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Fußball Kanter möchte sich für die Reserve einsetzen

Beim VfB Germania hatte man ursprünglich ein „Spiel der Legenden“ geplant.

Von Florian Bortfeldt 15.06.2020, 05:00

Halberstadt l Anlass: Vor 20 Jahren wurde unter dem Trainerduo Frank Lieberam und Frank Lindemann der Halberstädter Fußball aus einem nahezu Dornröschenschlaf geweckt. Es gelang der große Wurf – nämlich die Meisterschaft in der Landesliga. Beim Aufstieg war Dirk Kanter einer der Protagonisten.

Sportredakteur Florian Bortfeldt blickt gemeinsam mit ihm zurück.

Volksstimme: Zum geplanten Spiel: Da hatten Sie die Oberhand als Initiator. Gibt es einen Ersatztermin oder wurde es komplett gestrichen?

Dirk Kanter: Ich hatte im Herbst letzten Jahres die Idee zu diesem Spiel und habe unseren damaligen Kapitän, André Bergfeld, und René Cunaeus, der ja für den VfB Germania auch sehr viel getan hat, ins Boot geholt. Natürlich wollen wir das Spiel nachholen, dann eben 2021, so es die Bedingungen zulassen.

Mit wem dürfen die Fans außer den Genannten rechnen, welche Größen von damals haben sich angesagt?

Wir wollen möglichst viele Spieler aus der damaligen Mannschaft dabei haben, so wie zum Beispiel Jens Neumann, Thomas Hoppe, Stefan Ruppers, Karsten Genschmar oder Frank Bergmann – um nur einige bekannte Namen zu nennen. Natürlich auch das Trainerteam Lieberam und Lindemann.

Sie hatten mit etlichen Toren großen Anteil am Aufstieg, wie ordnen Sie das rückblickend ein?

Es waren 25 Tore in der Saison, die ich zum Aufstieg beisteuern konnte. Aber dafür waren auch meine Mitspieler verantwortlich, die tollen Flanken zum Beispiel von André Bergfeld oder das Zusammenspiel mit Mario Wedde zum Beginn der Saison und später mit Erik Hartmann, der ja dann die Torjägerkanone bekam. Natürlich war ich manchmal auch etwas eigensinnig und habe nur das Tor vor mir gesehen, aber letztlich war es eine super Saison.

Erik Hartmann meinte zuletzt mit Blick zurück auf den Aufstieg, dass Trainer Frank Lieberam großen Anteil hatte, und dass dieser immer das gesamte Umfeld im Blick hatte. Wie erklären Sie 20 Jahre danach den erfolgreichen Weg des damaligen Trainers?

Für Frank war das manchmal gar nicht so einfach, wenn du als Spielertrainer mit auf dem Platz stehst, aber er hat da schon eine Menge angeschoben: Erst einmal mit wenig finanziellen Mitteln, die zur Verfügung standen, viel über Motivation und er hat die Führungsspieler in die Verantwortung genommen. Er hatte eine Vision, wie der Verein in ein paar Jahren aussehen könnte, was ja dann auch so gekommen ist.

Gibt es weiterhin Kontakt zum damaligen Trainergespann bzw. trifft sich das Team auch abseits des Legendenspiels regelmäßig, um in Erinnerungen zu schwelgen?

Ich habe zu beiden Trainern regelmäßigen Kontakt. Zu Frank Lieberam, da ich dann irgendwann selber Trainer war und weil wir uns nie aus den Augen verloren haben. Zu Frank Lindemann, der ja die ganze Zeit in Halberstadt war, ist das Verhältnis intensiver gewesen, da wir uns bei den alten Herren immer gesehen haben. Aber auch das Verhältnis zu vielen Spielern ist sehr gut, da wir immer noch zusammen kicken und das Verhältnis von damals sich positiv auf die Alten Herren ausgewirkt hat. Natürlich werden da immer alte Geschichten erzählt, zum Beispiel über die Auswärtsfahrten mit „Mama“ Achim Kleine oder die Feiern mit Frauen, Sponsoren, Vereinsmitgliedern und Vorstand bei Kalle Baumann.

Das hört sich nach einer eingeschworenen Truppe an. Damals lag der Fokus mehr auf Regionalität, gerade die Spieler betreffend. Viele waren aus Halberstadt und der unmittelbaren Umgebung. War das eines der Erfolgsrezepte?

Man darf natürlich nicht vergessen, welche Liga wir gespielt haben, da haben überregionale Spieler fast gar keine Rolle gespielt. Ein Erfolgsrezept war es dennoch, da wir alle Halberstadt wieder höherklassig spielen sehen wollten und die Umgebung uns Spieler kannte.

Vom damaligen Team stehen auch heute noch zahlreiche direkt oder indirekt in Verbindung mit der Germania. Warum ist diese „Connection“ so dauerhaft?

Natürlich hat uns diese Zeit an den Verein gebunden, da dreht man nicht einfach den Rücken zu. Wenn wir es damals alle noch nicht so realisiert haben, aber es war ein Startschuss in die Zukunft. Viele Spieler haben auch ihre berufliche Zukunft durch den Verein und seine Sponsoren in Halberstadt gefunden, sind dadurch ortsansässig geblieben. Meine Tochter Franzisca und mein Sohn Felix haben für Germania gespielt, ich war Trainer der Zweiten, der A-Jugend und B-Jugend und ich habe dadurch soviel Dinge erleben dürfen, die Kraft gekostet haben aber auch sehr schön waren. Die Dankbarkeit der Eltern und Kinder ist unbezahlbar.

Seit 2000 sind etliche Spieler und Trainer gekommen und gegangen. Welche davon haben bei Ihnen einen Eindruck hinterlassen bzw. haben zur positiven Entwicklung des Vereins beigetragen?

Als Spieler haben nach 2000 viele Eindruck hinterlassen, aber am meisten Enrico Gerlach, der selbst zum Sinnbild für Germania wurde. Thomas Pfannkuch, der internationale Erfahrung hatte und ein super Fußballer und Kumpel war, sowie Andreas Petersen, der eine Mannschaft pushen konnte wie kaum ein anderer.

Sie sind der Germania bis heute treu geblieben, sprechen die Dinge immer auch kritisch an. Was lief zuletzt nicht so gut, wo sollte der Verein Ihrer Meinung nach anders agieren?

Natürlich habe ich meine Meinung immer geäußert – positiv wie auch kritisch. Ich glaube, dass es immer etwas zu verbessert gibt, das sollten die Leute, die in der Verantwortung sind, intern klären. Ich versuche in der Öffentlichkeit ein positives Bild der Germania zu vermitteln, das sollte jeder, der mal in diesem Verein war, auch machen, dann interessieren sich die Leute wieder für den Verein. Meiner Meinung nach haben viele vergessen, was sie dem Verein zu verdanken haben. Wenn ich nach meiner Meinung gefragt werde, helfe ich gern und das wird auch immer so bleiben!

Dann frage ich nach Ihrer Meinung hinsichtlich der Nachwuchsarbeit bzw. das Reserveteam betreffend. Immerhin hat auch Ihr Sohn die klasse Ausbildung beim VfB genossen, auf dem Weg in den Männerbereich entschied er sich aber wie viele andere für einen anderen Verein. Wieso?

Die Nachwuchsarbeit ist seit vielen Jahren die beste, die unter diesen Bedingungen möglich ist, das dürfen wir nicht aus der Hand geben. Die Aufstiege der A-und B Junioren haben uns unsere Grenzen aufgezeigt, waren aber eine tolle Erfahrung, insbesondere da ich sie mit meinem Sohn miterleben durfte. Die Regionalliga ist für die jungen Spieler des Vereins sehr schwierig zu erreichen. Am konkreten Beispiel meines Sohnes war es so, dass er seine berufliche Zukunft außerhalb des Fußballs gesehen hat, darum ist er nicht mehr bei Germania, aber das hatte nichts mit dem Verein zu tun. Wir brauchen auch in den nächsten Jahren ein „Zweite“, sie ist das Bindeglied zwischen Nachwuchs und Männerbereich, dafür werde ich mich immer einsetzen.

Abschließend noch ein Blick voraus: Halberstadt ist weiter viertklassig und damit ein Aushängeschild unseres Bundeslandes. Wie kann das so bleiben? Wohin geht die Entwicklung der ersten Mannschaft?

Natürlich soll der Regionalliga-Fußball weiter in Halberstadt gespielt werden, der Abbruch ermöglicht dem Verein eine weitere Saison zu planen. Der neue Trainer kennt das Umfeld und hat in den letzten Jahren viel Erfahrung gesammelt, das stimmt mich optimistisch. Wenn Germania sich in den nächsten Jahren weiter als Ausbildungsverein für junge Spieler, die höherklassig Spielen wollen, sieht und eine gesunde finanzielle Basis gehalten werden kann, dann haben wir noch viel Freude.