1. Startseite
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. SC Magdeburg
  6. >
  7. Wiegert: "Ich hätte gern das i-Tüpfelchen"

Handball Wiegert: "Ich hätte gern das i-Tüpfelchen"

Am Sonntag beginnt der SC Magdeburg die neue Saison in der Handball-Bundesliga. Trainer Bennet Wiegert spricht über Chancen und Ziele.

Von Daniel Hübner 25.08.2017, 01:01

Bennet Wiegert, verteilen wir doch mal Überschriften zu Ihren beiden ersten Spielzeiten als Cheftrainer des SC Magdeburg: „Der Pokalsieger“ 2016 und „Die Erfolgsserie“ 2017. Welche Überschrift würden Sie sich 2018 wünschen?
Bennet Wiegert
(lächelt): Beide. Aber wichtiger ist, dass wir wie am Ende der vergangenen Saison sagen können, die positiven Dinge haben überwogen. Wenngleich uns zuletzt der krönende Abschluss, der Titelgewinn, den wir uns im EHF-Cup erträumt hatten, gefehlt hat, können wir nach der Analyse und mit dem heutigen Abstand sagen: Das war eine gute Saison für uns. Und mit diesem Gefühl möchte ich auch die kommende Serie beenden. Nur hätte ich diesmal gerne auch das i-Tüpfelchen, einen Titel.

Was überwiegt bei Ihnen: Vorfreude oder Anspannung?
Das ist eine Mischung aus beidem. Sechs Wochen Vorbereitung sind hart. Nicht nur für die Spieler, auch für mich als Trainer, weil ich immer wieder die Belastungsstruktur meiner Mannschaft neu vermessen muss. Deshalb bin ich froh, wenn ich in den Bundesliga-Alltag zurückkehre, den Vergleich im Wettbewerb habe. Dafür machen wir das alle.

Trotz der verletzungsbedingten Ausfälle von Michael Damgaard und Zeljko Musa haben Sie im Vergleich zum Olympiasommer 2016 quasi den Idealzustand in der Vorbereitung vorgefunden. Erhöht das den Druck auf Sie?
Nein. Für mich wird der Druck von außen nie so groß sein wie der Druck, den ich mir selbst mache. In dieser Hinsicht bin ich also entspannt. Die Vorbereitung war im Großen und Ganzen gut. Sie war sicher nicht perfekt, weil nicht alle verletzungsfrei durchtrainieren konnten. Ich würde mir wünschen, dass Marko Bezjak (Ellenbogen/d. Red.) und Carlos Molina (Schulter) gesund wären, denn für mich ist der ideale Zustand erreicht, wenn ich mit einem kompletten Kader in jedes Spiel gehen kann. Ich hoffe, dass wir das schaffen und bis zum Saisonende durchhalten, dann ist auch der maximale Erfolg möglich.

Mit dem Abgang von Finn Lemke (Melsungen) wurde von einem Qualitätsverlust in der Abwehr gesprochen. Konnten die neuen Spieler diesen Eindruck relativieren?
Das können gerne andere beurteilen. Ich habe immer gesagt: Ich möchte keine Vergleiche. Ich möchte nicht, dass ein Pjotr Chrapkowski oder ein Carlos Molina mit Finn Lemke verglichen werden. Das wäre nicht gerecht. Das sind unterschiedliche Typen mit unterschiedlichen Stärken und Schwächen. Und für mich ist nichts vergänglicher als der Erfolg von gestern. Im Leistungssport müssen wir uns jeden Tag von Neuem messen. Die Vergangenheit ist für mich also erledigt, ich versuche die Zukunft des Vereins neu zu gestalten und die Erfolge einzufahren.

Sie vertreten die Philosophie von der Abwehrmannschaft. Haben Sie Ihre ideale Konstellation im Mittelblock bereits gefunden?
Ich denke schon. In der Vorbereitung hat sich gezeigt, welche Formation die stabilste ist, ohne näher auf sie eingehen zu wollen. Das heißt aber nicht, dass ich mich über die Saison hinweg darauf festlegen muss. Ich habe den Luxus, ständig wechseln zu können. Den werde ich auch nutzen, um die Kräfte zu verteilen. Außerdem möchte ich einen homogenen Kader haben.

In welchem Bereich hat Ihr Team den größten Qualitätsgewinn?
Gute Frage. Ich hoffe, dass wir schneller zu jener Konstanz finden, wie wir sie gerade in der zweiten Hälfte der letzten Saison gefunden haben. Das hatte mich beeindruckt. Ich würde mir wünschen, dass wir von Anfang an ein gewisses Leistungsniveau nicht unterschreiten. In der Vorbereitung war das noch nicht der Fall, was allerdings verschiedene Gründe hatte. Trotzdem wird es interessant zu sehen, wie der Plan funktioniert hat, um vom ersten Spieltag an topfit zu sein. In der Bundesliga haben wir keine Zeit zum Experimentieren. Da gibt es keine erweiterte Vorbereitung, da gibt es von Beginn an nichts zu verschenken.

Gibt es einen Spieler, neu oder gestanden, der Sie bislang besonders überzeugt hat?
Ich habe Vertrauen in meinen Kader. Ich würde dem Teamspirit auch nicht gerecht werden, wenn ich jemanden herausheben würde. Aber es gibt ganz sicher Akteure, die sich in der Vorbereitung schon in einer guten Form präsentiert haben.

Der SCM hat nach dem Abgang von Tim Wiebe mit U-20-Weltmeister Juan de la Pena einen Perspektivspieler verpflichtet, der in erster Linie die Zweite verstärken soll. Wird er auch den 16. Platz im Bundesliga-Kader an den Spieltagen besetzen oder entscheiden Sie nach Gefühl und Gegner, welchen Youngster Sie mitnehmen?
Es gibt keinen Platzhalter bei uns. Und ich sage auch nicht, dass ich auf Biegen und Brechen den 16. Platz immer füllen werde. Die Spieler, die ihn besetzen, müssen auch eine Berechtigung dafür haben, sonst gebe ich ihnen ja keine Chance, sie an die Bundesliga ranzuführen. In meinen Gedanken kommen da derzeit drei, vier Youngsters infrage, mehr sind es leider noch nicht. Aber dazu gehört sicher auch Juan. Ich würde es nun nicht am WM-Titel festmachen, ob es für ihn in der Bundesliga reicht. Aber er hat Perspektive, und ich erwarte, dass man in der zweiten Mannschaft und der 3. Liga von ihm den Klassenunterschied sieht, den er eigentlich schon hat. 

Welche Rolle kann der SCM in der Meisterschaft spielen?
Ich glaube nicht, dass wir schon bereit sind, im Konzert der großen drei mit Kiel, Flensburg und Rhein-Neckar Löwen mitzuspielen. Dort ist die Kaderstruktur und der finanzielle Hintergrund doch noch ein anderer. Ich würde mich freuen, wenn wir uns gegen die Mannschaften dahinter behaupten. Denn es wird viele Vereine geben, die sich um die europäischen Plätze streiten. Melsungen hat sich bombastisch verstärkt, Hannover und Göppingen spielen nicht noch einmal solch eine schwache Saison wie die vergangene. Dieser Kampf wird vielleicht interessanter als der Meisterschaftskampf. Allerdings: Ruft ein Team aus der Top drei nicht konstant sein Leistungsvermögen ab, dann müssen wir bereit sein. Das waren wir schon in der letzten Saison, als wir Kiel und den Füchsen Berlin kaum Luft zum Atmen gelassen und bis zum Schluss die Chance auf die direkte Champions-League-Qualifikation hatten. Meine Mannschaft wird letztlich ihre Ziele formulieren. Und an diesen werden wir täglich arbeiten.

Sie hätten also nichts dagegen, wenn Ihre dritte Saison als Cheftrainer des SCM mit der Überschrift endet: „Champions League, wir kommen“?
Nein. Das ist das Ziel, das wir mittelfristig erreichen wollen. Jeder Spieler und jeder Trainer möchte auf diese Bühne. Aber ich möchte auch keine Traumschlösser bauen, sondern realistisch bleiben. Wir müssen uns auf dem Weg dorthin entwickeln. Und der Mannschaft das Ziel Champions League jetzt schon vorzugeben, den Druck auf sie zu erhöhen, würde ihr nicht gerecht werden. Wir wollen befreit auftreten. Und wenn wir bis zum Schluss oben mitspielen können, dann wäre das eine große Qualität.

Mehr Infos zum SC Magdeburg gibt es hier.