1. Startseite
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Lokalsport Magdeburg
  6. >
  7. Niegripp tritt freiwilligen Rückzug an

Fußball Niegripp tritt freiwilligen Rückzug an

Die SG Blau-Weiß sieht ihre Zukunft nicht mehr in der Landesliga.

Von Björn Richter 13.05.2020, 01:01

Niegripp l So etwas wie den perfekten Zeitpunkt gibt es in diesen Zeiten ja ohnehin nicht. Und so mochte sich Jürgen Wust in der letzten Aprilwoche zunächst gar nicht der Tragweite seiner Aussage bewusst gewesen sein. Manch anderer der zugeschalteten Teilnehmer in der Videokonferenz hatte sie vielleicht sogar überhört, weil er gerade die Lautstärke an den Kopfhörern geregelt oder parallel seine E-Mails gecheckt hat. Beiläufig bis deutlich hatte der stellvertretende Fußball-Abteilungsleiter bei Blau-Weiß Niegripp den freiwilligen Rückzug angekündigt. Ein weiteres Spieljahr in der Landesliga wird es für die erste SG-Männermannschaft nicht geben, wenngleich Wust einschränkt: „Wir können noch nicht von einer Entscheidung sprechen, solange die Entscheidung des FSA über den Fortgang der Saison noch aussteht.“ Wohl aber von einer Tendenz mit Blick auf die Zukunft. Und diese wird über das ungewisse Ende der Spielzeit 2019/2020 hinaus in Niegripp nicht mehr im 16er-Feld der Nord-Staffel zu suchen oder finden sein.

So weit gingen die Blicke in der Videoschalte, in der knapp zwei Dutzend Vertreter der Nord- und Süd-Staffel in den Dialog mit dem FSA traten, allerdings noch gar nicht voraus. Vielmehr wollte sich der Verband ein Meinungsbild der Clubs einholen, wie es mit der aktuell unterbrochenen Spielzeit weitergehen soll. Eine klare Mehrheit sprach sich dabei für einen Abbruch der Saison aus. „Diese Position hätten wir sofort mitgetragen“, blickt Wust zurück. Nun allerdings hat der FSA ein erneutes Votum seiner Mitgliedsvereine anberaumt. Die Frist für die Rückgabe der Fragebögen endet am Mittwoch um 18 Uhr. Großartige Verschiebungen bei der Abstimmung werden nicht erwartet. Auch in Niegripp ist die Haltung „ziemlich eindeutig“, was bedeutet, dass die Sportgemeinschaft weiterhin einen Abbruch der Serie 2019/2020 favorisiert.

Ein vorzeitiges Ende würde den Blau-Weißen dann auch einen Kampf ersparen, der eigentlich nicht mehr zu gewinnen ist. Das abgeschlagene Schlusslicht dürfte wohl selbst bei noch 14 ausstehenden Partien allenfalls einen bis zwei Plätze klettern. „Die Tabelle kann über ein ganzes Jahr hinweg nicht lügen“, räumt Wust ein. Schon die Tatsache, dass sich die SG als Verein, in dem keine finanziellen Zuwendungen fließen, über anderthalb Spielzeiten in der zweithöchsten Spielklasse des Landes hielt, hat seinen Platz in der Vereinschronik sicher. „Ich ziehe den Hut davor, wie sich die Truppe nach der nervenaufreibenden Relegation am Ende der vergangenen Spielzeit noch einmal aufgerafft hat“, so der frühere Coach. Kurzfristige Abgänge im Sommer 2019, ausbleibende Verstärkungen und anhaltendes Verletzungspech in der Hinrunde haben allerdings dafür gesorgt, dass die SG nun steht, wo sie steht. Oder wie Wust es ausdrückt: „Die Mannschaft und wir als gesamter Verein sind an unsere Grenzen gestoßen.“

Zweifler mögen sich rückblickend bestätigt sehen, doch bereut hat man es am Alten Kanal zu keinem Zeitpunkt, sich 2018 dem Aufstieg und damit der großen Herausforderung gestellt zu haben. „Wir sind seit 1997 fast ausschließlich im Landesmaßstab unterwegs. Die zwei Unterbrechungen, als es nach unten in die Kreisoberliga ging, einmal ausgenommen, aber dabei ist uns ja auch stets der direkte Wiederaufstieg gelungen“, blickt Wust nicht ohne Stolz zurück. Ob nun durch eine sportliche Entscheidung oder Nicht-Meldung für die neue Landesliga-Saison, schmälern würde ein tieferklassiges Intermezzo diese Bilanz nicht. „Wir begreifen die Landesklasse nicht als Abstieg. Wie uns die Vergangenheit gezeigt hat, warten auch dort genügend sportliche Herausforderungen auf uns.“

Mit dem Vorhaben zum freiwilligen Rückzug hat die SG Blau-Weiß trotz der aktuell unklaren Lage in der Corona-Krise also eine gewisse Planungssicherheit. Zuletzt hatten sich bereits weitere Veränderungen im Kader sowie im Trainerteam angedeutet. Gespräche mit potenziellen Neuzugängen gibt es allerdings noch nicht. „Wir befinden uns noch in der Findungsphase, wenn man so will. Und bevor man andere Kontakte bemüht, sind es die Spieler aus der aktuellen Mannschaft, mit denen man zuallererst sprechen sollte. Wir möchten allen, die es wollen, eine Perspektive bieten.“

Nach einer Aussicht lechzen dieser Tage allerdings nicht nur die beiden Männermannschaften, sondern insbesondere die jungen Kicker im Verein, der in der B-, C- und D-Jugend eine Spielgemeinschaft mit dem SV Eintracht Hohenwarthe bildet. Doch auch die in der Vorwoche erlassene 5. Corona-Eindäummungsverordnung, die das Training in Kleingruppen theoretisch möglich macht, bringt in Niegripp keine neuen Entwicklungen mit sich. „Ich habe mich intensiv damit beschäftigt, aber halte es für ganz schwierig, Training in Fünfer-Teams zu absolvieren. Dennoch brennt vor allem der Nachwuchs auf eine Rückkehr auf die Plätze.“ Auch die turnusmäßige Vorstandssitzung konnte am gestrigen Dienstag keine klaren Antworten liefern. Doch entscheidender als das Wann scheint aktuell ohnehin die Frage, wie es weitergeht bei der SG Blau-Weiß.