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Deutsche Fußball-Nationalmannschaft Klose, übernehmen Sie!

Bundestrainer Joachim Löw hat in Miroslav Klose nur einen nominellen
Stürmer in seinem 23-köpfigen WM-Kader. Die Entscheidung sorgt durchaus für Diskussionen.

03.06.2014, 16:55

München (SID) l Gerd Müller, Uwe Seeler, Karl-Heinz Rummenigge, Rudi Völler und, und, und: Deutschland wurde in der Fußball-Welt immer für seine großartigen Stürmer bewundert. Nun fliegt ausgerechnet die deutsche Nationalmannschaft am Sonnabend mit nur einer nominellen Spitze nach Brasilien, um dort den lange ersehnten vierten WM-Titel in Angriff zu nehmen.

Bundestrainer Joachim Löw setzt in seinem 23-köpfigen Kader für das Turnier (12. Juni bis 13. Juli) auf den 35 Jahre alten Miroslav Klose und auf einige "falsche Neuner" wie Thomas Müller, Mario Götze oder André Schürrle. Eine Entscheidung, die wenige Tage vor dem Start der WM-Mission für kontroverse Diskussionen sorgt.

Beckenbauer glaubt an Offensiv-Spieler

"Ich weiß nicht, ob Klose alleine reicht. Er war ja auch verletzt", sagte Mittelstürmer-Legende Seeler der Bild-Zeitung, nachdem Löw auch noch den Hoffenheimer Kevin Volland gestrichen hatte. Der einstige Strafraumschreck Ulf Kirsten ist deshalb skeptisch. "Das ist riskant von Löw."

Um so wichtiger sei es "unter diesen Gesichtspunkten", merkte Ex-Torjäger Völler an, "dass Klose für die WM fit wird - und bleibt." Weltmeister Karl-Heinz Riedle hat "ein bisserl Bauchschmerzen. Was ist, wenn sich Miroslav Klose verletzt?"

Für "Kaiser" Franz Beckenbauer, übrigens einst Libero der Nation, wäre dies jedoch kein allzu großes Problem, "weil wir so viele starke Offensiv-Spieler im Kader haben". Auch Löw selbst macht sich "in der Offensive die wenigsten Sorgen".

Müller wäre Klose-Ersatz

Der 54-Jährige hofft vor allem darauf, dass Klose bei seiner vierten WM-Teilnahme nach längerer Verletzungspause doch noch rechtzeitig die Kurve bekommt und an seine Leistungen früherer Turniere anknüpfen kann. Klose habe bewiesen, "dass er auf den Punkt fit ist".

Auch Thomas Müller ist sicher, "dass Miro sein Ding macht. Vor ihm muss man den Hut ziehen. Wenn er fit ist, kann er jeder Mannschaft helfen." Mit 14 Toren ist der Angreifer von Lazio Rom hinter dem Brasilianer Ronaldo (15 Treffer) immerhin zweitbester Schütze der WM-Geschichte. Und Klose, mit 68 Toren in 131 Länderspielen neben "Bomber" Gerd Müller bereits treffsicherster Angreifer Deutschlands, ist heiß darauf, "diesen Rekord zu knacken".

Als Klose-Ersatz käme wie gegen Kamerun am vergangenen Sonntag beim Testspiel in Mönchengladbach (2:2) in erster Linie Müller in Frage, der dem Ideal des Mittelstürmers am ehesten gerecht wird. Aber auch Schürrle, Götze, Mesut Özil oder Lukas Podolski könnten ganz vorne spielen. Allerdings konnten insbesondere Götze und Özil im Nationalteam in dieser Rolle kaum überzeugen.

Große Spieler bei der Innenverteidigung

Löw, der bei der WM 2010 in Südafrika in Klose, Mario Gomez, Cacau und Stefan Kießling immerhin vier echte Angreifer dabei hatte, sieht dennoch "die richtige Mischung". Der Kader sei "ausgewogen, jede Position ist doppelt besetzt. Mit diesem Kader fliegen wir selbstbewusst nach Brasilien, wir haben dort große Ziele."

Löws Chefscout Urs Siegenthaler hält die Debatten um einen weiteren Stoßstürmer im deutschen Aufgebot angesichts bulliger Abwehrspieler für nicht angebracht. "Schauen wir uns die Innenverteidiger sämtlicher Spitzenklubs und Nationalmannschaften an: Da stehen hinten durchweg Männer, die 1,90 bis 1,95 Meter groß sind, solche Oberkörper haben und nahezu jedes Kopfballduell gewinnen. Da halte ich es für keine gute Idee, hoch auf die Mitte zu spielen", sagte Siegenthaler der Frankfurter Rundschau.

"Mit kleinen, wendigen, flinken Stürmern macht man den Innenverteidigern die Arbeit jedenfalls ungleich schwieriger", ergänzte der Schweizer, einer der wichtigsten Köpfe im Stab von Löw. Man müsse mit Spielern wie Götze oder Özil "reden und sie überzeugen, so dass sie danach sagen: Gott sei Dank darf ich dort vorne spielen. Ich denke, gerade bei Özil ist das eine Frage der Spielfreude."

Dass Löw nur Klose als einzige Spitze berief, hat diverse Gründe. Gomez wurde nicht rechtzeitig fit. Von Kießling war der Bundestrainer noch nie ein Freund. Kevin Kuranyi ist längst Vergangenheit. Pierre-Michel Lasogga war zu lange verletzt. Und Volland noch nicht gut und reif genug für eine WM. Deshalb gilt nun: Herr Klose, übernehmen Sie!