1. Startseite
  2. >
  3. Sport
  4. >
  5. Lokalsport Magdeburg
  6. >
  7. Traditionsbruch im Sinne der Zuschauer

Reitsport Traditionsbruch im Sinne der Zuschauer

Der RFV von Bredow Lostau weckt mit seinem zweitägigen Turnier schon jetzt die Vorfreude auf das kommende Jahr.

Von Björn Richter 20.07.2016, 01:01

Lostau l Von einem Sturm der Entrüstung konnte freilich keine Rede sein. Ein paar Fragen hatte Anika Fehse am Sonntagnachmittag dann aber doch in den Gesprächen mit den Zuschauern zu beantworten. Die häufigste dürfte gewesen sein: Was ist aus der Quadrillenfahrt geworden? Die Antwort war zweiteilig, aber simpel, wie die Vereinsvorsitzende des RFV von Bredow Lostau erklärte: „Einerseits wollten wir diesmal etwas Neues probieren. Andererseits steht im kommenden Jahr unser 90-jähriges Vereinsjubiläum an. Dort wird es dann auch wieder eine richtig große Quadrillenfahrt geben.“

Der Bruch mit einer altbewährten Lostauer Tradition war also eine bewusste Entscheidung. Und ersatzlos wurde das Figurenfahren, bei denen die Kutsche beinahe Ausdrucksmittel der Kunst wird, ja nun wirklich nicht gestrichen. Stattdessen bog das Turnier erstmals mit einem Hindernisfahrwettbewerb auf seine Zielgerade ein. Und wie es sich für den kleinen Elbeort gehört, war dieser alles andere als gewöhnlich: „Wir dachten uns: Vier Pferde sind doch auch ein Highlight“, sagte Fehse mit Blick auf den Wettbewerb für Vierspänner. Dass dabei auch Improvisation gefragt war, zahlte sich am Ende sogar aus: „Es war sehr erfreulich, dass immerhin sechs Gespanne zusammengekommen sind. Wie dabei die jungen und kleinen Pferde zusammen mit den ganz Großen über den Parcours geflitzt sind, war ein schönes Bild und ich denke, dass es auch bei den Zuschauern gut ankam.“

Letztlich war es dabei auch zu verschmerzen, dass die Gastgeber mit dem Sieg in der neuen Prüfung nichts auszumachen hatten. Ihren Ruf als Top-Adresse des Fahrsports untermauerten die Lostauer schließlich anderswo zu genüge. Ob beim kombinierten Fahrwettbewerb der Zweispänner oder dem Dressurfahren der Klasse A für Zweispänner: Der gastgebende RFV von Bredow hatte dank Ulrich und Wiebke Fehse, Hartmut Petschmann, Frank Linke und Hartmut Meißner ein Abonnement auf die vorderen Plätze. In den beiden genannten Wettbewerben besetzten die Starter des Gastgebervereins sogar in Gänze das Podium der Ränge eins bis drei. „Insbesondere mit dem diesjährigen Abschneiden im Fahren sind wir natürlich sehr, sehr zufrieden“, so die Vereinschefin.

Wenngleich mit Katalin Fehse und Michael Petschmann nur zwei Springreiter im Verein aktiv sind, trugen sie mit ihren Leistungen zur starken Gesamtbilanz bei. Während die einzige Lostauer Spring-Amazone je einen zweiten, vierten und fünften Platz verbuchte, vergoldete Petschmann mit seinen zwei Siegen in den Zwei-Sterne-A-Springprüfungen und Platz eins im L-Punktespringen sein Wochenende. Wie für alle Starter des Gastgebers waren die Erfolge umso höher zu bewerten, da es den Spagat zwischen Turnierhelfer und Aktivem zu meistern galt: „In der vorangegangenen Woche waren wir jeden Abend auf dem Platz und haben das Turnier vorbereitet.“

Von den erstklassigen Bedingungen, denen auch ein Schauer am Sonntagmorgen keinen Abbruch tat, profitierte letztlich auch Hendrik Ernst. Der Starter vom Reitverein Königsborn wiederholte beim großen Finale, dem M*-Springen mit Siegerrunde, seinen Vorjahreserfolg und sicherte sich mit beachtlichen zwei Sekunden Vorsprung Platz eins vor Oliver Klüsener (Wörmlitzer SV 90) und Hendrik Holländer (RV Ihleburg).

Als somit auch die letzten Schleifen des Wochenendes vergeben waren, konnten die Veranstalter nicht nur zufrieden auf den reibungslosen Ablauf der zurückliegenden zwei Tage zurückschauen, sondern auch den Blick schon einmal in die Zukunft richten. Der 90. Vereinsgeburtstag im kommenden Jahr wirft seine Schatten voraus und soll gebührend gefeiert werden. So wird es neben der großen Neuauflage der Quadrillenfahrt auch einen festlichen Umzug durch die Ortschaft und ein entsprechendes Jubiläumsprogramm auf dem Turnierplatz geben.

Viel weiter hinaus gehen die Gedanken vorerst nicht, denn zwischen alle Vorfreude mischt sich eine nicht unbegründete Angst, wie Anika Fehse durchblicken ließ: „Wir müssen uns mit der Vorstellung anfreunden, dass die nächste Auflage vielleicht auch die letzte ist.“ Denn über der nach der Flutkatastrophe im Jahr 2013 mühe- und liebevoll wieder hergerichteten Anlage im Alten Dorf schwebt nach wie vor ein Damoklesschwert: Die geplante Trassenführung des neuen Elbdeiches würde bekanntlich auch den Reitplatz durchqueren und so einem Umzug unumgänglich machen.

Die Gespräche mit der Gemeinde Möser und dem Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft sollen im September fortgesetzt werden. „Dann sehen wir, wie es konkret weitergeht“, so die Vereinsvorsitzende. Die Vorstellung, dass das traditionsreiche Turnier samt lebendigem Vereinsleben über 2017 hinaus keine Fortsetzung erfährt, mag sich niemand ausmalen. Ein diesmal tatsächlicher Sturm der Entrüstung wäre in jedem Fall vorprogrammiert.