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Handball Gegen die Umstände, fürs Selbstvertrauen

Eintracht bezwingt USV Halle II mit 34:30 (16:14).

Von Björn Richter 11.01.2016, 12:29

Gommern l Der SV Eintracht Gommern hat sich am Sonnabend sein lang ersehntes Erfolgserlebnis geholt. Nicht nur, dass die Sachsen-Anhalt-Liga-Handballer von der Ehle ihr Heimspiel gegen den USV Halle II mit 34:30 (16:14) gewannen, auch die beeindruckende Art und Weise des Sieges ließ für die kommenden Aufgaben hoffen.

Dmitry Radkevich schlug eine solch beeindruckende Rechts-Links-Kombination gegen die Holzvertäfelung in der Gommeraner Sporthalle am Europagymnasium, dass einem die eigenen Handknöchel vor Angst leise entgegenwimmerten. Sven Herrmann ballte dagegen wie nach Torerfolgen üblich die Faust und legte zügig den Rückwärtsgang ein. Die Box-Einlage des USV-Trainers nach einem Kollaps der eigenen Abwehr und der Jubel von Gommerns Kreisspieler nach seinem Treffer zum 20:17 lieferten nach 39 Minuten nicht nur ein gutes Stimmungsbild auf beiden Seiten. Sie waren zugleich Ouvertüre zu einer Schlussphase, die es noch einmal in sich hatte.

Wenngleich sich nach dem 4:0-Start der Eintracht (8.) der Vorsprung stets im Bereich zwischen zwei und vier Toren bewegte – wirklich sicher konnte niemand sein, dass der dritte Gommeraner Saisonsieg auch tatsächlich zustande kommen würde. „Als wir uns in den letzten zehn Minuten einer Offensivdeckung gegenübersahen, hat man deutlich gesehen, dass dieses Spiel seinen konditionellen Tribut gefordert hatte. Man darf nicht vergessen: In der ersten Hälfte hatten wir durch Verletzungen teils nur einen Wechselspieler. Dazu kam, dass ab der 45. Minute Max Rühl und Sven Herrmann mit 2x2 Minuten vorbelastet waren“, erklärte SVE-Coach Dirk Heinrichs.

Fehlende Alternativen von der Bank fingen er und das Team jedoch mit taktischer Variation ab. Mit einer Manndeckung gegen Halles gefährlichsten Schützen Robert Kalbitz gestartet, stellten die Hausherren defensiv von der 3-2-1-Deckung nach Wiederbeginn auf eine 6-0-Formation um. Das Erfolgsrezept, das in den ersten 30 Minuten schnelle Ballgewinne für eine 9:5- (15.) und 14:10-Führung (25.) ermöglicht hatte, griff nun zwar nicht mehr, doch dafür schlug nun die Stunde von Keeper Marcus Sindermann. Im Zusammenspiel mit der stabilen Abwehr, die weitgehend ohne den angeschlagenen Herrmann im Innenblock auskommen musste, zeigte Gommerns Schlussmann im zweiten Abschnitt neun wichtige Paraden.

Improvisation ist alles

Dass personelle Not erfinderisch macht, hatten die Gastgeber bis dahin auch in der Offensive bewiesen. Am Kreis gab Alexander Schäde ein mehr als passables Gastspiel und auch Rühl zeigte auf Aufbau Mitte, dass er kein reiner Abwehrspezialist ist. Die Zahlen gaben den Gommeraner Improvisationstalenten Recht: Nur fünf Fehlwürfe und vier Ballverluste/Technik-Regel-Fehler standen in der ersten Hälfte zu Buche – in Anbetracht der Umstände und gegen handballerisch hervorragend ausgebildete Gäste keine Selbstverständlichkeit. Doch mannschaftliche Geschlossenheit und laut Heinrichs „das Quäntchen Glück, das uns bislang so oft gefehlt hat“, sorgten dafür, dass der SVE die Führung nicht hergab.

Weil das Kollektiv funktionierte, konnte auch der Einzelne glänzen. Allen voran Philipp Eckhardt, der mit zwölf Toren großen Anteil am Erfolg trug. Den sehenswertesten Treffer des Spiels erzielte hingegen Rückkehrer Hagen Sommerfeld beim 24:20 (45.): Der Halbrechte bot mit einem Hüftwurf, der sich von unten in den linken oberen Torwinkel schraubte, große Handballkunst. Beflügelt von den Erfolgserlebnissen, verwaltete die Eintracht den Vorsprung bis zum Schluss, ließ sich auch durch Halles 4-2- und schließlich offene Manndeckung nicht mehr von der Siegerstraße abbringen.

So konnten dann auch leidgeprüfte Gommeraner Fans nach langer Zeit wieder ein „Oh, wie ist das schön“ erklingen lassen. Und tatsächlich hatte man so etwas lange nicht gesehen. „Mannschaftlich war das unsere bisher beste Saisonleistung. Die Jungs haben kollegial und diszipliniert gespielt. Die Fehlerquote war erfreulich gering. Jeder hat ruhig und bedacht die Vorgaben umgesetzt“, lobte Heinrichs seinen dezimierten Kader, um den sich Anfang der Woche bei einem Trainingsspiel gegen Süd-Verbandsligist Jessener SV nicht nur der Trainer große Sorgen machen musste. „Vor dem Spiel habe ich zur Mannschaft gesagt, dass sie diesen Druck, unter dem wir stehen, nicht vergessen soll. Aber im Vordergrund steht eben der Spaß am Handball. Und den hatten wir heute.“

Gommern: Sindermann, Hartung, Kirchner – Eckhardt (12), Einwiller (1), Sommerfeld (3), Rühl, Schäde (5), Böttcher (2), Kaese (7/4), Herrmann (4)
Halle: Fillies – Schulze (3/1), Jahreit (3), Hieronymus (5/1), Wagner, Kern (3), Tannhäuser (1), Suchanke (2), Rombusch (2), Pietruschka, Großmann (4), Kalbitz (7)
Siebenmeter: SVE 4/4 – USV 2/2; Zeitstrafen: SVE 5 – USV 3