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Völler freut sich Herrlich neuer Trainer bei Bayer Leverkusen

Mehr als drei Wochen nach dem Saisonende hat Bayer Leverkusen einen neuen Trainer gefunden. Heiko Herrlich ist eine überraschende Lösung, im Nachhinein aber auch eine nachvollziehbare.

Von Holger Schmidt, dpa 09.06.2017, 18:58

Leverkusen (dpa) - Rudi Völlers Augen funkelten, der alte Kampfgeist war beim zuletzt sichtlich angeschlagenen Sportchef von Bayer Leverkusen zurück. "Bald geht hier die Post ab!", kündigte Völler bei der Vorstellung von Trainer Heiko Herrlich an.

Die ebenso überraschende wie unspektakuläre Auflösung der wochenlangen Trainersuche sorgte beim Fußball-Weltmeister von 1990 für Erleichterung und Aufbruchstimmung zugleich. Mit der dritten Wahl aus der zweiten Liga zurück in die erste Riege - so lautet Bayers Motto.

Völler bestätigte zwar am Freitag, sich bei der lange dauernden Trainerfahndung zwei Absagen eingehandelt zu haben. Doch von seiner Entscheidung zeigte er sich trotz namhafterer Kandidaten wie Lucien Favre und Thomas Tuchel überzeugt. Immerhin präsentierte er einen früheren Bayer-Spieler, der mit Jahn Regensburg überraschend von der vierten in die zweite Liga durchmarschiert war. "Für viele ist diese Lösung sicher ein bisschen überraschend", erklärte Völler: "Aber in den Gesprächen habe ich gemerkt, dass Heiko brennt für diese Aufgabe. Er würde am liebsten sofort anfangen." 

Auch von Außenstehenden bekam Bayer viel Lob für die Entscheidung. "Ich denke, dass das sehr gut passen kann", sagte Bundestrainer Joachim Löw. Weltmeister Toni Kroos bezeichnete den Schritt gar als "Super-Wahl. Ich kenne Heiko aus meiner Zeit bei der Junioren-Nationalmannschaft. Er ist ein toller Trainer", sagte der Mittelfeldstar von Real Madrid am Rande der Gala für die Toni-Kroos-Stiftung. Ex-Bayer-Manager Reiner Calmund sagte ebenfalls dort: "Es ist die richtige Entscheidung, mit diesem jungen Trainer was zu riskieren. Und in Verbindung mit dem alten Sack Rudi an seiner Seite wird es funktionieren."

Völler hat zwei Forderungen an den Ex-Nationalspieler, der mit Borussia Dortmund 1997 die Champions League gewann und nun einen Vertrag bis 2019 erhielt. Sportlich sei das Ziel "ganz klar, wieder international dabei zu sein". Und auf dem Weg dorthin sei es nach einer "verfluchten Saison" das Wichtigste, "den einen oder anderen Spieler einzufangen. Bei allen Matchplänen ist es auch die Hauptaufgabe eines Trainers, Gründe zu finden, warum Spieler nicht ihre Leistung abgeliefert haben, und sie wieder ins Boot zu kriegen".

Das Gesicht der Mannschaft wird sich aber unabhängig vom Ausschöpfen brachliegender Potenziale verändern. "Es wird sicher einige Abgänge geben", kündigte Völler an: "Und natürlich wollen wir dadurch nicht an Substanz verlieren. Ab Montag wird richtig Gas gegeben."

Für Herrlich selbst hat der Karriere-Sprung auch eine nostalgische Komponente. "Es hat ein bisschen was von Nach-Hause-Kommen", sagte der 45-Jährige, der vier Jahre für Bayer auf Torejagd ging und 1993 Teil des Teams war, das mit dem DFB-Pokal den bis heute letzten Titel gewann. "Ich bin damals als 17-Jähriger aus dem Schwarzwald hierhergekommen", berichtete er: "Und es war schön, auf der Geschäftsstelle Leute zu treffen, die schon zu meiner Zeit da waren."

Völler erwartet vom neuen Chefcoach unter anderem eine "klare Ansprache". Doch Herrlich stellte auch klar: "Ich will Spieler abholen und überzeugen. Und nicht von oben herab Dinge bestimmen." Schon als Spieler sei er "selten ein Häuptling gewesen. Ich war immer Indianer. Aber ich konnte gut beobachten". Während der wochenlangen Trainerfahndung Bayers waren fast ein Dutzend Namen öffentlich gehandelt worden. Mindestens an Favre, Tuchel, Peter Bosz und David Wagner bestand konkretes Interesse. Martin Schmidt war die Backup-Lösung. Für Trainer-Talent Domenico Tedesco hinterlegte Bayer nach dpa-Informationen keine Anfrage. Und auch die ins Spiel gebrachte Variante, den wegen Erfolglosigkeit bereits verabschiedeten Tayfun Korkut zurückzuholen, stand nie ernsthaft zur Debatte.

Herrlich galt 2009 schon einmal als kommender Mann auf dem Trainermarkt. Der VfL Bochum gab dem damals 37-Jährigen die erste Chance in der Bundesliga. Herrlich gewann von 22 Spielen aber nur vier und wurde vor dem Saisonende entlassen, der VfL stieg ab.

In Regensburg schaffte er in anderthalb Jahren zwei Aufstiege. Er ist aber ablösefrei, weil sich sein Vertrag nach Jahn-Angaben nur für die 3. Liga verlängert hatte. "Für die Fortsetzung der Zusammenarbeit in der 2. Bundesliga liefen ebenfalls Gespräche", teilte Regensburg mit. Völler kündigte aber ein Freundschaftsspiel vor dem Saisonstart an und sprach auch über "die Möglichkeit, einen jungen Spieler nach Regensburg abzugeben".

Mitteilung auf der Bayer-Homepage