Leichtathletik Kugelstoßerin stellt den SCM mit ihrem Sinneswandel (kurzzeitig) vor ein Problem Kleinert: Zweiter Rücktritt vom Rücktritt
SCM-Kugelstoßerin Nadine Kleinert hat zum zweiten Mal ihre Zukunftspläne über den Haufen geworfen und setzt ihre Karriere nun doch noch ein weiteres Jahr fort. Mit ihrer "Rolle rückwärts" hatte die 36-Jährige ihren Verein - zumindest kurzzeitig - vor ein (Finanzierungs)Problem gestellt.
Magdeburg l Nadine Kleinert kann und will sich nicht damit abfinden, dass ihr Abgang bei Olympia in London kein glorreicher war. Statt des erhofften Finaleinzuges war die zuvor in Helsinki noch mit Pauken und Trompeten zur Europameisterin gekürte Magdeburgerin bereits in der Qualifikation gescheitert. Tränen statt triumphaler Abschied - das Ende ihrer Karriere hatte sich die 36-jährige "Grande Dame des deutschen Kugelstoßens" ganz anders vorgestellt.
Und so begann eine lange Phase des Zerissenseins. "Bleibe ich dabei und höre wie angekündigt auf, oder mache ich weiter? Immer wieder habe ich mir mit dieser Frage den Kopf zermartert. Ich wusste einfach nicht, wie ich mich entscheiden sollte", reflektiert die Olympia-Zweite von Athen 2004 den Kampf, den sie mit sich selbst in den letzten Wochen geführt hatte.
Dieses Ringen ist nun beendet, und das Ergebnis lautet folgendermaßen: "Mein Bauchgefühl sagt mir einfach: Mit dem Desaster bei Olympia kann ich nicht aufhören. Mich sang- und klanglos ohne Abschied aus dem Staub zu machen, das ist nicht mein Ding. Zudem haben mich viele meiner Konkurrentinnen in dem Gefühl bestärkt, ich sei immer noch gut genug, um vorne mitzumischen. Und gerade auch die deutschen Mädels haben gebettelt: Hör\' noch nicht auf, wir brauchen dich noch", erklärt die Kugelstoßerin ihre Beweggründe, "noch ein Jahr dranzuhängen".
Bereits 2007 hieß es: Nach Peking ist Schluss!
Dabei hatte Nadine Kleinert, die sich erste Sporen als Übungsleiterin im Nachwuchsbereich verdiente, immer "Angst davor", wie einige andere alternde Leichtathletik-Ikonen den Zeitpunkt für den perfekten Absprung in ein normales Leben und in den Beruf zu verpassen. "Es ist schade, wenn der Lack dann einen Kratzer nach dem anderen bekommt, das muss ich nicht haben", hatte sie vor einem Jahr noch zu Protokoll gegeben, als sie ankündigte, nach London sei definitiv Schluss.
Übrigens: 2007 hatte sie das schon einmal gesagt. Da hieß es, nach Olympia 2008 in Peking werde sie die Kugel aus der Hand legen. Damals liebäugelte das Leichtathletik-Aushängeschild mit einem Wechsel ins Box-Profilager. Doch diese Pläne verwarf Kleinert spätestens nach den ersten schmerzhaften Sparringsrunden. Es folgte die Rückkehr in den Kugelstoßring und 2009 bei der Heim-WM in Berlin der erste 20-Meter-Stoß ihrer Laufbahn, der mit dem Vize-Weltmeistertitel belohnt wurde.
Ihr erneuter Sinneswandel stellte den SCM, der sich im Vorfeld für einen reibungslosen Übergang seines Aushängeschildes ins Berufleben stark gemacht und entsprechende Weichen bereits gestellt hatte, allerdings vor ein Problem. Kleinert: "Als ich bei den Verantwortlichen vorstellig wurde, hieß es: Weitermachen geht nicht, dein Budget ist bereits verplant. Das war wie ein Schlag ins Gesicht. Und ja, ich war auch ziemlich sauer, dass man mir so vor den Kopf stößt und schnell vergessen hatte, dass ich jahrelang für den Verein meine Knochen hingehalten und immer wieder die Kastanien aus dem Feuer geholt habe."
Inzwischen haben sich die Wogen geglättet. "Wir sind dabei, einen Kompromiss zu finden", so Kleinert. SCM-Präsident Dirk Roswandowicz erklärte dazu: "Zugegeben: Nadines Rücktritt vom Rücktritt kam für uns überraschend, das war in unseren Planungen für die WM-Saison 2012/13 nicht vorgesehen. Wir suchen aber gemeinsam mit dem OSP und dem LSB nach einer Lösung, Nadine, die zweifellos Verdienste und wertvolle Erfahrungen in ihrer Karriere erworben hat, zu unterstützen. Unser Wunsch ist es, sie als Nachwuchstrainerin für unser neugegründetes Elite-Wurfteam zu gewinnen."
Und auch bei OSP-Leiter Helmut Kurrat traf "Kleini" auf offene Ohren: "Wir werden Nadine auf ihrer Abschiedstournee unterstützen, gleichzeitig aber auch darauf drängen, dass sie im Rahmen des Berufsförderungsdienstes der Bundeswehr ihre Trainerausbildung vorantreibt."