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Leichtathletik Wilke will den Speer nach Rieti werfen

Yasmin Wilke gehört zu den Speerwurf-Hoffnungen des SC Magdeburg. In diesem Jahr blebt ihr ein internationaler Start noch verwehrt.

Von Daniel Hübner 28.06.2019, 18:26

Magdeburg l Bei den Werfertagen in Halle hat ihr Harro Schwuchow auf die Schulter geklopft, sie zu ihrer Bestleistung gratuliert und gleich noch eine Einladung ausgesprochen. Yasmin Wilke hatte Anfang Juni den Speer auf 47,89  Meter geworfen. Und diese Weite war es dem Coach von Olympiasieger Thomas Röhler wert, der Athletin vom SC Magdeburg die Starterlaubnis für das Meeting eine Woche später in Jena zu erteilen – und ihr ein Treffen mit ihrem großen Idol Röhler zu ermöglichen. Auch Wilkes Trainer Björn Lange hat sich mit seinem Schützling gefreut. „Ein ganz breites Lächeln“ hatte Lange bei ihr entdeckt.

Ihr schönstes Lächeln durfte sie oft zeigen in dieser Saison. Allein aufgrund ihrer sportlichen Entwicklung. Zwischen der Bestweite 2018 und 2019 liegen immerhin 4,86 Meter. „Nicht ungewöhnlich in dem Alter“, meint Lange zwar, aber dafür musste die Sportgymnasiastin auch einiges leisten. Vor allem im verstärkten Athletiktraining. „Das war sehr anstrengend für mich. Ich bin ja nicht die Stärkste in unserer Trainingsgruppe, und gerade das Reißen liegt mir nicht. Aber da habe ich mich auf 35 Kilogramm verbessert, und im Bankdrücken komme ich im Maximaltest inzwischen auf 42 Kilo.“ Die 16-Jährige kling darüber äußerst froh, ihr Trainer klingt eher nach: „Da geht noch was.“

Bisher ging viel in den nationalen Wettbewerben des Jahres für Wilke. 47,89 Meter waren ja kein Ausreißer, sondern nur die beste Weite in einer sehr stabilen Saison. Sie ist damit Zweite der U-18-Rangliste des Deutschen Leichtathletikverbandes (DLV) hinter Lilly Urban (Frankfurt/51,21). Doch eine Chance, ums Ticket für die Europäischen Olympischen Jugendspiele EYOF in Baku (Aserbaidschan/20. bis 28. Juli) zu kämpfen, hat sie trotzdem nicht. Zum entscheidenden Wettkampf am Wochenende bei der Gala in Mannheim ist sie nicht eingeladen worden.

Das Problem: Bundestrainer Matthias Rau hatte sie womöglich nicht auf dem Schirm oder ihren Leistungssprung nicht erwartet. Wie auch immer. Wilke steht nicht auf der Liste der Speerwerferinnen, denen die größten Chancen auf Baku zugerechnet wurden. Und bereits im Februar ist diese Liste geschlossen worden. Ende der Geschichte, über die sie sagt: „Es wäre schön gewesen, wenn ich die Chance auf Baku gehabt hätte. Aber es war nicht unbedingt mein Ziel. So groß ist die Enttäuschung also nicht.“ Ihr Coach ergänzt: „Ich hoffe, dass sie daraus die Energie gewinnt, ihre neuen Ziele zu erreichen.“

Eines lautet national: Gold bei den U-18-Meisterschaften in Ulm (26. bis 28. Juli). „Ich wünsche mir einen 50-Meter-Wurf, diesen positiven Ausreißer hat sie einfach verdient“, sagt Lange. Eines lautet international: die Europameisterschaften 2020 in Rieti (Italien).

Die verpasste Chance in diesem Jahr wirft Yasmin Wilke jedenfalls nicht zurück. Dazu hat sie zu viel vor, dazu liebt sie ihren Sport viel zu sehr. Mehr als das Handy, mehr als den Fernseher, den sie allenfalls zum Einschlafen einschaltet. Sport bestimmt ihr Leben. Von morgens bis abends. Nicht nur im Training, auch in der Familie. Papa Thomas, der Handballer, Fußballer, Leichtathlet. Mama Bianka, die Hockeyspielerin. Bruder Tom, ebenfalls Kicker. „Ich war noch ein kleines Kind, als ich mir mit meinem Vater alles Mögliche zugeworfen habe“, erinnert sie sich lächelnd. „Heute meint er: ,Ich komme gar nicht mehr hinterher, du wirfst mir zu weit.‘“

Aber es geht noch weiter Dazu will die 1,77 Meter große Wilke mit dem 500 Gramm schweren Juniorinnen-Speer zunächst ihre Defizite abbauen. „Was mit den Füßen technisch gefordert ist, setzt sie auch sehr gut um. Sie hat aber noch Reserven, den Wurf länger zu gestalten“, so Lange. Heißt: Sie steht beim Abwurf zu frontal, mit einer seitlichen Körperhaltung wird der Arm und der Beschleunigungsweg länger. So bringt sie neben ihrem schnellen Anlauf noch mehr Kraft und Geschwindigkeit in ihre Würfe.

Die Technik ist nur das eine, der Wille das andere: „Sie ist der absolute Wettkampftyp“, berichtet der 40-jährige Lange. „Ich hatte selten jemanden gehabt, der Informationen während eines Wettkampfes und zwischen den Würfen umsetzt wie Yasmin. Das ist genial.“

Genial wird nun auch das Treffen mit Thomas Röhler in Jena gewesen sein. Mit einem Mann, der sich so zurückhaltend in der Öffentlichkeit präsentiert wie Yasmin Wilke. Aber nach einer großen Leistung bedarf es nicht unbedingt großer Worte. Da reicht auch ein ganz breites Lächeln.