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Rassismus-Verharmlosung Hertha-Profi Torunarigha: "Selten sowas Dummes gelesen!"

In einem Online-Artikel eines Berliner Wissenschaftlers wird Rassismus verharmlost. Das sorgt nicht nur im Umfeld von Fußballer Jordan Torunarigha und seinem Club Hertha BSC für viel Unmut. Für den Autor könnte der Text noch Konsequenzen haben.

Von Thomas Wolfer und Corinna Schwanhold, dpa 25.02.2020, 18:42

Berlin (dpa) - Fußballprofi Jordan Torunarigha von Hertha BSC wehrt sich energisch gegen die Verharmlosung von Rassismus. "Hab selten sowas Dummes gelesen!", schrieb der 22-Jährige vom Berliner Bundesligisten bei Twitter und verlinkte einen Text der Online-Plattform "novo-argumente.com".

In dem Artikel des Berliner Wissenschaftlers Prof. Dr. Stefan Chatrath heißt es unter anderem: "Fußballer, die professionell spielen, müssen Beleidigungen aushalten, das gehört dazu." Auch Hertha BSC machte nicht nur diese These bei Twitter wenig später sprachlos: "Ohne Worte..."

Konkret beschrieb Chatrath, der auch Stellvertretender Vorsitzender der wissenschaftlichen Kommission des Landessportbundes Berlin ist, in dem Text unter der Überschrift "Die Leiden des jungen Torunarigha" auch die Vorfälle um den früheren Junioren-Nationalspieler zuletzt beim Bundesligaspiel bei Schalke 04. Dort war der gebürtige Chemnitzer nach eigenen Aussagen rassistisch beleidigt worden.

"Ja, das mag wehtun, aber die Vorfälle ereigneten sich in einem Fußballstadion, wo es dazugehört, dass der Gegner mit Spott und Häme überzogen wird", schrieb Chatrath: "Natürlich kann ich es auch nicht schönreden, wenn im Stadion jemand Affengeräusche nachahmt, um schwarze Spieler zu beschimpfen. Das ist rassistisch, keine Frage."

Die Zeilen haben für Chatrath, der für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen war, nun ernsthafte Folgen. "Wir haben Herrn Chatrath mit sofortiger Wirkung von allen Lehrtätigkeiten entbunden", sagte Prof. Dr. Wolfgang Merkle von der University of Applied Sciences Europe am Dienstagabend der Deutschen Presse-Agentur.

Dort hatte Chatrath als Studiengangsleiter für Sport- und Eventmanagement gearbeitet. "Wir sind selbst ein international ausgerichtetes Unternehmen und stehen vor dem Hintergrund für das Thema Pluralität und Diversität." Die Aussagen seien nicht zu tolerieren und die Hochschule distanziere sich klar davon.

Auch der Landessportbund Berlin will über Konsequenzen beraten. Wie der LSB am Mittwoch auf dpa-Anfrage mitteilte, werde das Präsidium "in seiner Sitzung über den Verbleib von Herrn Chatrath in der Wissenschaftlichen Kommission entscheiden".

LSB-Präsident Thomas Härtel distanzierte sich klar von Rassismus: Die Äußerungen Chatraths seien unvereinbar mit dem Leitbild des Landessportbunds. Dieses würde sich gegen "jegliche Form von Diskriminierung, Extremismus, Gewalt und Missbrauch" richten und "Sport als eine Einladung an alle" verstehen.

Chatraths Verhalten passt dazu nicht. Der Professor der University of Applied Sciences Europe schrieb von einer "emotionalen Überreaktion von Jordan Torunarigha" beim Spiel Ende Januar in Gelsenkirchen. Weiter heißt es: Torunarigha sei "der einzige, der die Beleidigungen gehört hat". Und weiter: "Wäre es nicht möglich, dass Jordan Torunarigha sich verhört hat?" Für Chatrath sei grundsätzlich im Sport "alles erlaubt, solange der gegnerische Spieler physisch nicht so stark geschädigt wird, dass er ausgewechselt werden muss".

Auch bei Prof. Dr. Wolfang Merkle von der University of Applied Sciences Europe kamen die Zeilen nicht gut an. "Das entspricht überhaupt nicht unseren Grundlagen und Überzeugungen", sagte der Prodekan der dpa: "Wir sind selbst ein international ausgerichtetes Unternehmen und stehen vor dem Hintergrund für das Thema Pluralität und Diversität." Er könne die Aussagen "überhaupt nicht tolerieren. Wir distanzieren uns komplett davon". Ein persönliches Gespräch mit Chatrath habe es noch nicht gegeben, dieses solle aber folgen.

Chatrath fiel in der Vergangenheit schon durch seine ganz eigene Sicht auf die Dinge auf. So regte er auch an, Doping grundsätzlich für alle Sportler zu erlauben. Athleten "dürfen ihren eigenen Körper schädigen, das kann ihnen niemand verbieten, solange wir davon ausgehen können, dass sie eigenverantwortlich handeln", argumentierte der Wissenschaftler.

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