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Fußball Meinhardt: "Verein muss sich öffnen"

Nach einem Jahr ist Germania Halberstadt zurück in die Regionalliga. Die Volksstimme sprach mit dem sportlichen Leiter, Kevin Meinhardt.

Von Florian Bortfeldt 12.06.2017, 01:01

Volksstimme: Herr Meinhardt, Glückwunsch zum Aufstieg. Es sah lange Zeit so aus, als würde es keinen Sieger geben. Das Spiel lebte von der Spannung und den Emotionen. Blieb Ihrer Meinung nach alles im Rahmen?

Kevin Meinhardt: Zunächst danke. Es ging um alles. Da herrscht auf und neben dem Platz nicht immer die feine Sprache. Es war definitiv kein Ringelpiez mit Anfassen. Beide Teams hatten den Aufstieg verdient. Dass da im Spiel und direkt nach Abpfiff mal die Emotionen aufkochen, ist völlig normal. Ich habe großen Respekt vor Optik Rathenow und Trainer Ingo Kahlisch. Er ist ein Typ ähnlich wie unser Trainer: geradeaus in seiner Meinung. Solche Charaktere gehören in die Liga bzw. zum Fußball. Ich bin großer Fan von solchen Leuten. Beide haben im Fußball viel erlebt, da werden andere nie hinkommen.

Apropos Andreas Petersen. Vor einem Jahr sind Sie mit ihm aus Neustrelitz gekommen. Es galt, in zwei, drei Jahren wieder mit um den Aufstieg zu spielen. Elf Monate später ist dieses Ziel schon erfüllt. Sie beide scheinen als Team zu harmonieren, oder?

Ja, wir haben die Mission schon erfüllt. Andreas Petersen hat sich das verdient. Sensationell, was er für Arbeit geleistet hat. Wir sind in der richtigen Spur.

Wo Sie sind, ist oben offenbar aber auch nicht weit entfernt. Mit dem BFC Dynamo und der TSG Neustrelitz haben Sie ähnlichen Erfolg gehabt. Wie selbstbewusst sind Sie, um sich auf die eigene Schulter zu klopfen?

Was soll ich sagen: Ich habe es wieder geschafft.

Mal ehrlich, hatten Sie nach den Niederlagen gegen Schott Jena oder Brandenburg noch mit diesem sensationellen Ausgang gerechnet?

Da kamen zumindest Zweifel auf. Zwischendurch haben wir die Konstanz vermissen lassen. Solche Ausrutscher darf man sich nicht erlauben, wenn man ganz oben mitspielen will. Dass Chemie Leipzig aber so stabil in seinen Leistungen war – Hut ab. In den letzten Wochen habe ich aber immer dran geglaubt. Der Teamgedanke hat uns getragen. Besonders freut mich der Aufstieg für unseren Präsidenten. Olaf Herbst hat das in uns gesetzte Vertrauen zurückbekommen.

Direkt nach Abpfiff gab es zwar Riesenjubel, die ganz großen Bier- oder Sektduschen blieben aber aus. Haben Sie am Sonnabend dennoch gebührend gefeiert?

Sie dürfen davon ausgehen, dass es auch noch Bierduschen gab. Das Stadion war bis spät abends mit zahlreichen Fans und natürlich dem gesamten Team gut besucht. Dem Caterer gingen die Getränke aus, gleich mehrfach musste von der Tankstelle Nachschub geholt werden. Das war ein wirklich wildes Treiben mit viel Musik. Ich habe mich rechtzeitig verabschiedet, da ich ja am Sonntag zur DFB-Pokalauslosung nach Dortmund gefahren bin.

Wie geht es personell weiter beim VfB Germania?

Zunächst sollen alle Spieler diese Tage genießen. Aber natürlich, die Planungen laufen. Der Stamm des Kaders wird bleiben, 15 der 24 Leute sind weiter dabei. Patrik Schlegel, Daniel Kasal, Pascal Wedemann, Tommy Müller, Soleil Gouhari und Danny Wersig werden uns definitiv verlassen.

Bei diesem so wichtigen Spiel waren bis auf Tommy Müller, alle anwesend, auch die Langzeitverletzten Gouhari und Pascal Eichhorst. Warum fehlte Tommy Müller?

Er hatte nach unserem Gespräch seine persönliche Sicht der Dinge. Mehr möchte ich nicht dazu sagen, nur so viel: Patrik Schlegel hat in seinem letzten Spiel ein Tor erzielt und sich extrem gefreut. So kann man sich auch verabschieden – großes Kino, wirklich. Patrik ist ein Team-player und menschlich super.

Torwart Paul Büchel wurde als Nummer eins verpflichtet. Nach einer Verletzung schon früh in der Saison kam er nicht wieder zurück, Fabian Guderitz wuchs zur Nummer eins. Bleibt Büchel dem Verein trotzdem treu?

Ein Wechsel steht bislang nicht an, aber das war in der Tat eine schwierige Situation für ihn. Fabian hat die Drucksituation bestanden und seine Aufgabe gut gemacht. Im Sommer geht es wieder bei null los.

Stehen auf der anderen Seite schon Neuzugänge fest?

Fürs defensive Mittelfeld kommt Patrick Baudies vom FSV Budissa Bautzen. Er hat seine Wurzeln beim 1. FCM. Darüber hinaus stehen keine Namen fest. Das Gute ist, dass wir nicht wie vor einem Jahr wieder bei null beginnen. Zwei, drei Patronen werden wir sicher auch bis zum Ende der Wechselfrist offen lassen.

Durch die zwei zusätzlichen Relegationsspiele mussten die Spieler und Trainer ihren Jahresurlaub stornieren oder umbuchen. Bis zum Trainingsstart für die Regionalliga bleiben knapp zwei Wochen Pause. Für den sportlichen Leiter dürfte auch diese Pause wegfallen, oder?

Das könnte sein. Die Planungen sind aufgrund der Saisonverlängerung etwas auf der Strecke geblieben. Ein paar Tage Urlaub werde aber auch ich mir gönnen.

Trotz des aktuellen Aufstiegs – was gilt es in Halberstadt noch zu verbessern?

Der Verein muss sich definitiv weiter öffnen und neue Strukturen schaffen. Damit meine ich keineswegs die Infrastruktur, die sucht ihresgleichen. Es müssen mehr Leute in die Aufgaben eingebunden werden, man muss volksnaher auftreten. Im Marketingbereich gibt es einiges zu tun. Sehen Sie die Zuschauerzahlen vom Sonnabend: Das zeigt doch, was möglich ist. Es hatte Gründe, warum es in den drei Jahren zuvor bergab ging. Wir sind jetzt wieder dritte Kraft in Sachsen-Anhalt, und mal ganz frech gesagt: nur einen Schritt entfernt von der 3. Liga. Wir bleiben aber demütig und gehen Schritt für Schritt. Alles andere als der Klassenerhalt wäre für uns als Aufsteiger vermessen.