Fußball Drei Spieler mit Migrationshintergrund spielen in der Landesliga-B-Jugend des SV Eintracht Salzwedel Jeetzestädter zeigen dem Rassismus die Rote Karte
Afghanistan, Syrien, Rumänien und Deutschland - nein, wir sind nicht bei der Fußball-Weltmeisterschaft, sondern bei den Landesliga-B-Junioren des SV Eintracht Salzwedel. Dort sind momentan Spieler aus genau diesen vier Nationen aktiv.
Salzwedel l In der B-Jugend der Salzwedeler Eintracht, beheimatet in der Fußball-Landesliga, geht es multikulturell zu. Der Großteil der Spieler ist deutsch, doch Patrik Braun ist gebürtiger Rumäne, Mizgin Bero Syrer und Mohammad Sepehr Sadat, der übrigens erst seit der Rückrunde spielberechtigt ist, Afghane. Doch eine Sonderbehandlung für die Migranten Braun, Bero und Sadat gibt es von Trainer Jörn Brüder ganz gewiss nicht. "Sicherlich brauchen sie mehr Zuspruch, weil sie mit den Gegebenheiten nicht so vertraut sind und auch mal Verständigungsprobleme haben, doch eine Bevorzugung für sie gibt es nicht. Das sind alles Fußballspieler, bei mir gibt es keine Lieblinge", verrät Brüder. Am wenigsten bräuchte eine solche Sonderbehandlung wohl Patrik Braun. Der Mittelfeldregisseur spielt schon seit der G-Jugend, also fast zehn Jahre, für die Eintracht und ist daher längst eine Säule in der Mannschaft.
Von Mizgin Bero und Mohammad Sepehr Sadat, die beide noch nicht allzu lange in Deutschland leben, hat sich Salzwedels Coach schon ein gutes Bild gemacht. "Sie sind höflich und wollen immer lernen. Wenn man ihnen etwas erklärt, merkt man, dass sie die Ohren spitzen", verrät Brüder, der - und das gilt nicht nur beim Training, sondern auch im Spiel - doch eher sanft mit seinen Migranten umgeht. "Bei uns in der Mannschaft gibt es keine ¿Ausländer\', die Jungs respektieren sich gegenseitig. Sollte das anders sein, haue ich dazwischen", macht Jörn Brüder deutlich. Der Übungsleiter ist generell gegen Rassismus. "Fußball wird auf der ganzen Welt gespielt", veranschaulicht Brüder. Natürlich verzeiht er auch seinen Migranten mal Fehler. "Die machen wir alle. Die Jungs sind zuverlässig und haben hier bereits Fuß gefasst", lobt Brüder den tollen Charakter seines Trios aus fremden Nationen.
Der 15-jährige Patrik Braun ist praktisch bei der Eintracht aufgewachsen. Der technisch starke Mittelfeldspieler, der in Rumänien geboren wurde, ist laut seinem Trainer immer "bereit, Gras zu fressen, aber teilweise auch ein bisschen zu verspielt". Braun sagt über sich selbst: "Ich liebe es, den Ball am Fuß zu haben und das Spiel zu dirigieren." Der Teenager mit den Vorbildern Lionel Messi und Diego wird Salzwedel allerdings nach der Saison aus familiären Gründen den Rücken kehren und in die Nähe von Freiburg ziehen. Für ihn ist das natürlich sehr schade: "Ich habe mich hier bei der Eintracht immer wohlgefühlt und kenne alle Mitspieler natürlich sehr gut." Sowohl menschlich als auch sportlich wird Braun der Mannschaft von Jörn Brüder sehr fehlen. "Er hinterlässt ein großes Loch", weiß Brüder.
Seit zwei Jahren wohnt der ebenfalls 15-jährige Mizgin Bero in Salzwedel. Der Syrer hat laut seinem Coach "gut eingeschlagen". Der ruhige und höfliche Bero kann auf dem Platz aber auch anders: "Wenn er zum Einsatz kommt, dann brennt er", hat der SVE-Coach seinen Schützling schon bestens kennengelernt. "Ich fühle mich hier sehr wohl. Es macht Spaß, mit meinen Freunden aus der Schule zusammen zu spielen", sagt der Syrer, der im Mittelfeld "zu Hause" ist, ein wenig schüchtern. Gleich in seiner ersten Saison feierte Mizgin seinen ersten großen Titel. Mit der C-Jugend holte er in der Vorsaison den Staffelsieg in der Landesliga. "Ich bin sehr zufrieden mit ihm", fasst Trainer Brüder zusammen.
Ein "Frischling" ist hingegen Mohammad Sepehr Sadat. Der in Afghanistan geborene und im Iran aufgewachsene 17-Jährige kam erst vor zehn Monaten nach Deutschland. Sein erstes Ziel war jedoch nicht der SV Eintracht, sondern der BSV Salzwedel. Allerdings wollte man ihn dort bei den Männern in der 2. Kreisklasse noch nicht "verheizen". "Der BSV ist an mich herangetreten und hat mich auf ihn aufmerksam gemacht. Ich habe schon nach den ersten Trainingseinheiten gesehen, dass er eine echte Bombe ist", so Jörn Brüder. Allerdings dauerte es fast zwei Monate, bis "Mo" - so wird er von Trainer und Mitspielern liebevoll genannt - dann auch spielberechtigt war. Seit Beginn der Rückrunde schnürt Sadat die Schuhe für den SV Eintracht Salzwedel. Das soll, wenn es nach Brüder ginge, noch länger der Fall sein. "Wir wollen ihn auch für die A-Jugend binden. Mo hat lediglich eine Gastspielgenehmigung, die am 30. Juni endet", verrät Brüder. Ob Sadat also auch in der kommenden Saison für die Eintracht aktiv sein oder für Ortsnachbar BSV die Schuhe schnüren wird, steht momentan in den Sternen. "Fallen lassen wollen wir ihn auf keinen Fall", macht sein jetziger Trainer deutlich. Nach eigenen Angaben ist "Mo" ein echter "Kämpfer" und kannte schon einige seiner neuen Mitspieler aus der Schule. "Es macht viel Spaß", sagt der bescheidene gebürtige Afghane, der den Großteil seiner Kindheit im Iran verbracht hatte.
Über den BSV Salzwedel würde Jörn Brüder gern noch weitere Spieler mit Migrationshintergrund für seine Mannschaft - der Kader könnte laut Traineraussage ohnehin ein wenig größer sein - gewinnen. "Wir bleiben in Kontakt", verspricht er. In der Sommerpause trainierte auch ein Serbe namens Dorian bei den SVE-B-Junioren mit und stand kurz vor der Anmeldung. "Er war ein paar Mal beim Training, hat auch einen guten Eindruck hinterlassen, kam dann aber plötzlich nicht mehr. Ich habe mich erkundigt und herausgefunden, dass er aus familiären Gründen Deutschland verlassen musste. Das war natürlich schade", verrät Trainer Jörn Brüder. Mit ihm hat es also nicht geklappt, doch die Tür beim SV Eintracht Salzwedel steht auch für Migranten jederzeit offen. Soll heißen: Rote Karte dem Rassismus!