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Bundesliga "Es sind Idioten": Raketenwürfe überschatten Berlin-Derby

Der 1. FC Union gewinnt das emotionale Derby gegen Hertha BSC durch einen späten Elfmeter. Doch das Sportliche gerät in Berlin in den Hintergrund. Die Partie steht in der zweiten Halbzeit vor dem Abbruch. Auch nach dem Abpfiff gibt es Fan-Aggression.

Von Florian Lütticke und Jens Mende, dpa 02.11.2019, 21:35

Berlin (dpa) - Raketenwürfe auf den Rasen, eine fünfminütige Unterbrechung wegen Pyro und ein versuchter Platzsturm: Mit ihrem unrühmlichen Verhalten haben Anhänger des 1. FC Union und Hertha BSC den 1:0 (0:0)-Sieg der Köpenicker im ersten Derby in der Fußball-Bundesliga überschattet.

"Ich verstehe die Emotionen, aber das geht über die Grenzen hinaus. Das Ganze muss sportlich bleiben", sagte Hertha-Coach Ante Covic nach dem emotionalen Fußball-Abend.

Wegen des Verhaltens der Fans des Verlierers stand die Partie am Rande des Abbruchs, in enger Abstimmung mit der Polizei entschied sich Schiedsrichter Deniz Aytekin für eine Fortsetzung. "Man muss viele Faktoren abwägen. Die oberste Priorität war natürlich die Sicherheit der Verantwortlichen, der Spieler, von uns allen", sagte der Referee. "Letztendlich haben wir dann auch in Abstimmung mit der Polizei - da waren wir in sehr engem Kontakt - entschieden, das Spiel zu Ende zu bringen."

Nach dem Abpfiff stellten sich mehrere Union-Spieler vermummten eigenen Fans entgegen, die über den Rasen Richtung Hertha-Block laufen wollten. "Es ist unsere Pflicht, die eigenen Fans auch vor Dummheiten zu beschützen", erklärte Siegtorschütze Polter das Einschreiten.

Der Stürmer berichtete, dass eine Leuchtrakete während der ersten Halbzeit einen Meter neben seinen beiden Kindern und seiner Freundin auf der Haupttribüne eingeschlagen sei. "Das ist schrecklich und nicht zumutbar", sagte Polter. "Wenn man weiß, dass die eigenen Kinder getroffen werden könnten, wünscht man das keinem - weder blau-weiß oder rot-weiß." Anschließend sei seine Freundin mit den Kindern von der Tribüne gegangen und habe das Spiel vor dem Fernseher verfolgt. "Meine Kinder hatten einen Schreck bekommen", sagte Polter. "Es sind Idioten, die sowas irgendwo hinzünden."

Das Sportliche geriet in den Hintergrund: Polter schoss den 1. FC Union zum umjubelten Sieg im ersten Bundesliga-Duell mit dem Stadtrivalen Hertha BSC. Mit seinem verwandelten Foulelfmeter bestrafte der eingewechselte Stürmer am Samstagabend in der 87. Minute die Passivität der Gäste. "Wir haben das gut gemacht, dass wir uns nicht haben locken lassen. Wir hätten es noch zielstrebiger machen können. Wir waren die dominantere Mannschaft und sind deshalb der verdiente Sieger", sagte Union-Profi Christian Gentner bei Sky.

In einer insgesamt mäßigen Partie ohne zahlreiche Großchancen hatte Union vor 22.012 Zuschauern im Stadion An der Alten Försterei die größeren Spielanteile und belohnte sich spät. Durch den ersten Sieg im dritten Heimpflichtspiel gegen den Stadtrivalen insgesamt verkürzten die Köpenicker den Rückstand auf Hertha in der Tabelle auf nur noch einen Punkt.

"Ich wünsche mir, dass diese Stadt gut auf der sportlichen Ebene vertreten wird", hatte Hertha-Coach Ante Covic noch kurz vor Anpfiff in der Hoffnung auf ein friedliches Derby gesagt. Doch bereits kurz nach Anpfiff schossen die Hertha-Anhänger mehrere Raketen. Nach der Halbzeitpause zündeten beide Fanlager massiv Pyrotechnik, aus dem Gästeblock flogen mehreren Raketen auf den Rasen, eine schlug sogar knapp neben der Union-Spielerbank ein. Der souveräne Schiedsrichter Aytekin schickte die Mannschaften vom Feld in den Kabinengang, erst nach fünf Minuten konnte es weitergehen.

Union erwischte den deutlichen besseren Start. Nach nur drei Minuten köpfte Christopher Lenz nach Flanke von Stürmer Sebastian Andersson aus fünf Metern gegen den Lauf von Hertha-Keeper Rune Jarstein. Als gerade die dritte Leuchtrakete aus dem Hertha-Block über das Stadiondach segelte, prallte der Ball jedoch vom Innenpfosten wieder heraus. Hertha spielte mit Ibisevic und Dodi Lukebakio im Sturm - und verzichtete auf einen klassischen Spielmacher wie Ondrej Duda.

Der normalerweise defensiver orientierte Marko Grujic konnte dieses kreative Vakuum nicht füllen, entsprechend einfallslos gerieten die mauen Angriffsbemühungen der Gäste in der ersten Halbzeit.

Union versuchte es vor allem über die rechte Angriffsseite und stellte Herthas gebürtigen Berliner Maximilian Mittelstädt vor einige Probleme. Die Flanken von Union-Kapitän Christopher Trimmel gerieten jedoch zu ungenau. Wie Covic, der unter anderem Ibisevic und den aus Glasgow derbygestählten Dedryck Boyata zurück in die Startelf brachte, setzte auch Unions Urs Fischer auf Erfahrung. Neben Trimmel kehrte im Vergleich zum 3:1-Zweitrundensieg im Pokal beim SC Freiburg unter anderen Routinier Neven Subotic in die Startformation zurück.

Auch nach der Pause sahen zahlreiche prominente Gäste wie Union-Fan Robert Harting, Schauspieler Kida Khodr Ramadan und der Hamburger Sänger und Rapper Jan Delay nicht viele Chancen. Beide Teams gingen weiter nicht ins letzte Risiko - Union wurde aber mit dem Elfmeter nach Videobeweis doch noch belohnt.

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