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Sportpolitik Kürzungen machen Vereine rebellisch

In den Sportvereinen der Landeshauptstadt rumort es. Der Grund: die Zahl der AQB-Kräfte soll ab Mai drastisch reduziert werden.

Von Hans-Joachim Malli 13.04.2017, 01:01

Magdeburg l Beim TuS 1860 ist alles angerichtet für das große Osterfeuer. Auch sonst sieht es schmuck aus an der Zielitzer Straße. Die sechs AQB-Mitarbeiter haben gemeinsam mit den Ehrenamtlern ganze Arbeit geleistet. Die über die Gemeinnützige Gesellschaft zur Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung mbH (kurz AQB) beschäftigten AQB-Kräfte stellen für viele Magdeburger Sportvereine eine wichtige Größe dar.

Die Arbeitslosen, die in Maßnahmen öffentlich geförderter Beschäftigung tätig sind, helfen, das Vereinsleben aufrecht zu erhalten. Doch das wird sich in der Neuen Neustadt wie in vielen anderen Vereinen der Elbestadt ab dem 2. Mai drastisch ändern, wenn die Zahl der AQB-Teilnehmer in den Sportvereinen von derzeit 96 auf 50 reduziert wird.

Da beginnen aber auch schon die Probleme der Maßnahmen des Zweiten Arbeitsmarktes. Art und Zeitdauer der Tätigkeiten sind streng geregelt. Das für die Finanzierung der AQB-Teilnehmer zuständige Jobcenter ließ auf Anfrage wissen, dass der Tätigkeit der sogenannten „Ein-Euro-Jobber“, die aktuell seit kurzem für ihre Arbeit 1,84 Euro pro Stunde erhalten, gesetzlich normierte Förderkriterien der Zusätzlichkeit, öffentliches Interesse und Wettbewerbsneutralität zugrunde liegen müssen.

Was das für Sportvereine konkret bedeutet, erklärt TuS-Vorsitzender Tino Beyer. „Alles, was gewerbliche Unternehmen anbieten, dürfen AQB-Kräfte nicht leisten. Zugespitzt heißt das, sie dürfen Bälle aufpumpen und den Platz abkreiden, Rasen mähen dürften sie schon nicht mehr. Auch Reinigungs- und Verschönerungsarbeiten dürfen sie nicht ausführen, das müssen Fremdfirmen machen“, sagt Beyer, selbst für einen privaten Arbeitsvermittler tätig.

Vorstandsmitglied Erik Haegebarth, bei TuS 1860 für die Betreuung der AQB-Teilnehmer zuständig, ergänzt: „Derzeit sind bei uns sechs AQB-Mitarbeiter tätig. Zwei davon haben ausländische Wurzeln, Wladimir Woronow und Hoang Thi Bach Tuyet, die eine sehr engagierte Arbeit leisten. Mit der kommenden Maßnahme wird leider auf vier Mitarbeiter reduziert. Noch mehr ehrenamtliches Engagement wird also gefordert sein, was immer schwerer zu realisieren ist.“

So haben der frühere langjährige Vereinsvorsitzende Günther Knoche, der demnächst seinen 80. Geburtstag feiert, und die „Montagsmaler“ Norbert Wolf sowie Günther Rohbeck in den zurückliegenden Monaten Zaunreparaturen und Malerarbeiten durchgeführt. Blickt man sich auf dem Sportkomplex an der Zielitzer Straße um, sticht das freundliche Gelb der Gebäude und Sportplatzumrandung ins Auge.

Alles wirkt gepflegt und gehegt. Selbst die Laufbahn ist frisch geharkt. Daran haben auch die AQB-Kräfte ihren Anteil. Doch sind ihnen zahlreiche Arbeiten vom Gesetzgeber untersagt, so dass die Vereine notwendige Maßnahmen anders umsetzen müssen.

„Die Vereine müssen da schon ganz schön kreativ sein“, bemerkt Wigbert Schwenke. Der Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der CDU-Stadtratsfraktion ist auch Aufsichtsratsvorsitzender der städtischen AQB und Präsident des VfB Ottersleben. „Auch wir sind von den Kürzungen betroffen, haben beim VfB künftig nur noch zwei statt vier AQB-Teilnehmer“, so der 56-Jährige.

Nach der angekündigten Kürzung der Zahl der AQB-Teilnehmer in den betroffenen 30 Sportvereinen von derzeit noch 96 auf 50 verfassten die Vorsitzenden von 14 Sportvereinen Ende März einen Offenen Brief an Oberbürgermeister Lutz Trümper und die Fraktionen im Stadtrat. Darin wird der AQB unter anderem Wortbruch vorgeworfen und um Unterstützung gebeten.

AQB-Geschäftsführerin Alexandra Rießler verwies auf Volksstimme-Nachfrage an das Jobcenter, das für die Mittelbereitstellung zuständig sei. Dessen Pressesprecher Christian Schmidt teilte der Volksstimme schriftlich mit, dass einerseits im März 2017 in Maßnahmen des Zweiten Arbeitsmarktes mit 1300 Teilnehmern an Bundes- und Landesprogrammen 300 Teilnehmer mehr als im Vormonat tätig seien, andererseits dafür aber nur fünf Millionen statt der 5,3 Millionen Euro des Vorjahres zur Verfügung stünden.

Die konkreten Auswirkungen der Mittel- und damit verbundenen Teilnehmerkürzung sind für die meisten Vereine nicht hinnehmbar.

TuS-Chef Tino Beyer bringt es kurz und knapp auf den Punkt: „Wir sollten sogar erst nur drei Stellen ab Mai bekommen. Dann hätten wir zumachen können.“