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Ringen Mansouri mit „Blumenkohlohren“ zum MSV

Mehr durch Zufall kam Afghanistan-Flüchtling Same Mansouri zum, ist morgen im Topkampf gegen Apolda/Sömmerda eine feste Größe.

Von Michael Kraska 16.11.2018, 04:00

Magdeburg l Seine Ringer-ohren, in Fachkreisen auch „Blumenkohlohren“ genannt, haben Same Mansouri Glück gebracht. Der heute 23-jährige Afghane kam vor drei Jahren in die Flüchtlingsgemeinschaftsunterkunft in Haldensleben. Damals sprach er kaum deutsch, hatte keine Bindung, aber viel Zeit.

Seine Betreuerin in der Flüchtlingsunterkunft wusste aus der Volksstimme von den MSV-Ringern, sprach Mansouri aufgrund der markanten, durch das Ringen deformierten Ohren, an. Wenig später machte sich Mansouri mit dem Zug allein auf den Weg nach Magdeburg, tauchte unvermittelt zum Training in der Ringerhalle des MSV 90 in der Salzmannstraße auf.

Trainer Bernd Heller, Mentor und zugleich bester Freund des Afghanen, erkannte dessen Talent, baute ihn schnell in das Team des einstigen Zweitbundesligisten ein. Inzwischen belegt der MSV-Ringer einen Deutschkurs, wird immer besser integriert und möchte gern in Deutschland bleiben. Regelmäßig kommt Mansouri zum Training, das dreimal wöchentlich stattfindet, ist eine feste Größe im Team.

Mit der S-Bahn pendelt er nur noch selten zwischen Magdeburg und Haldensleben. „Papa“ Heller, neben Thomas Dybiona Trainer der MSV-Ringer, holt seinen Schützling mit dem Auto ab, bringt ihn anschließend auch oft wieder zurück, obwohl er selbst in der Landeshauptstadt wohnt.

„Same ist ein Angriffs-Ringer, manchmal noch zu ungestüm. Da müssen wir ihn noch bremsen“, weiß Coach Heller.

Und Same Mansouri ist eine taktische Geheimwaffe. Ob in der Gewichtsklasse 57 Kilo oder 66 kg – alles ist denkbar für den Afghanen. Vor dem Kampf zuletzt gegen die Mattenfüchse Merseburg kochte er innerhalb weniger Stunden von 60 Kilo auf 57 Kilo ab. „Das ist schon stark. Drei Kilo sind für einen 60-kg-Mann eine deutlich andere Hausnummer als für einen 100-kg-Ringer“, weiß auch Trainer Dybiona.

Am Sonnabend im Spitzenkampf gegen Tabellenführer Apolda/Sömmerda hat Mansouri noch eine persönliche Rechnung offen. Im Hinkampf bezog er gegen Ramsan Sokujew seine bislang einzige Saisonniederlage, und das nach nur 36 Sekunden auch noch auf Schulter. Das wurmt den ehrgeizigen MSV-Ringer noch heute, der bislang alle Saisonkämpfe bestritt und bei seiner Niederlage in einen Konter lief.

Doch nicht nur Mansouri wird sich morgen für den MSV auf den Weg nach Magdeburg machen. Auch die Wernigeröder Mathias Jahn und Christian Schurig werden erwartet.Seit drei Jahren verstärken die Harzer die Magdeburger. Mit viel Erfolg und zur Freude der Magdeburger Zuschauer, die diese Jungs meist als Sieger von der Matte gehen sehen. Das trifft auch auf Juri Baron zu, der aus dem niedersächsischen Nienburg stammt und im Sommer zum MSV 90 kam.

Und dennoch wäre ein möglicher Aufstieg in die höherklassige Regionalliga für die Magdeburger kein Thema. Abteilungsleiter Mario Pobloth: „Regionalliga klingt zwar beschaulich, ist sie aber nicht. Es ist faktisch die 2. Bundesliga. Dort ringen Nationalkader und andere Hochkaräter, gegen die wir ohne Verstärkungen nicht bestehen würden. Doch wir wollen das Gesicht unserer Mannschaft nicht verändern, nur um höherklassig zu ringen. Wir sind wie eine große Familie und das würde verlorengehen. Dieser Preis ist zu hoch.“