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Handball Steinert, der gereifte Rückkehrer

Christoph Steinert hielt es für aussichtslos, dass er zum SC Magdeburg zurückkehren könnte. Jetzt aber hat er mit dem Verein Großes vor.

Von Anne Toss 15.08.2019, 01:01

Magdeburg l Eine Geschichte mit Christoph Steinert hätte auch gut am Weltlinkshändertag, also am Dienstag, erscheinen können. Immerhin spielt der Neuzugang beziehungsweise Rückkehrer beim SC Magdeburg, der ja bis 2010 hier bereits die Jugend- und Profimannschaften durchlaufen hat, im rechten Rückraum mit links. Dass das mit dem Erscheinungstag aber anders gekommen ist, hat auch einen Grund: „Ich habe mir das angewöhnt, von Haus aus bin ich eigentlich Rechtshänder“, erzählt Steinert. Feinmotorische Dinge wie zum Beispiel etwas unterschreiben oder auch Tischtennis spielen mache er weiterhin mit der rechten Hand.

Der 29-Jährige, der sich in den vergangenen zwei Jahren beim HC Erlangen zu einem der besten deutschen rechten Rückraumspieler entwickelt hat, ist ein ruhiger Typ, überlegt. Zu erzählen hat er dann aber doch eine ganze Menge. Wie eben, dass er mit der linken Hand spielt, weil in seiner ersten Jugendmannschaft ein Linkshänder gebraucht wurde. Oder, dass er von Kindesbeinen an wie seine drei jüngeren Brüder Fußball gespielt hat. „Mit zwölf Jahren hätte ich sogar in das Nachwuchsleistungszentrum von Hertha BSC gehen können, wollte damals aber nicht von zu Hause weg“, erzählt Steinert, der gebürtig aus Berlin kommt.

Nachdem seine Familie nach Rangsdorf, also ins Berliner Umland, gezogen ist, hörte er mit dem Fußballspielen auf. „Da wurde ich etwas dicker“, erinnert er sich und grinst, „und meine Sportlehrerin hat mich daraufhin zum Handball gebracht. Dabei bin ich geblieben.“ Der Handballsport führte ihn zuerst zu den Youngsters und ans Sportgymnasium Magdeburg. 2008 debütierte er für den SCM in der Bundesliga.

„Der Kontakt nach Magdeburg ist nie abgerissen“, sagt Steinert, „es gab immer Personen in meinem weiteren Bekanntenkreis, mit denen ich auch während meiner Zeit in Minden, Leipzig und Erlangen Kontakt hatte.“

Eine Rückkehr verbuchte er jedoch lange als aussichtslos, „erst als ich in Leipzig und dann in Erlangen wirklich gute Leistungen gezeigt hatte, kamen entsprechende Anfragen von den SpitzenClubs der Bundesliga. Der SCM war mein Favorit.“

So richtig erklären kann er die besondere Verbindung zu Magdeburg auch nicht. „Das ist so eine romantische Beziehung“, sagt er und lacht. Daneben haben aber natürlich auch sportliche Ziele eine Rolle gespielt. „Mit dem SCM sind wir in drei Wettbewerben dabei. Und spielen vorne mit“, berichtet Steinert, „außerdem rutsche ich hier auch wieder mehr in den Fokus der Nationalmannschaft.“ U-18-Europameister und U-20-Weltmeister ist er bereits – „das hat sich schon toll angefühlt, ein Titel im Erwachsenen-Bereich wäre daher bestimmt auch schön“.

Um mit dem Verein Erfolg zu haben, musste sich Steinert in den vergangenen Wochen erst einmal an die Spielphilosophie gewöhnen. „Das ist schon eine ziemliche Umstellung. Normalerweise ist auf Mitte ein Spieler, der sich durchwühlt und Lücken reißt oder einen super Überblick hat. Und die Halben sind dafür zuständig, Tore zu werfen“, sagt Steinert.

Jetzt stellt er seine individuelle Stärke, die ja mitunter bei den Würfen aus der zweiten Reihe liegt, etwas hinten an. „Beim SCM muss ich systemtreuer spielen als in Erlangen. Die Außen sollen abschließen, daher geht es darum, sie in Position zu bringen.“ Und: „Ich habe noch nie in einer so schnellen Mannschaft gespielt“, sagt er, „sofort umzuschalten, fordert mich auch.“

Das Handout mit den Spielzügen hat er durchgearbeitet sowie drei Theorie-Einheiten mit den anderen Neuzugängen verbracht. „Am besten lerne ich dann aber doch in der Praxis, das Theoriebuch wird also irgendwann im Schrank verschwinden.“ Dass er auf die Finten von Spielmacher Marko Bezjak ab und an immer noch selbst hereinfällt, nimmt er mit Humor. „Wenn er einen Pass antäuscht, zucke ich manchmal immer noch“, sagt Steinert und lacht, „aber mit der Zeit gewöhnen wir uns immer besser aneinander.“

In der Vorbereitung bekam Steinert viel Spielpraxis, auch, weil Albin Lagergren aufgrund seiner Fuß-OP noch nicht einsatzbereit ist. „Das ist zum einen ein Vorteil, weil ich so die Spielzüge in einer Partie gleich drei-, viermal durchlaufen habe. Zum anderen geht es aber auch an die Substanz und kostet Kraft“, sagt er. Alternativ hat Trainer Bennet Wiegert bereits das Spiel mit zwei Kreisläufern getestet, um Steinert auch entlasten zu können.

Der treibt neben dem Handball übrigens auch sein BWL-Fernstudium voran. Sobald die Saison beginnt, hat er nach eigener Aussage wieder mehr Zeit dafür. „Dann sind die Monate ja durchgetaktet und ich kann zum Beispiel auch die langen Auswärtsfahrten zum Lernen nutzen“, sagt Steinert, der in rund zwei Jahren den Betriebswirt in der Tasche haben will.

Neugierig ist er jetzt aber erst einmal darauf, wie sich der SCM in der Bundesliga schlägt. „Aus den Testspielen kann man wenig ableiten“, meint Steinert, „es wird Zeit, dass wir um Punkte spielen.“