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Rudern Ein unvergessliches Drama

Mit einem starken Endspurt sichern sich die Magdeburgerinnen Tabea Kuhnert und Emma Appel Silber im Doppelvierer bei der U-23-WM.

Von Daniel Hübner 29.07.2019, 01:01

Sarasota/Magdeburg l Deutschland ruderte nicht um Gold, nicht um Silber, nicht um Bronze. Deutschland ruderte nach 1500 Metern den Medaillen hinterher. 2,31 Sekunden betrug zu diesem Zeitpunkt der Rückstand auf die drittplatzierten Rumänen. „Das war auf jeden Fall nicht die Taktik, die wir uns vorgestellt haben“, sollte Emma Appel vom SC Magdeburg später lachend erklären. „Der Plan war eigentlich, die ganze Zeit vorne mitzufahren, aber wir sind im Mittelteil nicht ins Rutschen gekommen“, ergänzte ihre Clubgefährtin Tabea Kuhnert.

Aber die Damen im Doppelvierer hatten im Finale der U-23-Weltmeisterschaft am Sonnabend in Sarasota (USA) die nötige Kraft, vor allem den Willen und die Höchstgeschwindigkeit in einem dramatischen Schlussakt – und griffen letztlich nach Silber.

Selbst Roland Oesemann hat nicht schlecht gestaunt, als seine Mädels gemeinsam mit Schlagfrau Laura Kampmann und Maren Völz den Turbo unter der Mittagssonne Floridas zündeten. Er habe nicht mehr mit einer Medaille gerechnet, gestand der 59-jährige Trainer von Appel und Kuhnert. „Das war ein hammerharter Endspurt“, freute sich Oesemann nach einem dramaturgisch perfekt inszenierten Finale.

Eine Hauptrolle in diesem Drama spielte nicht nur die Crew des Deutschen Ruderverbandes (DRV), sondern auch das Boot aus den Niederlanden. Das lag nämlich lange und auch deutlich an der Spitze. Doch erst kam Großbritannien stark auf, und dann „sind wir ihnen auf die Pelle gerückt“, sagte Appel, nachdem die Deutschen zunächst Rumänien kassiert hatten. „Wir haben uns gesagt, egal, auf welcher Position wir liegen, auf den letzten 500 Metern ballern wir alles raus“, berichtete Appel. Der Rückstand „hat uns erst richtig bissig gemacht“, erklärte Kuhnert. „Das war dann der pure Wille, der uns getrieben hat.“ Und die physische Stärke.

Die hatte die Niederländerin Tessa Dullemans auf der Zielgeraden verloren. Ihren Rhythmus damit außerdem. Sie zerstörte komplett die Harmonie im vorlaufschnellsten Boot. Und fing kurz vor dem Ziel einen „Krebs“. Die Niederlande blieben stehen, quälten sich nur als Sechste ins Ziel. Großbritannien gewann nach 2000 Metern in 6:31,80 Minuten Gold, Deutschland sicherte sich mit 0,93 Sekunden Rückstand Silber, Rumänien mit weiteren 0,60 Sekunden dahinter Bronze. So spannend ging es zu, so eng war es bis zum Ende.

Und Appel peitschte danach mit den Händen durch das Wasser. Alle steckten die letzte Energie in den Jubel. Vergessen waren im ersten Moment nach der Zielhupe der Kraftakt, die Hitze, die mit mehr als 30 Grad Celsius auf die schattenfreie Regattastrecke drückte. „Ich habe mich riesig gefreut“, sagte Appel, „es ist ja meine erste internationale Medaille.“ 2018 war die 18-Jährige bei der U-19-WM noch auf Platz sechs im Doppelzweier gerudert. Die 19-jährige Kuhnert hatte derweil 2017 Platz zwei im größten Skuller-Boot belegt.

„Ich bin stolz, dass wir uns aus einer miesen Situation herausgekämpft haben“, freute sich Kuhnert. „Klar wäre Gold noch eine Steigerung gewesen, aber nach diesem Rennen ist eine Medaille einfach toll“, so Appel. Und die wurde gefeiert. Abends im Hotel. Irgendwo in einer stillen Ecke haben die vier Damen das Drama mit einem Lächeln genossen. Es wird ein unvergessliches bleiben.