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HandballVan Olphen: Der Pokalsieg war der schönste

Am 10. Juni endet eine Ära beim SC Magdeburg: Fabian van Olphen wird den Bundesligisten nach elf Jahren verlassen. Ein Bilanz-Interview.

Von Daniel Hübner 17.05.2017, 01:01

Magdeburg l Der Kapitän geht nach der letzten Auswährtsfahrt am 10. Juni zum HC Erlangen von Bord. Aber er möchte nicht ohne seinen dritten Titel mit dem SCM gehen. Am Wochenende beim Final Four im EHF-Cup in Göppingen kann Fabian van Olphen seinen zweiten internationalen Coup nach 2007 landen. Der schönste Sieg war für den 36-Jährigen allerdings der Pokalsieg im vergangenen Jahr in Hamburg.

Fabian van Olphen, in nicht einmal vier Wochen endet ihre elfjährige Ära beim SCM. Darf man kurz vor dem Saisonhöhepunkt überhaupt Wehmut zulassen?

Fabian van Olphen: Nein, die lasse ich überhaupt nicht zu. Für mich ist das Final Four eines der Highlights zum Abschluss meiner Zeit beim SC Magdeburg. Und ich möchte noch einmal alles reinhauen und meine Mannschaft unterstützen, um so erfolgreich wie möglich zu sein an.

Sollten Sie den Titel tatsächlich gewinnen, wäre es für Sie ein Balkon-Triple: Schon 2007 beim EHF-Cup-Sieg und 2016 nach dem Gewinn des DHB-Pokals haben Sie auf dem Rathausbalkon mit den Fans gefeiert. Was war der wichtigere Erfolg?

Der Sieg im EHF-Cup war schön, aber der Gewinn des DHB-Pokals definitiv der wichtigere Erfolg. Gerade nach der langen Durststrecke, die wir erlebt hatten. Der Pokal hat zudem einen höheren Stellenwert in Deutschland. Und für mich war es als Kapitän der erste Titel und deshalb auch der emotionalste und schönste.

Am Ende der Saison waren Sie zehn Jahre Kapitän des SCM. Was hat es Ihnen damals bedeutet, als Sie zum Spielführer ernannt wurden?

Unser damaliger Trainer Bogdan Wenta hat die Spieler wählen lassen und sie haben sich für mich entschieden. Im ersten Moment war ich glücklich und sehr geehrt, dass ich das Amt übernehmen durfte. Im zweiten Moment habe ich mich gefragt: Scheiße, wie mache ich das? Weil ich ja erst mein zweites Jahr beim SCM gespielt hatte. Es war nicht immer einfach, damit umzugehen. Aber im Laufe der Jahre bin ich in die Aufgabe hineingewachsen.

Es gab auch eine sehr traurige Szene mit Ihnen als Kapitän: Nach dem verlorenen Pokalfinale im Mai 2015 standen Sie nach der Rückkehr aus Hamburg auf der Bühne beim „Mückenwirt“ und haben eine sehr emotionale Ansprache gehalten. War das der schmerzlichste Moment in Ihrer SCM-Ära?

Ja. Weil wir so nah dran waren am Pokal. Und so heiß, das Ding zu gewinnen. Und sind dann erst im Siebenmeter-Werfen an Flensburg-Handewitt gescheitert. Ich muss gestehen, daran hatte ich auch lange zu knabbern. Gerade in ruhigen Momenten, zum Beispiel vor dem Schlafen, habe ich immer wieder daran gedacht. Das war sehr schmerzhaft. Man denkt auch, jetzt gehst du titellos als Kapitän aus deiner Zeit beim SCM raus. Zum Glück ist aber im vergangenen Jahr alles gutgegangen. Auch wenn ich da nur wenige Spielanteile hatte. Trotzdem war ich ein Teil dieser Mannschaft und habe mich entsprechend gefreut.

Wie schwer ist es Ihnen gefallen, immer weniger Spielanteile zu bekommen?

Natürlich ist es nicht schön für einen Sportler, wenn er kaum spielt. Aber ich habe mich damit abgefunden und trotzdem versucht, mich einzubringen. Dazu bin ich einfach zu mannschaftsdienlich. Es war nicht einfach, aber ich denke, ich habe es gut gemeistert.

Hatten Sie trotzdem auf eine Vertragsverlängerung beim SCM gehofft?

Nein. Ich denke, die Grenze ist erreicht. Der Verein schaut sich auch um, möchte junge Spieler holen. Das ist verständlich. Ich habe aber auch keine Lust, im Kader das 15. Rad am Wagen zu sein, und bin einfach froh, dass ich ab der kommenden Saison in Lemgo mich wieder auf dem Feld austoben kann. (lächelt) Zumindest hoffe ich das, die Spielanteile muss ich mir auch dort erst verdienen.

Lagen weitere Angebote vor?

Ja. Aber ein Verein lag zu weit weg, ein anderer hatte zu lange gewartet. Der TBV hat mir wirklich das Gefühl gegeben, dass er mich unbedingt haben möchte. Und sollte der Klassenerhalt in dieser Bundesliga-Saison nicht klappen, werde ich kein schlechtes Gewissen haben: Denn meinen Vertrag habe ich bewusst auch für die zweite Liga unterschrieben.

Mit dem Wechsel stehen auch Ihre Frau Steffi und die Zwillinge Amy und Stella (8 Jahre) vor einer völlig neuen Situation. Wie haben Sie die geregelt?

Steffi bleibt mit den Kindern in Magdeburg. Meine Frau hat einen guten Job, die Kinder gehen hier zur Schule. Das wäre Blödsinn, das alles auseinanderzureißen. Ich versuche natürlich, so oft wie möglich nach Hause zu fahren. Auch Lemgo möchte mir das erleichtern. Aber trotzdem wird es natürlich schwerer, gerade für meine Frau wird es die größte Herausforderung. Ich möchte sie, so gut es geht, dabei unterstützen.

Möchten Sie nach den zwei Jahren in Lemgo die Karriere beenden oder lassen Sie für sich alles offen?

Ich will nichts ausschließen. Ich habe auch gedacht, ich würde bereits nach dieser Saison aufhören mit Handball. Trotzdem ist absehbar, dass es eines Tages endgültig vorbei ist. Deshalb werde ich mich intensiv auf den beruflichen Einstieg nach diesen zwei Jahren vorbereiten. Wo und ob es dann im Handball sein wird, das weiß ich nicht. Auch diese Entscheidung treffe ich mit meiner Familie.

Was bedeutet die neue familiäre Situation für Ihre Karriere in der niederländischen Nationalmannschaft?

Auch dort haben wir natürlich über die neue Situation gesprochen. Die Tage, die ich in Lemgo freihabe, werde ich auch nicht bei der Nationalmannschaft verbringen. Da hat die Familie ganz klar Priorität. Wenn es die Möglichkeit gibt, dass ich für die Niederlande spielen kann, wäre es schön, weil das wirklich eine tolle Mannschaft ist, die sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt hat. So lange ich kann, möchte ich sie unterstützen. Wenn es nicht mehr gewünscht ist, trete ich zurück.

Was werden Sie am SCM vermissen?

In der Getec-Arena zu spielen, ist einfach etwas Besonderes. Immer wieder Top-Spiele in der Liga oder im Europapokal zu bestreiten, die Auswärtsfahrten, die Jungs, mit denen ich eine engere Verbindung habe: Das werde ich vermissen.

Wie sehen Sie den SCM in Zukunft aufgestellt?

Der Verein ist solide aufgebaut und steht auf finanziell stabilen Füßen. Man muss es jetzt schaffen, dauerhaft unter die Top-Vier oder -Fünf der Liga zu kommen, seinen Platz im Europapokal oder in der Champions League zu sichern. Bei uns hat das in den vergangenen Jahren sehr geschwankt. Aber ich denke, auch in dieser Hinsicht ist er auf einem guten Weg und hat das Potenzial dafür.

Wer in diesen elf Jahren für Grün-Rot hat Sie am meisten geprägt?

(überlegt lange) Das ist schwer, jemanden hervorzuheben. Jeder Trainer war anders, jeder hat seine Qualität reingebracht und mir etwas beigebracht. Eigentlich muss ich meinen Jugendtrainer Jan Alma nennen. Das war der Coach, der mich geprägt hat. Und dem ich dafür sehr dankbar bin. Bei meiner letzten Station in Holland, in Van der Voort/Quintus, habe ich zwischen 17 und 22 unter ihm gespielt. Und er hat mich zum richtigen Handballer gemacht. Mit seinem Training, mit seiner Begeisterung für den Sport, aber auch für die Bundesliga. Er war 24 Stunden am Tag mit Handball beschäftigt, hat uns Videos gezeigt von den Bundesliga-Spielen. Auch vom SC Magdeburg. Aber ich hatte natürlich nie daran gedacht, dass ich da jemals spielen würde.

Aber der Traum vom Wechsel in die Liga war geboren?

Ja natürlich. Ich war ja überglücklich, dass ich zunächst bei TuS Nettelstedt-Lübbecke die Möglichkeit hatte, in der Bundesliga zu spielen. Da habe ich mich gut weiterentwickelt. Dann hat irgendwann der SCM angerufen: Und alle anderen Vereine, die Interesse an mir hatten, kamen nicht mehr infrage. Der Champions-League-Sieger, die Tradition, die Halle: Da musste ich nicht lange überlegen.

Die Saison geht noch bis zum 10. Juni, sie endet mit der Auswärtsfahrt zum HC Erlangen. Gibt es einen Moment, vor dem Sie am meisten Angst haben?

Nein. Ich kann mir gerade auch nicht vorstellen, dass das letzte Spiel für mich in der Getec-Arena (4. Juni gegen Bergischer HC/d. Red.) emotional wird. Aber ich dachte letztens auch vor der Beerdigung meiner Oma, die 96 Jahre alt wurde, das würde mich nicht packen. Und letztlich habe ich am meisten geheult von allen. Ich weiß nicht, was passieren wird.

Vielleicht kommt der Moment am kommenden Montag, sollten Sie zum zweiten Mal den EHF-Cup auf dem Rathausbalkon feiern …

Ich denke, dann wäre es der schönste Moment. Das wäre für mich der krönende Abschluss.