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Handball Mevissens großer Auftritt

Es war der erste große Auftritt von Sven Mevissen im Tor der SCM-Youngsters. Und das im wahrsten Sinne des Wortes.

Von Janette Beck 29.10.2015, 00:01

Magdeburg l Sven Mevissen wurde im Heimspiel gegen Hildesheim (32:29) ins eiskalte Wasser geworfen. Stamm-Torhüter Philip Ambrosius hatte sich bereits in der fünften Spielminute schwer verletzt. Jetzt war der von Neusser HV gewechselte Ersatzkeeper gefordert. Und der 2,17-Meter-Riese, 130 Kilogramm schwer, meisterte die Reifeprüfung mit Bravour: Sofort parierte er den unmittelbar nach seiner Einwechslung fälligen Siebenmeter. Im weiteren Verlauf kamen ein weiterer Strafwurf sowie neun Paraden dazu.

Der „schlafende Riese“ ist erwacht. Und dessen Werdegang hört sich tatsächlich an wie das moderne Märchen „Von einem, der auszog, um Torhüter beim SC Magdeburg zu werden“: Am Anfang war eine E-Mail. Die „ploppte“ irgendwann vor über einem Jahr bei Bennet Wiegert auf. Der Inhalt der Nachricht mit dem Absender „Sven Mevissen“ war ebenso ungewöhnlich wie erstaunlich, erinnert sich der Youngsters-Trainer, der gleichzeitig Nachwuchskoordinator beim SCM ist. „Sven stellte sich als Torhüter des Neusser HV vor: 16 Jahre alt, 2,16 Meter groß. Und er bat um ein Probetraining beim SCM.“

Die Initiativbewerbung erklärt Mevissen, vor einem Monat 18 Jahre alt geworden, im Nachhinein so: „Ich dachte mir, vielleicht steckt da noch mehr in dir drin. Ich habe einfach eine neue Herausforderung gesucht. Der SCM hat eine große Tradition, auch was die Torhüter betrifft.“

Doch der Weg bis ins Tor der SCM-Youngsters sollte kein leichter sein. Eher das Gegenteil war der Fall. Denn als der gebürtige Düsseldorfer tatsächlich zum Probetraining erschien, brachte er nicht nur ein wenig Talent mit, sondern auch satte 146 Kilo auf die Waage. Wiegert: „Ich wollte ehrlich sein und habe Sven gesagt: Es reicht nicht aus für den Leistungssport. Die Fitness ist leider nicht ausreichend.“ So wurde er wieder nach Hause geschickt.

Aber er ging nicht mit leeren Händen. Zum einen nahm er einen Trainingsplan mit und die Auflage, seine Ernährung umzustellen. Zum anderen bekam er das Versprechen, dass man in Kontakt bleibe.

Gesagt, getan. Der junge Keeper blieb hartnäckig am Ball. Und wurde belohnt. Denn wie das Handball-Leben so spielt, hatte sich A-Jugend-Keeper Erik Kirchner zum Ende der Vorsaison entschieden, den SCM zu verlassen, um in Gommern mehr Spielpraxis zu bekommen. Wiegert hatte auf plötzlich ein Torhüter-Problem und Mevissen schien die Lösung. Ein Anruf genügte, und der junge Mann, der ein Fachabitur hat, packte seine Sporttasche und zog daheim aus: „Jetzt, oder nie!“

Dabei ist die Situation gerade auf der Torhüter- Position beim SCM extrem schwierig. „Aber wir haben mit offenen Karten gespielt“, betont Wiegert. „Sven wusste, dass Philip Ambrosius bei uns die klare Nummer eins ist. Und dass er bei uns sehr viel spielt, um Bundesliga-Reife zu erlangen.“ Auf der anderen Seite bekäme aber jeder seine Chance. „Ich stelle nach Trainingsleistung auf.“

Mevissen begab sich bereitwillig in die Warteschleife. Doch unverhofft, kommt oft. Und so musste der Ersatzkeeper, der bislang nur wenig Liga-Spielpraxis bekam, gegen Hildesheim von Null auf Hundert durchstarten. Das war nicht einfach: „Die Verletzung von ,Brosi‘ war heftig. Der Schock saß im ersten Moment tief. Aber ich musste mich zusammenreißen, wurde doch gebraucht. Ich wollte der Mannschaft helfen.“ Dass er den ersten Siebenmeter gleich weggenommen habe, sei ganz wichtig gewesen. „Danach habe ich mich gesteigert, so dass ich doch ganz zufrieden war mit meiner Leistung“, erklärt er bescheiden.

An neuen Herausforderungen wird es dem SCM-Riesen auf längere Sicht nicht mangeln, denn Ambrosius fällt nach Aussage von Teamärztin Dr. Birgit Hoffmeyer mit einer größeren muskulären Verletzung mindestens vier Wochen aus. Und die nächste Aufgabe wartet schon auf Mevissen & Co.: Am Freitag (20 Uhr) empfangen die Youngsters den Tabellenzwölften Stralsunder HV zum Punktspiel.