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Handball Keine Halle, kein Problem

Wie die weibliche E-Jugend des SV Chemie Genthin der Corona-Krise trotzt.

Von Karolin Pilz 02.06.2020, 23:01

Genthin l Irgendwo am Ende einer Stichstraße in der Genthiner Ortsmitte. Hinter zahlreichen Gewächshäusern führt der Weg auf dem Grundstück von Kathleen Asmus auf eine große Wiese. An der Stirnseite hat die Trainerin der weiblichen Handball-E-Jugend des SV Chemie Genthin ein Tor aufgebaut. Eigentlich für fußballerische Zwecke gemacht, dient es ihren Schützlingen derzeit dazu, am eigenen Wurf zu feilen. In Zeiten gesperrter Sporthallen bleibt nur die Flucht ins Private und damit eben auf das große Grundstück von Asmus, die erklärt: „Diese Möglichkeiten hat sicherlich nicht jeder. Aber wir haben sie und wollen sie gemeinsam nutzen.“

Mehrmals in der Woche lädt die 43-Jährige zu sich nach Hause ein. In kleinen Gruppen wird gemäß der geltenden Verordnungen in einigem Abstand für zwei Stunden trainiert. „Dafür stehe ich mit den Eltern und Kindern in engem Kontakt. Wir nutzen eine Liste, in die sich die Kinder eintragen, wenn sie trainieren möchten.“ Sagt eines der Mädels ab, freut sich ein anderes. Die freien Slots sind heiß begehrt.

Das Training beginnt stets mit einer Erwärmung, in der sich die Mädchen über eine größere Distanz den Ball zuspielen. „Die Hände bilden beim Fangen einen Korb, denkt daran“, erinnert Asmus ihre kleine Auswahl an diesem Nachmittag. „Es ist mit der Zeit schon besser geworden. Vor allem bei unserer neuen Spielerin Stefanie Kuhn sieht man bereits nach kurzer Zeit, dass sie ein gutes Ballgefühl entwickelt hat“, zeigt sich die Trainerin stolz über den sichtbaren Erfolg des Neuzugangs.

Anschließend wird sich den Würfen gewidmet. Die Spielerinnen passen den Ball zu ihrer Trainerin, die umgehend wieder ablegt, damit sich ihre Schützlinge im Sprung- und Stemmwurf üben. Dass der Nachwuchs statt den vorgegebenen drei Schritten manchmal noch vier macht, wird großzügig übersehen. „Das Fangen und Werfen hat Vorrang. Wichtig ist, dass sie mich ansehen, wenn sie den Ball von mir zurückbekommen. Gerade im Spiel ist Blickkontakt wichtig, um unnötige Ballverluste zu vermeiden“, weiß Asmus.

Dass ihre Mannschaft mit großem Eifer bei der Sache ist, erkennt man schnell: Alle sind ständig in Bewegung. Einige japsen bald nach Luft. „Kathleen, ich kann nicht mehr“, ist zwischendurch zu hören. Die engagierte Trainerin reagiert und schickt ihre Schützlinge zur Trinkpause. Unter dem Carport liegen die Sporrttaschen und Trinkflaschen bereit. Nach dem ersten Schluck werden dann aber doch recht schnell wieder die Bälle geprellt oder die Katzen gestreichelt. Schnell sind die Akkus wieder aufgefüllt, nur mit der Konzentration ist es nach einer Pause manchmal schwierig. Die Vierbeiner üben noch immer eine große Faszination aus und scheren sich nicht sonderlich um Trainingsfortschritte.

Unterdessen hat die Übungsleiterin weiter improvisiert. Asmus nutzt die zahlreichen Blumentöpfe, um einen etwa 30 Meter langen Parcours zu errichten. Einweisung überflüssig. „Die Mädels wissen genau, welche Aufgaben auf sie warten. Nur an den Handwechsel beim Prellen muss ich sie das eine oder andere Mal noch erinnern“, lacht die Trainerin. Dank der Länge des Parcours und den einhergehenden Aufgaben ist jede Spielerin ständig auf der Strecke unterwegs, dribbelt sich durch die Blumengefäße hindurch, wirf auf den Basketballkorb an der Wand oder sprintet zur Startlinie zurück. „Ich kann nicht mehr“, ist nun wieder häufiger zu vernehmen und nach einigen weiteren Runden geht es doch wieder in die sehnsüchtig erwarteten Trinkpause.

Unter den vier Spielerinnen wird die Unruhe spürbarer. „Kathleen, können wir zum Abschluss wieder verstecken spielen?“ Asmus lacht und befürwortet den Wunsch. Während ihre Schützlinge jeden Winkel des Grundstücks nach einem geeigneten Versteck erkunden, berichtet die Trainerin, wie viel Freude die Einheiten ihren Mädels und auch ihr selbst bereiten. „Sie wollen ja alle und der Bewegungsdrang ist enorm. Wenn sich nun offiziell wieder bis zu fünf Personen treffen dürfen, dann nutzen wir das aus. Auch, wenn es vorerst noch bedeutet, dass wir auf der Wiese und auf Distanz spielen müssen. Irgendwann wird es mit dem Handball weitergehen und wenn es soweit ist, dann sind wir alle fit.“