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Fußball Haldensleber SC hat gute Voraussetzungen

Fußball-Verbandsligist Haldensleber SC präsentiert zur neuen Saison mit Marco Wagner einen neuen Trainer.

Von Stefanie Brandt 18.05.2018, 01:01

Haldensleben l In der vergangenen Woche informierte der Haldensleber SC, dass er mit Marco Wagner einen neuen Trainer verpflichtet hat, der ab der kommenden Saison die Geschicke der ersten Männermannschaft leiten soll. Der Coach, der aktuell die Landesklasse-Elf von Germania Wulferstedt trainiert, steht im Volksstimme-Interview Rede und Antwort.

Volksstimme: Herr Wagner, nach fast sechs Jahren kehren Sie Germania Wulferstedt den Rücken. Angebote von anderen Vereinen gab es schon früher. Warum ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel?

Marco Wagner: In diese Entscheidung ist meine Familie ganz stark involviert. Die Kinder sind jetzt aus dem Gröbsten raus. Meine Frau weiß, dass ich dann mehr unterwegs bin, aber in meiner Anfangszeit in Wulferstedt habe ich mit Germania und Lauingen zwei Mannschaften parallel trainiert, sie kennt das also. Unsere Physiotherapie-Praxis ist nun im fünften Jahr auch gut aufgestellt. Die Frage für mich war einfach: Wenn nicht jetzt, wann soll ich es dann machen?

Mit welchen Argumenten hat der Haldensleber SC Sie überzeugt, die Aufgabe dort zu übernehmen? Immerhin ist noch nicht einmal ganz klar, in welcher Liga das Team in der nächsten Saison spielt.

In Haldensleben gibt es einen jungen Kader, außerdem eine zweite Mannschaft, die in der Landesklasse spielt, und eine A-Jugend, die in der Verbandsliga spielt. Das sind gute Voraussetzungen, das reizt mich. Dazu kommt die tolle Infrastruktur mit dem Stadion und dem Kunstrasenplatz – das ist Luxus. Auch das Team um das Team herum passt mit Mario Keilwitz, Kai Uhlmann als Torwart-Trainer und dann auch Ingo Herrmanns als sportlichem Leiter. Da wird einem viel abgenommen.

Im Gespräch wurde auch klar, der HSC sucht einen Fußballverrückten, der neue Ideen rein bringt. Das bin ich. Ein Punkt, den ich jetzt schon sehe, ist zum Beispiel, dass ein Physiotherapeut gebraucht wird. Wenn es viele Verletzte gibt, hat das sicherlich nicht nur mit einer fehlenden Physio zu tun, aber so etwas ist auf jeden Fall sinnvoll. Ich kann das auch mal übernehmen, aber ich bin Trainer, da muss die Distanz gewahrt bleiben.

Mit welchen Vorstellungen und persönlichen Zielstellungen gehen Sie die Aufgabe an?

Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich sehr ehrgeizig bin. Für mich ist es ganz wichtig, dass die Jungs auch wollen, dass die Trainingsbeteiligung passt und sie dabei immer Vollgas geben. In der Verbandsliga ist das Voraussetzung. Jeder hat die Chance, sich im Training zu zeigen und für einen Einsatz im Spiel zu empfehlen. Nur so geht es. Das ist professionelleres Arbeiten. Außerdem habe ich eine gewisse Philosophie, die ich so schnell wie möglich vermitteln will. Das HSC-Spiel soll eine klare Handschrift haben, die wir uns als Einheit zusammen erarbeiten werden.

Und wie sieht diese Handschrift aus?

Ich möchte, dass meine Mannschaft immer agiert und nicht reagiert. Dass wir gutes Pressing spielen in der Zone, die wir vorher vorgeben, das Tempo wechseln können. Ich lege viel Wert auf Ballkontrolle – das sieht man hoffentlich auch in Wulferstedt. Dass man sich Chancen kreiert, die Kontrolle hat. Um das umsetzen zu können, ist jedes Training wichtig. Wir werden früh damit anfangen.

Haben Sie schon Spiele des HSC gesehen?

Vor zwei Jahren mal, wir haben ja auch mal gegen den HSC gespielt. Bewusst habe ich mir die Mannschaft am Sonntag in Arnstedt angeguckt.

Mit welchen Erkenntnissen?

Ich fand gut, dass die Spieler als Team aufgetreten sind und gefightet haben. Das sind Grundvoraussetzungen. Das muss in jedem Spiel so sein. Das werde ich definitiv auch einfordern. Laufen, kämpfen und als geschlossene Einheit auftreten – das sind Kern­elemente.

Ihr Vorgänger, Ingo Herrmanns, bleibt als sportlicher Leiter dem HSC erhalten. Ist das nicht eine schwierige Konstellation?

Natürlich macht man sich vielleicht Gedanken darüber, aber ich finde es positiv. Als der Verein mir das gesagt hat, war ich begeistert. Ich kam bisher gut mit Ingo aus, wenn wir Kontakt hatten. Wir werden uns jetzt zusammensetzen. Es muss eine klare Aufgabenverteilung geben, damit das gut funktioniert. Für mich sind diese Aufgaben Mannschaft, Training, Spiel. Ich kann mir gut vorstellen, dass Ingo mal sagt: „Hier ist ein guter Spieler in der Zweiten, nimm den mal mit dazu.“ Oder, dass er auch mal das Training mit meinem Co-Trainer macht, wenn ich dienstlich eingespannt bin. So wird die Last auf mehrere Schultern verteilt. Wie gesagt, wenn es eine klare Aufgabenverteilung gibt, dann ist das sehr sinnvoll für den Verein und die Mannschaft. Es geht darum, gemeinsam maximalen Erfolg zu haben.

Sie sind in Wulferstedt auch durch Ihre dort ansässige Physiotherapie-Praxis verwurzelt. Haben Sie keine Angst, dass sich der Wechsel negativ auf die Arbeit auswirkt?

Das ist eine interessante Frage. Ich sage mal so, die Praxis ist mein Job und steht neben der Familie an erster Stelle. Fußball ist mein Hobby und ich möchte dabei den nächsten Schritt machen. Das ist keine Entscheidung gegen Wulferstedt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich das negativ auswirkt. Es ist doch für Wulferstedt auch eine Anerkennung, wenn die Arbeit dort so gewürdigt wird, dass ein Verbandsligist Interesse an dem Trainer hat.

Ich war selbst vor dem letzten Heimspiel gespannt, wie es aufgenommen wird, aber bisher habe ich nichts wirklich negatives gehört. Alle sagen, es ist für Wulferstedt nicht schön, aber es ist verständlich, ich hätte es auch gemacht.

Sie haben Germania fast sechs Jahre als Trainer gecoacht. Welche Momente bleiben Ihnen definitiv in Erinnerung?

Da gibt es viele. Angefangen bei der ersten Saison, als der Klassenerhalt eigentlich schon meilenweit entfernt schien und wir dann doch nicht abgestiegen sind; dann natürlich der Pokalsieg und das Spiel gegen Germania Halberstadt im Landespokal; dann die richtig geilen Saisons, in denen wir Vierter und Zweiter geworden sind. Nicht zu vergessen sind auch die vielen Zuschauer, die man hier einfach hat.

Die sind in Haldensleben nicht so zahlreich ...

Ja, das kriege ich auch oft zu hören: Wie kannst du da hin gehen, wo nur 40 Zuschauer sind. Aber auch das ist ja eine Herausforderung. Da muss man rein horchen in den Verein und gucken, woran es liegt und was man dagegen tun kann.

Häufig sind Trainer nach ein paar Jahren „verbraucht“ – hatten Sie bei Germania zwischendurch mal das Gefühl, dass es soweit ist?

Ja, letzte Saison habe ich mich das öfter gefragt, weil der sportliche Erfolg nicht da war. Irgendwann verpufft wahrscheinlich eine Ansprache und die Spieler sagen: „Der sagt eh wieder das Gleiche.“ Dann fragt man sich: Komme ich noch beim Team an?

Wie haben Sie diese Krise beendet?

Ich hab das Team mit ins Boot genommen. Wir hatten zwei, drei Aussprachen. Ich hab gesagt, sie sollen ehrlich zu mir sein, gefragt: Was können wir verändern? Was ich, wenn es nicht läuft, immer mache ist, mehr und härter zu trainieren. Zum Schluss liegt die Wahrheit auf dem Platz. Nur durch Reden wird es nicht besser. Und die Rückendeckung war dann auch da. Die Spieler sagten: „Es liegt nicht an dir – wenn, dann liegt das an uns.“

Gab es noch andere Krisen zu überstehen?

Was heißt Krise. Es gibt in jeder Saison solche Phasen. Ich kann mich noch genau an das Spiel gegen Germania Halberstadt erinnern. Das war so ein Highlight und ich wusste genau, dass wir danach in ein Loch fallen werden. Und obwohl ich es wusste, habe ich es nicht geschafft, das zu verhindern. Damit haben wir uns in dieser Saison einen noch größeren Erfolg kaputt gemacht. Aber das hast du immer mal. Dann zählt für mich nur, weiter Gas zu geben und sich das Glück zurück zu erarbeiten.

Sie haben in Wulferstedt über die Jahre eine tolle Mannschaft aufgebaut. Was wünschen Sie sich von Ihrem Nachfolger?

Es ist ein gutes Fundament da. Ich hoffe, er kann das aufrecht erhalten. Für mich wäre es das Schlimmste, wenn hier nicht mehr vernünftig gespielt wird. Ich bin ein Mensch und Sportler, der eine neue Herausforderung annehmen will. Aber es muss in Wulferstedt auch weitergehen. Das erhoffe und wünsche ich mir. Ich wohne schließlich noch hier und will auch mal zum Sportplatz runter gehen zum Fußball gucken.

Der neue Trainer hat in Wulferstedt alle Unterstützung. Robert Köhler ist zu jeder Zeit erreichbar oder auch Reiner Dreyer als Abteilungsvorsitzender. Ich hoffe, mein Nachfolger führt das weiter, was wir aufgebaut haben.