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Handball Heinevetter mit Muskelkater

Silvio Heinevetter wechselt von den Füchsen nach Melsungen und trainiert schon fleißig für seinen neuen Club.

Von René Miller 05.05.2020, 01:01

Berlin l Die Saisonvorbereitung ist eigentlich überhaupt nicht das Ding von Silvio Heinevetter. Viel lieber sind ihm Spiele, richtig enge Spiele, in denen er tief in die Gedanken seiner Gegenspieler eintauchen und wichtige Bälle halten kann. Gegenspieler und Bälle sind derzeit aber ganz weit weg. Dafür sind plötzlich die Laufschuhe zu seinen Freunden geworden. „Ich betrachte die aktuelle Situation als verlängerte Vorbereitung, laufe viel und mache Krafttraining. Man sollte es jetzt positiv sehen und versuchen, für sich selbst an seinen Defiziten zu arbeiten“, erklärt Heinevetter und fügt stolz an: „Ich bin körperlich richtig gut drauf und habe sogar Muskelkater.“

Langeweile kommt bei ihm trotz Corona auch nicht auf. Übers Internet spielte er Skat mit Hendrik Pekeler (Kiel) und Johannes Sellin (Erlangen). Und auf seinem Instagram-Account konnten die Fans auch verfolgen wie er für Sauberkeit auf dem Gehweg sorgt oder es sich mit Pyjamahose und Bademantel wie in der Kultkomödie „The Big Lebowski“ gutgehen lässt. Heinevetter: „Als Handballer konnten wir eigentlich nie länger als drei Wochen mal abschalten. Deshalb sollten wir diese Zeit auch ein bisschen genießen.“

Dass derzeit keine Bälle auf sein Tor fliegen, nimmt Heinevetter auch locker. „Das kann man allein schwierig trainieren. Aber ich bin schon so lange dabei und denke, dass man da ganz schnell wieder in den Rhythmus kommt“, sagt der 35-Jährige. Seinen geräuschlosen Abgang von den Berliner Füchsen will er dagegen nicht groß thematisieren. Heinevetter: „Wir haben doch jetzt alle ganz andere Sorgen. Da ist mein Abgang das allerhinterletzte Problem. Ich weiß nicht einmal, welches Spiel jetzt eigentlich für mich das letzte im Füchse-Trikot war. Außerdem höre ich ja nicht mit dem Handball auf.“

Nach elf Jahren bei den Berliner Füchsen steht er ab der nächsten Saison bei Melsungen zwischen den Pfosten und hat in Kassel auch schon eine Wohnung gefunden. Zwischen Berlin und Kassel liegen als Wohnort natürlich Welten, aber sportlich soll das alles andere als ein ruhiges Ausklingen seiner Karriere sein.

Heinevetter: „Wir haben eine gute Truppe zusammen und für die neue Saison natürlich auch richtig was vor. Genau Ziele nehme ich aber immer ungern in den Mund. Und gerade jetzt sollte man nicht allzu weit nach vorne schauen und besser erst einmal nur darauf hoffen, so schnell wie möglich in die Normalität zurückkehren zu können.“

Der Weg dahin wird wohl auch im Handball möglicherweise zunächst über Geisterspiele führen. Heinevetter: „Früher hätte ich gesagt, dass ich mir nie im Leben vorstellen kann, ohne Zuschauer zu spielen. Aber inzwischen würde ich das in Kauf nehmen, weil die Lust zu spielen einfach größer ist. Und mit Sky haben wir einen guten TV-Partner, der das gewiss auch ganz gut rüberbringen würde. Der Fußball könnte diesbezüglich eine Vorreiterrolle spielen.“

Nach Magdeburg würde er aber natürlich lieber in eine volle Getec-Arena zurückkehren. Hier fing 2005 die Karriere so richtig an. Als SCM-Torwart durfte er sich 2007 mit dem Gewinn des EHF-Cups auch über den ersten großen Titel freuen. Heinevetter: „Auf dem Weg dahin habe ich sogar noch eine Szene besonders in Erinnerung. Als wir beim Final-Hinspiel in Saragossa kurz vor Schluss zurücklagen, nahm sich Karol Bielecki kurz hinter der Mittellinie den Ball und hämmerte ihn von dort über den gegnerischen Keeper hinweg ins Tor.“

Ohne die Corona-Krise hätte es Ende Mai im EHF-Cup auch ein Final-Duell zwischen dem SCM und den Füchsen geben können. Heinevetter: „Das wäre natürlich ein genialer Abschied aus Berlin für mich gewesen. Aber was sollen Spieler wie Arpad Sterbik oder Gudjon Valur Sigurdsson sagen? Die hätten aufgrund ihrer Karrieren eigentlich einen Riesen-Abgang verdient gehabt.“

Dass der EHF-Cup abgebrochen wurde, die Champions League dagegen ein Final Four Ende des Jahres ausspielt, kann Heinevetter aber nicht so recht verstehen. Heinevetter: „Daran merkt man, was die größte Einnahme verspricht. Komisch ist dabei aber schon, dass dann ein Sander Sagosen für Kiel spielt, obwohl er sich mit Paris für das Turnier qualifiziert hat.“ Heinevetter geht es beim DHB-Pokal aber ähnlich. Mit den Füchsen war er im Viertelfinale beim künftigen Club ausgeschieden. Aber weil die Finalrunde auf den 27./28. Februar 2021 verschoben wurde, ist er dann mit Melsungen dabei.