Radsport Handbikerin vom USC Magdeburg will das Projekt "Doppel-Gold" vollenden Eskau: Heute soll es noch einmal "funzen"
Ein Häkchen konnte An-drea Eskau hinter ihr "Projekt Doppel-Gold" nach dem Sieg im Zeitfahren bereits setzen. Heute soll das zweite im paralympischen Straßenrennen folgen. Die Handbikerin vom USC Magdeburg zeigte sich gestern im Volksstimme-Gespräch zuversichtlich, dass sie ihren Plan zu einhundert Prozent erfüllt.
Magdeburg/London l Andrea Eskau strahlte am Mittwoch nach ihrer deklassierenden Goldfuhre mit der Abendsonne um die Wette. Die 41-Jährige ("Wir haben hier so ein Riesenglück mit dem Wetter, das ist der Wahnsinn") hatte mit dem paralympischen Zeitfahren ihren Frieden geschlossen. Und sie wollte ihre Freude darüber natürlich "mit ihren Lieben teilen. "Aber es dauerte wegen der Dopingkontrolle, der Siegerehrung und der scharfen Sicherheitsvorkehrungen an der Strecke doch ziemlich lange, bis ich meine Freundin ,Miri\' und meine Eltern in die Arme nehmen konnte", plauderte die 41-Jährige gestern am Telefon aus dem Nähkästchen einer nunmehr zweifachen "rundum glücklichen" Paralympics-Goldmedaillengewinnerin.
Anders als vor vier Jahren in Peking, als die Handbikerin auf den Kleber des im Zielbereich verlegten Belages allergisch reagiert und einen schweren Asthma-Anfall erlitten hatte und die Familie in großer Sorge war (Volksstimme berichtete), herrschte auf der legendären Rennstrecke von Brands Hatch nur eitel Sonnenschein. Fast alles war diesmal nach Plan gelaufen. Eskau: "Bis auf einen kleinen Zwischenfall mit einem Begleitfahrzeug. Das war ausgerechnet noch das von Dorothee (Silbermedaillengewinnerin Vieth aus Hamburg/d. Red.). Die hatten wohl nicht damit gerechnet, dass ich so schnell bin und mussten kurzerhand auf die grüne Wiese ausweichen. Zum Glück ist alles gutgegangen."
Dass sie so rasant unterwegs war, lag an ihrer "Rakete", wie Andrea Eskau ihr Bike inzwischen liebevoll nennt. Das sei "echt spacig" und habe "endlich gefunzt". Das kam allerdings nicht von ungefähr, sondern erforderte ein stundenlanges Feintuning durch die Mechaniker sowie guten Zuredens der Fahrerin: "Ich hatte im Vorfeld jede Menge Trubel mit dem Bike. Am Ende habe ich bestimmt zehnmal mit dem Rad meditiert, um mit ihm eins zu werden", scherzte die Diplom-Psychologin gestern.
Um auf Nummer sicher zu gehen, hatte die Kölnerin sofort nach ihrer Ankunft in London das Bike zur technischen Abnahme geschafft: "Ich wollte es gleich wissen, damit ich alle Sorgen los bin und das Rennen entspannt angehen konnte."
So kam es dann auch: Die Rennkommission der UCI gab trotz des erhobenen Zeigefingers einiger argwöhnischer Konkurrentinnen ohne Bedenken grünes Licht. Eskau: "Und dann bin ich völlig tiefenentspannt an den Start gegangen. Ich wusste, was ich draufhatte, dass mein Rad schnell ist und eigentlich nichts schiefgehen konnte."
Mit jenem grenzenlosen Optimismus blickt Sachsen-Anhalts Vorzeige-Behindertensportlerin auch dem heutigen Straßenrennen entgegen: "Klar, möchte ich meinen Titel verteidigen, aber ich werde jetzt nicht übermütig und kein großes Risiko eingehen. Ich hoffe, dass noch einmal alles passt und ich eine überzeugende Leistung zeigen kann."
Einer, der ihr das ohne zu Zögern zutraut, ist Volkmar Stein, der Präsident des Behinderten- und Rehabilitations-Sportverbandes Sachsen-Anhalt und einer der größten Fans der USC-Handbikerin. Der Magdeburger hatte nach dem Meisterstück sofort zum Handy gegriffen und eine Glückwunsch-SMS versandt. Der Volksstimme sagte Stein: "Diese Goldmedaille ist großartig und wird Andrea Eskau für das Straßenrennen noch zusätzlich motivieren. Ich bewundere diese Frau, ihren Ehrgeiz, ihren Enthusiasmus, ihre Begeisterung. Sie ist ein Profi durch und durch und für jeden unserer Sportler ein Vorbild."