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Champions-League FC Bayern feiert Triumph in Lissabon

Die Bayern ist am Ziel aller Träume. Im intensiven Finale der Champions League gewinnt der deutsche Rekordmeister gegen Paris Saint-Germain.

24.08.2020, 04:13

Lissabon (dpa) l In grenzenlosem Jubel reckte Manuel Neuer den silbernen Henkelpott in den Nachthimmel von Lissabon, um den Kapitän des FC Bayern herum tanzten und sangen die Münchner Triple-Könige zum Auftakt in eine lange Partynacht: "Campeones, Campeones, olé!" Am Ende der außergewöhnlichen Corona-Saison hat der deutsche Rekordmeister das größte aller Ziele erreicht: In einem packenden Champions-League-Finale gegen Thomas Tuchels Paris Saint-Germain krönten sich die Münchner von Supertrainer Hansi Flick zu Europas Fußball-Königen. "Ein Traum für uns alle", sagte Neuer nach dem 1:0 (0:0) am Sonntagabend, und Thomas Müller jubelte: "Das fühlt sich unglaublich an. Der Haufen ist Wahnsinn."

Held des Abends gegen die Superstars Kylian Mbappé und Neymar, der in Tränen aufgelöst fast nicht zu trösten war, war der in Paris geborene Kingsley Coman mit dem wichtigsten Tor seiner Karriere – dem insgesamt 500. Treffer der Münchner in der Königsklasse. "Das ist schwer, nach dem Spiel zu realisieren", sagte der zuvor bärenstark haltende Neuer beim Streamingdienst DAZN. Ein Traum, vor allem auch für Coman, der bei PSG ausgebildet wurde und dort auch als 16-Jähriger sein Profidebüt gefeiert hatte. "Ich bin sehr, sehr glücklich. Das ist ein unglaublicher Abend", sagte der Franzose.

Bayerns "King" köpfte nach einer Superflanke von Joshua Kimmich in der 59. Minute das Tor zum Triple. Der Schachzug von Bayern-Trainer Hansi Flick war aufgegangen: Er hatte Coman für Ivan Perisic aufgeboten. "Ich bin stolz auf die Mannschaft", sagte Flick nach dem Spiel bei Sky. "Dass die Mannschaft heute diesen Weg ganz konsequent gegangen ist, war einfach klasse. Aufgrund der zweiten Halbzeit haben wir auch verdient gewonnen."

Ein Jahr nach Jürgen Klopp mit dem FC Liverpool triumphierte der 55 Jahre alte Flick im deutschen Trainerduell mit Thomas Tuchel (46). "Ich habe es vorher gefühlt, dass es wahrscheinlich auf die erste Torchance ankommt", sagte dieser. "Dass wir leiden werden, dass wir gegen eine starke Mannschaft spielen."

Flick führte die Bayern sieben Jahre nach Jupp Heynckes in der ultra-langen und schwierigen Corona-Spielzeit in nicht einmal zehn Monaten Amtszeit als Chefcoach zum zweiten Triple. Die Bayern, die ihren dritten Titel nach 2001 und 2013 feierten, sind zudem in 28 Jahren Champions League der erste Gewinner, der in allen Saisonspielen siegen konnte – es waren elf an der Zahl.

Angeführt von Leon Goretzka und Kapitän Neuer waren die Münchner um kurz vor acht aus dem Mannschaftsbus gestiegen – voll fokussiert und mit nur einem Ziel. Sie "wollen unbedingt diesen Pokal holen", hatte Flick bei Sky gesagt. Neuzugang Leroy Sané, der nicht spielberechtigt war, schrieb bei Twitter: "Ihr packt das!!!" Die taktisch geprägte, aber wie für ein Finale typisch höchst intensive Anfangsphase war vielversprechend – Robert Lewandowski, mit 15 Treffern Torschützenkönig der Königsklasse, traf den Pfosten (22.). Allerdings musste Neuer auch in höchster Not gegen den von Mbappé bedienten Neymar retten (18.).

Mit hohem Pressing, Flicks "Erfolgsgarantie" beim überragenden 8:2 im Viertelfinale gegen den FC Barcelona und dem 3:0 gegen Olympique Lyon im Halbfinale, versuchten die Bayern, das Pariser Starensemble immer wieder unter Druck zu setzen. Lewandowski, Thomas Müller, Serge Gnabry und Coman lauerten auf Ballverluste, das Mittelfeld ordneten Thiago und Goretzka. Das Bayern-Spiel in die Tiefe aus dem eigenen Ballbesitz heraus war aber ausbaufähig. Viele kleine Fouls störten zudem den Aufbau beider Mannschaften.

Gänzlich auszubremsen waren Neymar, der zunächst zentral stürmte, Mbappé und Di Maria nie. Vor allem über die linke Seite des französischen Weltmeisters nahm Paris immer wieder Tempo auf. Di Maria schoss frei vor Neuer über das Tor (23.), Tuchel, der mit dicker Schiene am gebrochenen Fuß wieder meist auf einer Kühlbox saß, schlug beide Hände vor dem Gesicht zusammen. Der nach dem Lyon-Spiel angeschlagene Jerome Boateng verletzte sich bei diesem Pariser Angriff und musste ausgewechselt werden. Für ihn kam Niklas Süle, der erst seit Kurzem von einem Kreuzbandriss genesen die große Aufgabe gegen Neymar und Mbappé übernahm.

Es blieb eine Partie, in der die Anspannung bei fast jeder Aktion zu sehen war. Jeder Fehler könnte bitter betraft werden. Lewandowski kam zum Kopfball, die Pariser Abwehr war in der Szene viel zu nachlässig mit dem Bayern-Torjäger. Im Fallen versuchte es der Pole, es reichte aber nicht, um Keylor Navas zu überwinden (31.). Der PSG-Torwart aus Costa Rica hatte sich rechtzeitig zum Finale fit gemeldet und parierte vor der Pause auch gegen Gnabry (45.+1). Im eigenen Strafraum hatten die Münchner Glück, dass Mbappés Abschluss nach einem Fehler von David Alaba kurz vor der Pause zu schwach geriet, um Neuer in Bedrängnis zu bringen.

Im fast menschenleeren Estádio da Luz sorgten die Delegationsmitglieder beider Clubs für zumindest ein wenig Motivation von der Seitenlinie. Und die Stimmung wurde hitziger. Nach einem Foul von Gnabry an Neymar, für das der deutsche Nationalspieler Gelb sah, kam es zur ersten Rudelbildung (52.). Als beide Mannschaften etwas zurückhaltender spielten, bediente Joshua Kimmich mit seiner wunderbaren Flanke Coman, der die kurzzeitig unsortierte PSG-Abwehr mit dem Münchner Führungstor überrumpelte.

Angetrieben durch den Treffer wurden die Bayern offensiver und dominierten die Partie. Ein Schuss von Coman blockte Thiago Silva gerade noch ab (62.), Flick brachte Perisic und Philippe Coutinho für den Torschützen und Gnabry (68.). Paris wurde nur noch streckenweise gefährlich. Als Neuer gegen Marquinhos gefordert war, war der Keeper wieder zur Stelle (70.). Für Paris kam anschließend Nationalspieler Julian Draxler ins Spiel (72.).

Sieger-Coach Hansi Flick mochte nach der Partie keinen Einzelnen seiner Spieler hervorheben für eine gigantische Gesamtleistung, die mit seiner Übernahme des Chefpostens nach der Trennung von Niko Kovac Anfang November 2019 begann. "Es war harte Arbeit", sagte er zum Triple, bei dem am Ende vieles spielerisch wirkte. Und Flick erinnerte im Moment des größtmöglichen Erfolgs auch bewusst an die Anfänge. "Im vergangenen November war zu lesen, dass man keine Angst mehr hat vor der Mannschaft, keinen Respekt. Und wie schlecht die Mannschaft eigentlich ist. Ich finde, die Entwicklung, die sie genommen hat, ist einfach sensationell." In der Tat.