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Handball Krisenstimmung beim SCM

Nach dem Aus im EHF-Pokal, der Heimpleite gegen Göppingen und der Klatsche bei den Neckar Löwen herrscht beim SC Magdeburg Krisenstimmung.

Von René Miller 08.12.2018, 00:01

Mannheim/Magdeburg l Es nieselte leicht, als die Spieler des SC Magdeburg am Donnerstagabend die gut hundert Meter von ihrer Kabine in der SAP-Arena zum Mannschaftsbus gingen. Schnell die Taschen in die Gepäckablage gestellt, noch ein Autogramm für die Unterschriftenjäger geschrieben und nichts wie weg. Nass gemacht worden waren die SCM-Handballer schließlich schon in der Halle. Dass es in Mannheim am Ende nur 22:28 stand, war noch das Beste an diesem Spiel bei den Rhein-Neckar Löwen. Denn zwischenzeitlich, zum Beispiel beim 8:18 zur Pause, musste man eine richtig kalte Dusche befürchten.

SCM-Trainer Bennet Wiegert kündigte schon am Abend eine Aufarbeitung der Pleite an. „Aus unserer Mannschaft muss mir jetzt keiner damit kommen, dass die zweite Hälfte doch ganz ordentlich war“, sagte er. „Denn was wir vor der Pause geboten haben, darf uns auch trotz der ganzen Verletzungssorgen nicht passieren. So kann man sich einfach nicht präsentieren. Deshalb sollten wir jetzt besser Tacheles reden. Denn das ist kein Ausrutscher mehr. Wir stecken leider in einer richtigen Negativ-Phase.“

Acht hundertprozentige Torchancen bis zum Seitenwechsel liegen zu lassen, hat wirklich nichts mit personellen Problemen zu tun. Da half wenig, dass Löwen-Manager Oliver Roggisch meinte: „Das wird den SCM zwar wenig trösten: Aber wir haben heute auch noch die beste Halbzeit der gesamten Saison gespielt. Mit einer starken Abwehr und einem überragenden Torwart Andreas Palicka.“

Doch die Gründe für die SCM-Krise liegen nicht in erster Linie bei den Gegnern. Als die Magdeburger zu Saisonbeginn von der Liga für ihr überragendes Tempospiel gelobt und gefeiert wurden, gab es dabei immer ein Aber: die Kadertiefe. Und genau dieses Problem schlägt jetzt gnadenlos zu: Ohne Christian O’Sullivan, Marko Bezjak und Albin Lagergren in Top-Form ist der SCM einfach kein Top-Team mehr. Diese Erkenntnis ist wohl noch bitterer als die drei Niederlagen in Folge.

Doch so einfach wie diese Analyse ist, so kompliziert ist es aber auch, einen echten Ausweg aus dieser Misere zu finden. War die Kaderplanung zu riskant? Müssen auch die Nummer zwölf oder 13 noch die Qualität für die absolute Bundesliga-Spitze haben?

Um ein Titelrennen bis zum Ende garantieren zu können, ein klares Ja. Aber jede Position mit derselben Qualität doppelt zu besetzen, kostet Geld. Und Geschäftsführer Marc-Henrik Schmedt sagt: „Wir haben dafür nicht die finanziellen Möglichkeiten und spielen auch nicht in der Champions League, um das finanzieren zu können. So breit können wir uns deshalb nicht aufstellen.“

Und wahr ist auch: Mit Michael Damgaard und Mads Christiansen hat der SCM neben den drei Angeschlagenen noch zwei Hochkaräter in der Hinterhand. Beide wurden 2016 Olympiasieger mit Dänemark, können aber derzeit nicht an ihre Glanzzeiten anknüpfen. Damgaard musste sich sogar einige Male auf der Bank mächtig vom Trainer anzählen lassen, weil er sich nicht an die abgesprochene Taktik hielt.

Zu Saisonbeginn zappelte der Ball oft schon beim Gegner im Netz, während sich die Gegenspieler noch drehten und nur erahnen konnten, wo der Ball ist. Und über die schnelle Mitte machte der SCM Tore oder es hagelte Siebenmeter und Zeitstrafen. Jetzt wird das Team immer mehr ins Positionsspiel gezwungen. Und da rotiert der Ball so langsam und ideenlos, dass sich die Gegner sauber formieren können und durch Verzweiflungstaten der Magdeburger immer wieder zu Gegenstößen eingeladen werden. Und aus der Distanz erschrecken die Magdeburger auch keinen mehr mit Würfen.

Das nutzte Porto, das half Göppingen und das bestraften die Löwen zumindest eine Halbzeit lang in Perfektion. „Sky“-Experte Stefan Kretzschmar meint: „Im Handball funktioniert sehr viel über das Selbstvertrauen. Das ist beim SCM nicht mehr gegeben. Vor ein paar Wochen noch wurde selbst im höchsten Tempo noch ein Risikopass gespielt. Jetzt hatte ich eher das Gefühl, die Mannschaft wird von einer kollektiven Grippe geplagt.“

Die Krise muss so schnell wie möglich überwunden werden. Mit Siegen am 19. Dezember gegen Göppingen im Pokal-Viertelfinale und bei den Liga-Derbys gegen die Füchse Berlin und DHfK Leipzig. Und vielleicht mit einem guten Griff in der Winterpause auf dem Rückraum-Transfermarkt.

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