Basketball-Boss „Ein Unding“: Weiss schimpft auf deutsches Sportsystem
Die Leichtathletik hat das höchste Medaillenpotenzial, der Basketball das niedrigste - so sagt es das Potenzialanalysesystem. Präsident Ingo Weiss kann nach diesem Sommer nur den Kopf schütteln.
Manila - Basketball-Präsident Ingo Weiss hat absolut kein Verständnis für das Potenzialanalysesystem (PotAS) im deutschen Spitzensport.
„Für mich ist es ein Unding, dass wir PotAS haben. Eine Institution, die dem deutschen Basketball kein Potenzial bescheinigt. Was passiert? Wir werden Weltmeister und holen EM-Bronze mit den Männern und haben auch Erfolge mit der Frauen-Nationalmannschaft und den Nachwuchsteams“, sagte Weiss der Deutschen Presse-Agentur. Mit dem 83:77-Finalsieg über Serbien hat das Team um Dennis Schröder in Manila für den größten Erfolg der deutschen Basketball-Geschichte gesorgt.
Die Analyse ist Teil der Spitzensport-Reform, bei der die Fördergelder des Bundes künftig stärker anhand von Erfolgserwartungen und Medaillenchancen verteilt werden sollen. In der Potas-Tabelle der Sommersportverbände liegt Basketball mit 46,94 Prozent auf dem 26. und damit letzten Platz. Die größten Aussichten auf Medaillen hat demnach der in diesem Sommer bei der WM medaillenlose deutsche Leichtathletik-Verband, der mit 80,73 Prozent bewertet wird.
Deutliche Kritik am PotAS-System
„Bei uns läuft es exzellent, obwohl PotAS uns kein Potenzial bescheinigt hat. Dadurch gehen uns jährlich 250.000 Euro verloren, das tut uns weh“, sagte Weiss. Der 59-Jährige schlug vor, das Geld anstatt in PotAS in die deutsche Leichtathletik zu stecken. Dann sei es womöglich besser investiert.
Kritisch sieht auch Thomas Berlemann, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Sporthilfe, das PotAS-System. „Ohne jemand in den Verbänden auf die Füße treten zu wollen. Es ist ja so, dass die Daten in PotAS eingegeben werden und auch überprüft werden müssen, ob sie valide und korrekt sind“, sagte er.
Wenn man sich aber die Details anschaue, wie PotAS benutzt werde und welche Daten eingegeben“ würden und „welche Förderung die eingegebenen Daten zur Konsequenz hätten“ und wie dann die operative, sportliche Wirklichkeit aussehe, würde sich „bei den Verbänden ein Widerspruch“ ergeben. „Ich glaube, dass da ein stückweit mehr Ehrlichkeit Einzug halten sollte“, meinte Berlemann.
Diskus-Olympiasieger Robert Harting hatte bereits am Sonntagabend deutliche Kritik an dem System geübt. „Wenn Basketballer jetzt vom BMI oder ähnlicher politischen Ebene eingeladen werden, dann muss das zwingend der Tod für das PotAS System sein“, schrieb Harting am Sonntag beim Portal X (früher Twitter). „Man kann Sport nicht im politischen Verwaltungsstil formen“, monierte er.