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Handball Für Machulla ist SCM gefestigter als SG

Im Interview spricht Maik Machulla, Trainer der SG Flensburg-Handewitt, über das Duell mit dem SC Magdeburg.

Von Anne Toss 30.10.2018, 00:01

Volksstimme: Herr Machulla, Sie sind im Pokal-Achtelfinale am SC Magdeburg gescheitert. Haben Sie das verdaut?

Maik Machulla: Bei diesem Spiel dauerte das ein bisschen länger. Die Enttäuschung war groß, aber im Sport gehört so etwas dazu. Damit muss man umgehen können. Und am nächsten Tag muss man wieder Energie für seine Mannschaft haben.

Energie für diesen Donnerstag zum Beispiel, denn da steht ja schon wieder eine Partie gegen den SCM an. Ist das undankbar?

Nein, das ist ganz gut. Weil die Bilder aus dem Spiel, die wir alle im Kopf haben, noch sehr präsent sind. Die Vorbereitung ist natürlich etwas anders, weil wir jetzt durch das aktuelle Spiel eine andere Grundlage haben. Wir wissen genau, was gut funktioniert hat, was nicht und was wir verbessern müssen. Von daher kommt das Spiel eigentlich zu einem guten Zeitpunkt für uns.

Es ist das Spiel zwischen dem Tabellenersten und –zweiten. Und es gibt Parallelen: Beide Clubs haben zum Saisonstart ihre Vereinsrekorde gebrochen, an beiden Seitenlinien steht ein Trainer mit Magdeburger Vergangenheit …

Magdeburg hat einen guten Start in diese Saison hingelegt – so wie wir auch. Ich finde aber, dass man beide Mannschaften nicht wirklich miteinander vergleichen kann. Bei uns ist es so, dass wir in diesem Jahr einen extremen Umbruch mit vielen neuen Spielern zu verzeichnen haben. Wir versuchen, eine Mannschaft zu entwickeln und aufzubauen. Da wird es Höhen und Tiefen geben, so wie wir es im Pokalspiel erlebt haben. Ich glaube, dass Magdeburg im Kern einfach ein Stück weit gefestigter ist. Und schon viel, viel länger in dieser Konstellation zusammenspielt und dadurch eingespielt ist. Sie sind momentan ein Stück weiter als wir.

Sie haben mit Flensburg in der vergangenen Saison den Meistertitel geholt. Als Spieler gelang Ihnen das mit dem SCM im Jahr 2001. Wie ist Ihre Verbindung nach Magdeburg, immerhin haben Sie neun Jahre hier gespielt?

Es gibt sehr wenige Verbindungen. Der Einzige, zu dem ich noch Kontakt habe, ist Steffen Stiebler. Mit ihm habe ich ja auch noch zusammengespielt. Aber ich bin eigentlich gar nicht mehr in Magdeburg. Mittlerweile bin ich ja auch schon seit rund 18 Jahren weg. Einige meiner Spieler sind da gerade geboren, als ich dort noch gespielt habe. (lacht)

Eine Verbindung gibt es aber noch zum damaligen Meistertrainer Alfred Gislason. Sie sind ja quasi Nachbarn, da er den THW Kiel trainiert.

Ja, zu Alfred habe ich ein gutes Verhältnis. Respektvoll und freundschaftlich. Durch die Nähe zwischen Flensburg und Kiel ist das natürlich immer etwas Besonderes. Alfred mag ich sehr und ich habe großen Respekt davor, was er seit 22 Jahren als Cheftrainer in der Bundesliga leistet. Wir haben beide erst vor kurzem darüber gesprochen. Das ist für mich eine überragende Leistung. Und ich mag ihn auch als Menschen, weil er ein sehr lockerer Typ ist – trotz des ganzen Drucks.

Ist oder war er Vorbild für Sie?

Ich glaube, dass man von jedem Trainer, den man in seiner Karriere hatte, ein Stück weit etwas mitnimmt. Und das dann alles irgendwie zusammenpackt und sein eigenes Ding draus macht. Aber Alfred war natürlich einer, der mich geprägt hat, ja. Damals, als er als Trainer nach Magdeburg gekommen ist, war er ungefähr so alt wie ich heute. Es war auch seine erste große Station, er hat da tolle Erfolge gefeiert und eine Mannschaft aufgebaut und entwickelt. Er ist eine absolute Respektsperson gewesen, weil er wirklich mit einem klaren Plan kam. Er war sehr strukturiert und akribisch in seiner Arbeit und hat von uns viel gefordert.

Etwas entwickeln – das tun Sie zurzeit mit dem angesprochenen Umbruch in Ihrer Mannschaft auch. Was hat sich konkret verändert?

Wir haben sechs neue Spieler. Zwei neue Spieler im Innenblock, zwei neue Kreisläufer und zwei neue Torhüter. Und wir haben meiner Meinung nach einen der besten Torhüter der Welt verloren (Mattias Andersson/d. Red.). Gerade das Zusammenspiel der Abwehr mit dem Torhüter ist im Handball sehr schwierig einzuspielen, weil es um so viele Kleinigkeiten in der Abstimmung geht. Da sind im Pokal-Achtelfinale auch Dinge passiert – da bin ich mir sicher, das wäre im letzten Jahr so nicht unbedingt geschehen. Aber die Spieler müssen Erfahrungen sammeln, aus solchen Dingen lernen und sich entwickeln. Das sind so zentrale und wichtige Personen und Positionen im Handball – die ersetzt du nicht einfach eins zu eins und glaubst, dass du das Niveau im nächsten Jahr halten kannst.

Was ist zurzeit die größte Herausforderung für Sie als Chefcoach?

Momentan arbeiten wir erst einmal an den Basics. Also: Wie wollen wir Handball spielen, wie verteidigt man gegen gewisse Angriffsformationen. Wir möchten erreichen, dass jeder Spieler weiß, wie wir grundsätzlich vorgehen. Das ist ein sehr individueller Prozess. Es gibt Spieler, bei denen geht das schneller, die haben einen hohen Handballverstand und eine schnelle Auffassungsgabe. Die können die geforderten Dinge direkt umsetzen. Und andere Spieler brauchen eben ein bisschen länger. Ich finde aber, wir sind auf einem guten Weg und wir machen jede Woche deutliche Fortschritte.

Im Pokalspiel war Ihr Team auch lange auf einem guten Weg. Wie bewerten Sie die Leistung rückblickend?

In der ersten Halbzeit haben beide Mannschaften Druck gemacht, aber wir konnten unser Spiel nicht so aufziehen, wie wir es wollten. Auch, weil wir zu wenig Torwart-Paraden hatten. Und in der zweiten Halbzeit haben wir vorne zu einfache Fehler gemacht. Magdeburg ist genau in das Spiel gekommen, das sie mögen, machte Druck und zog auf vier Tore weg. Dann war es wahnsinnig schwer gegen eine Mannschaft, die momentan ein großes Selbstbewusstsein hat, zu spielen. Aber wir sind trotzdem zurückgekommen und hatten sogar die Chance, das Spiel zu drehen. Haben dann aber drei freie Würfe verworfen. Am Ende war einfach auch die Torwart-Leistung ausschlaggebend.

Die Erwartungen an Ihre Mannschaft sind groß. Darauf angesprochen sagten Sie nach der vergangenen Saison in einem Interview: „Ich kann das nicht mein Leben lang machen.“ Wie groß ist der Druck im Moment – insbesondere nach dem Ausscheiden im Pokal?

Ich glaube, in Flensburg ist es besonders, weil einfach die Erwartungshaltung sehr, sehr groß ist. Es wird von der Mannschaft viel erwartet und von mir auch. Wenn du bei so einem Verein arbeitest, der immer Titel gewinnen will, dann ist es klar, dass du einen hohen Druck hast. Es ist einfach das Los eines Trainers, dass du damit auch umgehen musst.

Es gibt ja auch ganz viele Phasen im Jahr, wo es einfach unglaublich viel Spaß macht, mit den Jungs zu arbeiten. Und dann gibt es herbe Rückschläge. Aber so ist der Sport. Es kann nicht immer nur nach oben gehen. Und wir haben im letzten Jahr mit dem Meistertitel etwas unglaublich Schönes erreicht. Das ist etwas, was uns als Mannschaft für alle Ewigkeit verbindet. Jetzt wollen wir diese neue Mannschaft so aufbauen, dass wir das irgendwann wieder schaffen. Das sieht alles gut aus, kostet aber auch viel Energie.