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Fußball-WM Warmlaufen im Russischen Haus

Der Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft rührt in Deutschland die Werbetrommel. Hauptstützpunkt ist das Russische Haus in Berlin-Mitte.

Von Steffen Honig 18.01.2018, 00:01

Berlin l Weihnachtlich geht es im Russischen Haus in Berlin bis weit in den Januar hinein zu. Russen feiern das Fest nach dem orthodoxen Brauch am 7. Januar – in Nischni Nowgorod wie in Berlin. Doch neben Väterchen Frost drängt sich in der Eingangshalle bereits das Groß- ereignis Fußball-Weltmeisterschaft in den Blick.

In einer dreiwändigen Nische des Foyers hat das Fan-Zentrum der WM in Deutschland seinen Platz. An zwei Seiten werden die elf Austragungsstädte des Championats einschließlich der Stadien vorgestellt. Außerdem gibt es einen mit einem Computer ausgestattenen Besuchertresen.

Der wird im Frühjahr ganz wichtig, berichtet Projektleiterin Alexandra Ogneva. Denn um die WM live in russischen Arenen zu verfolgen, müssen drei Dinge vorliegen: Erstens ein gültiger Reisepass, zweitens die über die Fifa erworbenen Tickets und drittens die sogenannte Fan-ID. Auf der Karte sind die persönlichen Daten des Fußballfreundes gespeichert. Sie ist für den Eintritt in die Stadien obligatorisch. WM-Touristen müssen ihre Fan-ID persönlich abholen, sobald die Ticket-Bestätigung im Frühjahr vorliegt. In Deutschland wird das nach bisherigen Planungen nur in Berlin und dort im Russischen Haus sowie im russischen Visazentrum in der Charlottenstraße 62 möglich sein.

Die Karte ersetzt gleichzeitig das Visum und gilt von zehn Tagen vor bis zehn Tage nach dem Turnier. Zudem berechtigt dieser Ausweis zur kostenlosen Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs in den Veranstalterstädten – bei dem riesigen Ausmaß russischer Metropolen wie Moskau oder St. Petersburg zweifellos ein unschätzbarer Vorteil. Für die oft Hunderte Kilometer langen Strecken zwischen den WM-Austragungsorten in der Russischen Föderation gibt es Fahrpreis-Ermäßigungen.

Eröffnet wurde das Fan-Zentrum mit großem Tamtam schon am 4. Dezember des Vorjahres. Der russische Sportminister und Chef des Fußballverbandes, Witali Mutko, war persönlich anwesend und hielt das Grußwort. Er verkündete, dass mit den „Beziehungen der Fans“ eine weitere Seite in der Geschichte der deutsch-russischen Sportbeziehungen aufgeschlagen werde. Nun aber ohne ihn. Bedauernd sagt Alexandra Ogneva: „Herr Mutko ist nicht mehr Verbandschef. Sie haben es sicher gehört  ...“. Ach ja: Kurz vor dem Jahreswechsel trat Mutko, ein enger Vetrauter von Präsident Wladimir Putin, zunächst bis zur WM als Fußballchef Russlands zurück. Ein paar Tage später war er auch sein Amt als Chef des WM-Organisationskomitees los.

Die Gründe für den doppelten Rückzug des Multi-Funktionärs sind die Vorwürfe des organisierten Dopings gegen die russische Sportführung. Generalsekretär Alexander Alajew führt nun die Geschäfte beim russischen Verband, der auch mit dem Deutschen Fußball-Bund als Partner für Veranstaltungen im Fan-Zentrum verhandeln wird.

Seit dem Dezember-Auftakt ist es ruhig im WM-Zentrum. Man sei dabei, sagt die Projektchefin, die Kommunikationsleitungen nach Russland zu installieren. Aber von Februar an, versichert Alexandra Ogneva, werde das Zentrum in der Friedrichstraße täglich von 10 bis 19 geöffnet sein, nach Bedarf mit dem nötigen Personal besetzt.

„Fußball zieht die Menschen an“ – nach diesem Motto bastelt Koordinator Dimitri Grebenschikow an einem gut gefüllten Event-Kalender für die nächsten Wochen und Monate. So will er die Mannschaften vor dem Länderspiel Deutschland-Brasilien im März ins Russische Haus holen. Auch Hertha BSC und der FC Union, die beiden Berliner Bundesliga-Clubs, sollen beim im Fan-Zentrum mitmischen.

Das politische Klima im Umfeld der Fußball-Weltmeisterschaft ist allerdings eisig. Noch immer gelten die Sanktionen des Westens gegen Russland wegen dessen Ukraine-Politik. Die ehedem guten deutsch-russischen Beziehungen haben auf allen Gebieten schwer gelitten. Hinzu kommt das stets präsente Reizwort Doping, das wie eine Giftspritze wirkt.

Im Russischen Haus wird das eher gelassen gesehen. „Von den Leuten, die aus politischen Gründen nicht zu uns kommen, wissen wir ja nichts Näheres“, sagt Alexandra Ogneva schulterzuckend. „Wer jedoch den Weg hierher findet, kommt, um russische Stimmung zu spüren. Und die ist hier zu erleben.“