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Fußball Im Gespräch mit FSV-Trainer Schindler

Der FSV Barleben startet mit einem Heimspiel gegen Rot-Weiß Thalheim in die neue Verbandsligasaison.

01.08.2019, 03:00

Barleben l Hinter der Mannschaft von Christoph Schindler liegt ein großer Umbruch. Sportredakteur Christian Meyer unterhielt sich mit dem 31-Jährigen über seinen Werdegang als Trainer, die abgelaufene Saison und die neue Energie im Team. 

Volksstimme: Herr Schindler, warum sind Sie Fußballtrainer geworden?

Christoph Schindler: Darüber habe ich mir bisher nie wirklich Gedanken gemacht. Angefangen hat es, als ich aus dem Junioren- in den Herrenbereich kam. Die A-Jugend, also meine alte Mannschaft, stand ohne Trainer da. Diesen Posten habe ich übernommen, ohne wirklich zu wissen, was auf mich zukommen wird. Mit der Ersten spielten wir zu dieser Zeit gegen den Abstieg aus der Ohrekreisliga. Günter Braun war damals ein Trainer, der sehr viel Wert auf Technik legte. Das kommt mir jetzt bei meiner Arbeit mit den Kids zu Gute.

Es war auch die Zeit, als auch Marco Wöhlert und Andi Ibe zu uns kamen. Das war schon beeindruckend. Als noch sehr junger Fußballer kam ich selten über die Grenzen des Kreises hinaus. Die Beiden waren in ganz anderen Regionen unterwegs. Später, mit Tom Heitzmann, Michael Schuster und Dirk Krause, kam immer mehr Erfahrung und Wissen dazu. Und es ging sportlich bergauf. All das versuchte ich, den Jungs zu übermitteln. Später, als mich eine Verletzung stoppte und ich wieder mit der damaligen A-Jugend arbeitete, stand die Erste plötzlich ohne Trainer da.

Hecke (René Heckeroth, Anm. d. Red.) fragte mich, ob ich mir das vorstellen könne. Ich war schon sehr skeptisch. Ich war 24 und sollte versuchen, gestandenen Fußballern etwas beizubringen. Doch mit der Hilfe der Erfahrenen lief das ganz gut. Das war rückblickend der Anfang vom Trainerdasein. Es folgten mehr oder weniger lehrreiche Jahre als Co-Trainer, Lizenzen und Weiterbildungen und ein sportlich sehr positiver Weg des Vereins. Letztlich war es Mario Middendorf von dem ich unglaublich viel lernen durfte. Er hat die Mannschaft und auch das Umfeld mit seiner akribischen Arbeit auf ein ganz neues Niveau gebracht. Die Einheiten waren haargenau durchgeplant und mit mir bisher unbekannten Inhalten gefüllt. Das Team, das er mitbrachte und glücklicherweise zu Teilen heute noch dabei ist, setzte neue Maßstäbe. Die Spieler sahen das vielleicht nicht alles so positiv, wie ich. Und nun, nach weiteren zwei Jahren mit Jörn, darf ich meine Erfahrung und mein Wissen als Hauptverantwortlicher an dieses Team übermitteln und das macht mir sehr viel Spaß.

Sie trainieren neben der ersten Herrenmannschaft noch eine Jugendmannschaft. Was sind die gravierendsten Unterschiede und gibt es Erfahrungen, die einem in dem jeweils anderen Team zugute kommen?

Es gibt sowohl Unterschiede, als auch viele Gemeinsamkeiten. Die Motivation der Kids ist natürlich eine komplett andere, als die der Männer. Bei den Kids steht der Spaß im Vordergrund. Wir wollen versuchen, sie dauerhaft für den Sport zu gewinnen und im Idealfall irgendwann in unseren Männerteams sehen. Wir haben ein klares Ziel vor Augen. Wir wissen, was sie mal können sollen. Dementsprechend trainieren wir mit viel Weitsicht. Wir werden kein Training danach ausrichten, um am kommenden Wochenende ein Spiel zu gewinnen. Das Training soll einen bestmöglichen Fußballer aus jedem machen. Im Seniorenbereich geht es im Endeffekt nur um Ergebnisse. Und dementsprechend ist auch das Training ganz anders strukturiert. Spaß ist auch enorm wichtig, steht aber weniger im Vordergrund.

Aber es ist immer wieder erstaunlich, wie gleich die verschiedenen Altersklassen sind. Hin und wieder gibt es die gleichen Übungen. Auch, wenn die Männer eher skeptisch reagieren, haben sie nach kurzer Zeit auch viel Spaß. Welcher erwachsene Mann freut sich anfänglich schon auf Wäscheklammer-Ringen. Große Unterschiede gibt es in der Lernfähigkeit. Kognitive Erfolge werden bei den Kids deutlich schneller erzielt, während die meisten Männer natürlich mehr Kontrolle über ihren Körper und die Bewegungsabläufe haben. Ich denke, dass die Kids mich gelehrt haben, etwas geduldiger zu werden.

Viele Dinge müssen über Wochen und Monate trainiert und immer wieder angesprochen werden, bis sie verinnerlicht sind. Das kostet viel Kraft, aber es ist umso schöner, wenn wir die Erfolge sehen. Diese Geduld hilft hin und wieder auch im Seniorenbereich. Andersrum hilft es mir insofern, dass wir grundlegende Defizite, die im Männerbereich auftauchen, auf das Kindertraining projizieren können. Einfaches Beispiel: Bei den Männern sind die Wenigsten beidfüßig. Wir wollen, dass das bei den Kids nicht auch so wird. Somit trainieren wir es gezielter. Im Grunde ist es aber schon das Gleiche. Egal welches Alter ein Fußballer hat. Es herrscht ein gewisser Anspruch an eine Trainingseinheit und diesem müssen wir Trainer versuchen, bestmöglich gerecht zu werden.

Für viele Co-Trainer ist es nicht einfach, später in die Chefrolle zu rücken, weil man als Assistent meistens der lockerere Typ ist. Wie haben Sie es geschafft, sich die nötige Akzeptanz zu erarbeiten?

Ich hoffe, dass ich akzeptiert bin. Wie so häufig im Leben geht es um Wertschätzung. Ich selbst habe natürlich unter mehreren Trainertypen gespielt. Die Einen haben sich bemüht, alle gleich zu behandeln und durch kleine Gesten und vor allem durch Ehrlichkeit, jedem Spieler zu zeigen, dass er wertvoll ist. Die Anderen hatten ihre Lieblinge, Vier-Augen-Gespräche und individuelle Hilfestellungen gab es nicht für alle. Deswegen möchten wir offen und ehrlich mit jedem umgehen, auch wenn es nicht immer einfach ist. Wir legen viel Wert auf Kommunikation und fahren damit einen guten Kurs. Des Weiteren geht es um eine vernünftige Vor- und Nachbereitung. Wenn die Spieler merken, dass der Trainingseinheit viel Arbeit und Planung vorausgegangen ist, respektieren sie das und zahlen es mit Leistung zurück. Es ist ein Geben und Nehmen.

Der FSV Barleben schloss die Vorsaison auf Rang vier ab, holte aber nur 49 Punkte aus 30 Partien. Wie fällt ihr Fazit aus und was waren Gründe für das Abschneiden?

Mit dem vierten Platz können wir gut leben. Allerdings waren unsere Leistungen zu wechselhaft. Gegen vermeintlich spielschwächere Teams haben wir uns unnötig schwer getan, während wir gegen die Topteams ordentliche Leistungen geboten haben. Insgesamt haben wir zu viele Punkte verschenkt, weswegen wir weit hinter dem Spitzentrio zurücklagen.

Wir haben gemerkt, dass die drei Jahre in der Oberliga enorm viel Kraft gekostet haben. Nicht nur die Mannschaft, sondern der ganze Verein musste am Limit arbeiten, was eine gewisse Müdigkeit und Kraftlosigkeit zur Folge hatte. Dennoch haben wir die Saison vernünftig durchgezogen. Wenn man betrachtet, dass viele Teams, die aus der Oberliga zurückkehrten, am Saisonende in ganz anderen Regionen gelandet sind, kann man vor der Leistung der Truppe schon den Hut ziehen.

Im Sommer gab es einen großen Umbruch im Team. Insgesamt kamen zehn neue Spieler. Was erwarten Sie von Ihren neuen Akteuren und der gesamten Mannschaft in dieser Spielzeit?

Wenn man Rick Goedicke und Sören Zeitz dazuzählt, die wir aus der zweiten Mannschaft hochgezogen haben, sind es sogar zwölf Neuzugänge. Ein derart großer Umbruch war eigentlich nicht geplant. Da sich aber einige Spieler erst im Juni entschieden haben, uns zu verlassen, gab es keine andere Möglichkeit. Und heute, nach vier gemeinsamen Trainingswochen mit der neuen Mannschaft, kann ich ein positives Fazit ziehen. Die vielen neuen Spieler bringen ordentlich Schwung in die Einheiten, weswegen auch die „Alten“ wieder den ein oder anderen Schritt mehr gehen müssen. Das ist auch schon das Erste, was ich erwarte, natürlich nicht nur von den Neuen. Jeder soll sich bestmöglich einbringen und sich in den Dienst der Mannschaft stellen.

Wir müssen zu einer Einheit werden. Da geht der Blick vor allem nach Haldensleben. Marco Wagner schafft es, seine Truppe so einzustellen, dass sie alles für das ausgeschriebene Ziel geben. Mit dieser mannschaftlichen Geschlossenheit haben sie es in der letzten Saison geschafft, uns zweimal zu besiegen. Neben der Leidenschaft für den Fußball verlangen wir eine gewisse Professionalität und Lernbereitschaft. Auch wenn es eine Floskel ist. Jeder ist für die Mannschaft wichtig, jeder wird gebraucht. Wir erwarten auch Respekt gegenüber eines Jeden im Verein.

Sind Sie zufrieden mit dem Transferfenster, das aus Barleber Sicht sehr schleppend begann oder gibt es noch einen Spielertypen, der Ihnen fehlt?

Bisher gehörte die Kaderzusammenstellung nicht zu meinen Aufgaben. Es war also das erste Mal, dass ich aktiv mithelfen konnte, unsere Mannschaft aufzubauen. Das war eine sehr spannende Zeit mit guten und schlechten Erfahrungen. Generell bin ich eventuell etwas naiv an die Aufgabe gegangen. Die Finanzen spielen doch eine weitaus größere Rolle, als ich vorher annahm. Die sportliche Perspektive rückt leider in den Hintergrund. Das ist natürlich eine besorgniserregende Tendenz. Dennoch konnten wir einen guten Kader zusammenstellen. Wir haben viele junge Spieler dazugewinnen können, die sich in der Verbandsliga versuchen möchten. Sie sind hochmotiviert und sehr lernwillig. Wir sind in der Breite deutlich besser besetzt und können so Ausfälle besser kompensieren, als in der Vorsaison. Mit dem Kader sind wir zufrieden. Wir haben uns noch einmal deutlich verjüngt, weswegen wir nicht zu viel erwarten sollten. Die Jungs benötigen Zeit, um sich zu entwickeln und wir werden versuchen, ihnen diese Zeit zu geben.

Die Vorbereitungsergebnisse waren bisher sehr wechselhaft. Mit welchem Gefühl gehen Sie in die letzte Trainingswoche vor dem ersten Punktspiel gegen Thalheim?

Wir haben in der Vorbereitung viel ausprobiert, um die Spieler kennenzulernen und damit die Jungs sich selbst kennenlernen. Von daher sind die Ergebnisse natürlich nicht repräsentativ. Wir haben sehr viel im taktischen Bereich gearbeitet, um alle Spieler auf einen Stand zu bekommen. Obwohl dieser Prozess natürlich noch lang nicht abgeschlossen ist, können wir schon sichtbare Fortschritte verzeichnen. Deswegen gehen wir die letzte Woche durchweg optimistisch an und werden versuchen, die Mannschaft gut auf das erste Spiel einzustellen. Dennoch bleibt vor dem ersten Spiel immer eine Ungewissheit. Das ist normal und macht die Sache noch einmal ungemein spannender. Ich freue mich auf den Start!

Haben sich in der Vorbereitung bereits einzelne Spieler in Vordergrund gerückt?

Da wir eine andere Altersstruktur im Team haben, sind Spieler in den Fokus gerückt, die sich bisher zurückgenommen haben. Wir müssen die vielen jungen Neuzugängen auch auf dem Platz unterstützen. Das geht nur, wenn jeder mithilft und seine Erfahrung einbringt. So sind vor allem Alexander Prinz und Christopher Kalkutschke positiv zu erwähnen. Sie fühlen sich in der neuen Situation wohl und nehmen so auch den bisherigen Führungsspielern wie Potyka, Göres und Piele etwas Arbeit ab. Aber auch von David Spitzer und Hendrik Romahn sind wir positiv überrascht. Sie versuchen trotz ihrer jungen Jahre Verantwortung zu übernehmen. Auch Lars‘ Position ist beachtenswert. Obwohl er erst vier Wochen im Team ist, versucht auch er, den Dachsen zu helfen.

Wer ist für Sie der Titelfavorit und wo soll Ihr Team an Ende der Saison stehen?

Es gibt einige Teams, die ganz oben mitspielen können. Der Landesmeister Amsdorf hat sich noch einmal verstärkt und gute Leute dazu geholt. Ammendorf muss man immer auf der Rechnung haben. Auch Zorbau hat gute Transfers getätigt und wird eine gute Rolle einnehmen. Vielleicht rutscht auch noch ein weiteres Team oben rein. Die beiden Aufsteiger haben viel Qualität in ihren Reihen, auch Dessau, Elster, Westerhausen und Thalheim haben starke Teams. Haldensleben hat jetzt den lange gesuchten Stürmer und auch Fortuna hat sich gut verstärkt.

Ich denke, dass die Liga ausgeglichener wird und Spitze sich in diesem Jahr nicht so weit entfernt. Eine Prognose zum eigenen Team ist immer schwer. Nach dem Umbruch müssen wir es zu allererst schaffen, das Verbandsliganiveau mitzugehen und uns Woche für Woche weiterzuentwickeln. Zusätzlich wird es wichtig sein, dass wir auch im Umfeld fortschreiten. Die anfallenden Arbeiten werden von zu wenigen Schultern getragen. Unsere Jugendabteilung wächst jährlich. Wir brauchen Trainer und Betreuer und vor allem jemanden, der sich ums Gelände kümmert. Wir müssen uns als Verein weiterentwickeln, um auch in Zukunft konkurrenzfähig zu sein.