastspielgenehmigung für die B-Junioren der SG Pretzier/Chüden/Liesten. Die Akteure im E-Junioren-Alter beim ESV Lok schlossen sich, ebenfalls mit Gastspielrecht, vorübergehend dem Kuhfelder SV an, dafür spielen Kuhfeldes D-Junioren bei den Eisenbahnern. Zur Saison 2012/2013 meldete der ESV Lok dann auch wieder eine G-Jugend an, die von Olaf Peters trainiert wird. Und nicht nur im Nachwuchsbereich ist der Zuwachs groß, sondern auch im Männerbereich. Mittlerweile sind rund 40 Erwachsenenfußballer bei den Eisenbahnern gemeldet, so dass der Verein beschloss, zur aktuellen Saison sogar zwei Herrenmannschaften in den Spielbetrieb der 2. Kreisklasse Nord zu schicken. "Ehemalige Spieler vom SV Eintracht Salzwedel, SV Brietz und SV Langenapel sind zu uns gekommen, zudem hatten wir ja auch noch die ehemaligen Akteure der B-Jugend", begründet Grünheit die Gründung einer zweiten Mannschaft. Die Spielgemeinschaft mit dem SV Brietz, die zwei Jahre hielt, wurde zur Spielzeit 2011/2012 aufgelöst. Von da an spielte der ESV Lok wieder eigenständig in der 2. Kreisklasse Nord. Nun kam sogar noch eine zweite Mannschaft hinzu.

Bis 2011 hatten die Eisenbahner übrigens auch eine Altherrenmannschaft, die sich aufgrund der geringen Spielerzahl auflöste. Seit dieser Spielzeit gibt es wieder eine Altliga-Vertretung. Der ESV Lok ist in einer Spielgemeinschaft mit dem TuS Lübbow im Kreis Lüchow-Dannenberg aktiv. Und noch nicht genug: Seit August 2011 sind die Eisenbahner dabei, eine Frauenmannschaft aufzubauen. Planmäßig soll diese unter der Leitung von Vereinschef Uwe Binde ab der kommenden Saison (2013/2014) in den Punktspielbetrieb einsteigen. "Wir haben momentan um die 20 Spielerinnen im Alter von 15 bis Mitte 30", erklärt Grünheit.

Der Jugendwart verfolgt auf Dauer das Ziel, mit seiner jetzigen F-Jugend, die übrigens auch Sieger der diesjährigen Kinder- und Jugendspiele wurde, auf Landesebene zu spielen. "Spielerisch ist das eine starke Mannschaft mit sehr viel Potenzial. Zudem wurde das Team auch in der Breite verstärkt. Da kann man langfristig was draus machen", weiß Steve Grünheit und ergänzt: "Zumindest im F-Jugend-Bereich haben wir den SV Eintracht Salzwedel überholt." Der 34-Jährige ist zudem davon überzeugt, dass die jungen Talente auf Dauer dem Verein treu bleiben: "Die Spieler werden wir halten, weil auch die Eltern dahinter stehen."

Ab der Spielzeit 2013/2014 wird der ESV Lokomotive Salzwedel, Stand jetzt, eine B-, D-, E-, F- und G-Jugend stellen. Die Neubildung einer B-Jugend ist möglich, denn die Spieler mit Gastspielgenehmigung bei der SG Pretzier/Chüden/Liesten kehren zurück und werden dann wieder von Thomas Grell gecoacht. Neben Grell haben bereits Steve Grünheit und Olaf Peters die Trainerlizenz. "Unser Ziel ist es, in allen Altersklassen die Trainerposition doppelt zu besetzen", verrät Grünheit. Der ist erfreut, dass Stephan Engling, ehemaliger Aktiver beim SV Eintracht Salzwedel, jeden Mittwoch alle Torhüter von der G-Jugend bis zu den Männern trainiert.

Doch nicht nur auf dem grünen Rasen ist derzeit alles top organisiert, sondern auch hinter den Kulissen. So ist bei allen Partien, unter anderem dank der ehrenamtlichen Arbeit von Birgit Senkel, für das leibliche Wohl gesorgt und auch im Internet ist der ESV Lok präsent, wofür Tobias Schneider und Dirk Preuß verantwortlich sind. "Wir haben allein zwischen 50 und 80 passive Mitglieder", verrät Grünheit.

Bleibt also festzuhalten: "In den letzten anderthalb Jahren ist hier ordentlich was zustande gekommen", wie es der Jugendwart formuliert. Und das soll noch längst nicht das Ende der Entwicklung beim ESV Lokomotive Salzwedel sein.