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Handball Sorge um den Frauenhandball

Seit Jahren zeichnet sich ein Niedergang des Frauenhandballs ab. Nun schlägt Trainer Harry Jahns vom HSV Magdeburg Alarm.

Von Hans-Joachim Malli 22.06.2019, 01:01

Magdeburg l Harry Jahns hat schon vor einigen Jahren sein Herz für den Frauenhandball entdeckt. Der langjährige erfolgreiche Nachwuchstrainer des SCM ist seit nunmehr sechs Jahren beim HSV Magdeburg tätig. Doch er macht sich Sorgen. Um den Mädchen- und Frauenhandball im Land und auch in Magdeburg.

Zwar spielen mit seinem HSV, TuS 1860 und Aufsteiger Post in der neuen Saison drei Magdeburger Teams in der höchsten Liga Sachsen-Anhalts, doch grundsätzlich hält der Abwärtstrend unvermindert an. Verschwanden mit dem MSV  90 und dem Fermersleber SV bereits zwei Traditionsteams in der sportlichen Versenkung, droht dem BSV 93 nun dasselbe Schicksal.

Die Olvenstedterinnen zogen sich vor einer Woche aus Personalmangel freiwillig aus der Mitteldeutschen Oberliga in die 1. Nordliga zurück. „Der BSV hat noch versucht, mit uns eine Spielgemeinschaft zu bilden. Aber wir haben abgelehnt. Unsere Spielerinnen sind einfach noch zu jung und wären viel zu unerfahren für die Mitteldeutsche Oberliga”, sagt der 67-jährige Jahns.

Das soll sich freilich mittelfristig ändern. „Wir bemühen uns um den Einbau einiger älterer Spielerinnen, werden dabei einen anderen Weg gehen als bisher. Nur mit 16-Jährigen anzutreten, geht auf Dauer nicht gut”, sagt der Trainer, der beim 2013 gegründeten HSV auch für den Leistungssport zuständig ist.

Für die unbefriedigende Situation im Mädchen- und Frauenhandball sieht Jahns zwei Hauptgründe. Zum einen sei es schwer, jungen Spielerinnen nach Beendigung der Schule entsprechende Ausbildungs- und Studienplätze in Magdeburg zu bieten. So verliert der HSV, der konstant um die 30  Mädchen an den Sportschulen hat, jährlich hoffnungsvolle Talente an Vereine in anderen Regionen.

Zum anderen wünscht man sich beim HSV mehr Unterstützung durch den Landesverband und den Landessportbund (LSB). „Der Frauenhandball wird nicht genügend gefördert, eher als Randerscheinung betrachtet“, kritisiert der anerkannte Fachmann Jahns.

„Noch haben wir genügend Mädchen, doch wird es immer schwieriger, das als Verein allein zu bewältigen, zumal, wenn rundherum alles nach und nach wegbricht.” Der Handballverband Sachsen-Anhalt (HVSA) wünsche sich in der Region eine Zielmannschaft für die Talente, am liebsten in der Regionalliga, doch benötige man als Verein auch die notwendige Unterstützung. „Es müssten sich alle, HVSA, die Schulen und Vereine, an einen Tisch setzen und sagen, was sie wollen und können”, fordert Jahns.

„Im Nachhinein könnte man Bernd-Uwe Hildebrandt als Visionär oder Totengräber bezeichnen. Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte.“

Trainer Harry Jahns

Begonnen hatte die Talfahrt des Magdeburger Frauenhandballs bereits zur Jahrtausendwende, als der damalige SCM-Manager Bernd-Uwe Hildebrandt die Frauenabteilung beim SC Magdeburg trotz aller Erfolge aus dem Verein herauslöste. „Im Nachhin-ein könnte man Bernd-Uwe Hildebrandt als Visionär oder Totengräber bezeichnen. Die Wahrheit liegt wohl in der Mitte“, meint Harry Jahns.

Alle nachfolgenden Vereine, ob in Magdeburg, Niederndodeleben oder Barleben konnten trotz größter Anstrengungen den Absturz aus der 2. Bundesliga bis hinunter in die Sachsen-Anhalt-Liga nicht stoppen. Ein letzter Knackpunkt war vor zwei Jahren das altersbedingte Ausscheiden von Hubert Lindner und Manfred Jahn als Trainer. „Seitdem gibt es beim LSB bzw. HVSA keinen hauptamtlichen Trainer mehr im weiblichen Bereich“, beklagt Jahns.

Landestrainer Martin Ostermann sieht die Situation des Mädchen- und Frauenhandballs in Sachsen Anhalt allerdings nicht so sehr als Problem des politischen Willens. „Das ist keine Frage des Wollens, sondern des Könnens, sprich der Finanzen“, sagt er. „Der Leistungssport wird über die Mittel des LSB finanziert. Der LSB bewertet jede Sportart gleichermaßen, unter anderem nach den Erfolgen. Und da hat der Frauenhandball einfach zu wenig eingefahren.“

Harry Jahns übrigens hat erst zwei Jahre nach seinem Wechsel 2013 vom SCM zum neuen HSV Magdeburg sein Herz für den Mädchen- und Frauenhandball entdeckt, bedingt auch durch Enkelin Emma Jahns. Davor trainierte der erfolgreichste deutsche Nachwuchscoach nur Jungen.

Harry Jahns wiederum sagt: „Wir beim HSV sind bereit und bemüht, den Mädchen- und Frauenhandball zu erhalten und neue Impulse zu geben.“