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Infektionsfolgen? Herzen in Corona-Zeiten: Belastungsfaktor für Profifußballer

Im Profifußball hört man in Verbindung mit dem Coronavirus häufiger von Herzproblemen. Warum ist das so? Wie gefährlich kann eine Corona-Infektion dabei sein und welche Folge kann eine Impfung haben?

Von Martin Moravec, dpa 25.01.2022, 05:46
Bei Bayerns Alphonso Davies wurden Anzeichen einer leichten Herzmuskelentzündung festgestellt.
Bei Bayerns Alphonso Davies wurden Anzeichen einer leichten Herzmuskelentzündung festgestellt. Sven Hoppe/dpa

München - Julian Nagelsmann fand's „bescheiden bis beschissen bis hochgradig beschissen“. Was den Trainer des FC Bayern München so ärgerte? Die Erkrankung seines Linksverteidigers Alphonso Davies.

Mitte Januar wurden beim jungen Kanadier nach einer Corona-Infektion Anzeichen einer leichten Herzmuskelentzündung festgestellt. „Wo die genau herkommt, das weiß man nicht. Da gibt es leider kein Etikett“, sagte Nagelsmann. Es sei aber wahrscheinlich, dass die Entzündung von einer Corona-Infektion samt sportlicher Betätigung herrühre.

Davies ist nicht der einzige Fußballstar, der zuletzt Herzbeschwerden aufwies. Der frühere Dortmunder Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang war nach einer Corona-Infektion vom Afrika-Cup zurück nach Europa geschickt worden. Gabuns Verband gab Herzprobleme an. Aubameyang schrieb aber nach seiner Rückkehr zum FC Arsenal und einer Untersuchung in London, dass sein „Herz absolut in Ordnung“ sei.

Mehr junge Menschen betroffen

Warum hört man nun öfter von Herzbeschwerden in Verbindung mit dem Coronavirus? Bislang stand doch vor allem die Lunge im Fokus - zum Beispiel bei Nationalspieler Joshua Kimmich. Der Bayern-Profi hatte Ende 2021 Lungenprobleme nach einer Corona-Erkrankung. Wegen leichter Ablagerungen durfte er seinen Körper zunächst nicht voll belasten.

„Das Herz ist seit einigen Wochen häufiger ein Thema, auch bei jungen Sportlern, weil wir jetzt eine höhere Durchseuchung mit dem Coronavirus und eine hohe Rate an Neuinfektionen haben. Erst dadurch und durch die Tatsache, dass nun häufiger auch junge Menschen infiziert sind, ist die Herzmuskelentzündung zum Thema geworden“, erläuterte der Münchner Sportmediziner und Sportkardiologe Florian Straube der Deutschen Presse-Agentur.

Erhöhtes Risiko für Sportler

„Denn die Myokarditis-Inzidenz, also die Tatsache, dass eine Herzmuskelentzündung durch eine Corona-Infektion innerhalb von 28 Tagen nach der Infektion entsteht, liegt allgemein bei ungefähr 40 zu einer Million. Das ist sehr niedrig. Aus den USA gibt es eine wissenschaftliche Arbeit mit 1600 Athleten, die zu dem Ergebnis kommt, dass etwa zwei Prozent der Hochleistungsathleten, die eine Corona-Infektion hatten, auch eine Herzmuskelbeteiligung aufweisen. Das ist deutlich höher als für die Allgemeinbevölkerung berichtet wurde“, sagte Straube, der unter anderem den Deutschen Eishockey-Bund berät. Man müsse bei diesen Zahlen aber vorsichtig sein, weil es sich um ausgewählte Spitzenathleten handele, die sicher mit viel Aufwand medizinisch untersucht worden seien.

Wie kommt es zu einer Myokarditis? „Die Herzmuskelentzündung entsteht dadurch, dass Herzmuskelzellen in Begleitung eines Entzündungsprozesses absterben. Dabei ist eine Virusinfektion, erst einmal unabhängig von dem auslösenden Erreger, die häufigste Ursache“, erläuterte Straube.

Profisportler sind grundsätzlich für Herzprobleme gefährdet. Sie sind viel mit anderen Menschen in Kontakt und dadurch auch mit vielen Viren konfrontiert, dazu kommt die erhöhte Atemtätigkeit. „Wenn Sportler auch noch viele Wettkämpfe nacheinander, Jetlag und kaum Zeit zur Regeneration haben, ist das Immunsystem in dieser Phase stark beansprucht. Hinzu kommt noch oft der Wettkampfdruck, der dazu führen kann, trotz vorhandener Krankheitssymptome fälschlicherweise keine Sportpause einzulegen“, sagte Straube.

Herzprobleme als Impfnebenwirkung „sehr selten“

Das Thema Herzmuskelentzündung beschäftigt unter anderem im Zusammenhang mit der Impfung auch DFB-Arzt Tim Meyer. Der Mediziner hatte im Frühjahr 2020 mit der Entwicklung eines Hygienekonzeptes für die Deutsche Fußball Liga maßgeblichen Anteil daran, dass die Saison in der Bundesliga und 2. Liga nach einer coronabedingten Pause noch beendet werden konnte.

„Herzmuskelentzündungen sind als Impfnebenwirkung sehr selten und sie scheinen auch meist harmlos zu verlaufen. Viel häufiger treten sie hingegen als Komplikation bei einer Erkrankung mit dem Coronavirus auf“, sagte Meyer im Interview des Bayerischen Fußball-Verbandes.

Längere Sportpause ratsam bei Entzündung

Die wichtigste Maßnahme zur Behandlung einer Herzmuskelentzündung ist eine Auszeit, damit der Körper den Entzündungsprozess in Ruhe beenden kann. Erst danach und nach eingehenden Tests kommt für Davies & Co. die Rückkehr zur vollen Sportfähigkeit infrage.

„Wenn eine Herzmuskelentzündung im zeitlichen Zusammenhang mit einer akuten Corona-Infektion steht, empfehlen die Fachgesellschaften und die Sportverbände, dass man mindestens drei Monate Pause machen sollte. Dabei muss jeder Fall immer individuell betrachtet werden“, sagte Straube.

Die Länge der Pause hänge aber auch vom Verlauf der Erkrankung ab. „Wenn der Arzt oder die Ärztin die Diagnose Herzmuskelentzündung am Tag X stellt, dann weiß man zu dem Zeitpunkt ja noch nicht, was für einen Verlauf die Erkrankung haben wird. Bei einfachen asymptomatischen Verläufen kann man vielleicht von diesen drei Monaten abweichen und mit einem leichten Training schon nach ein oder zwei Monaten wieder anfangen“, erläuterte Straube. „Wichtig ist immer ein stufenweiser Wiederbeginn nach einer Sportpause.“