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Fußball Mehr Konstanz für das ganz große Ziel

Tino Schulze aus Brunau träumt von der 3. Liga. Der 23-Jährige spielt für den KSV Hessen Kassel in der Regionalliga Südwest.

Von Florian Schulz 16.01.2016, 04:00

Brunau/Kassel l Viele Brunauer drücken sicherlich nicht nur ihrem SVB die Daumen, sondern aktuell auch dem KSV-Team aus Kassel. Dort spielt seit mittlerweile gut anderthalb Jahren nämlich der gebürtige Westaltmärker Tino Schulze. Über Kalbe/Milde, Stendal, Halle, Leipzig und Halberstadt hat der „Wandervogel“, gerade mal 23 Jahre jung, den Weg nach Hessen gefunden und spielt mit seinem Team dort in der Regionalliga. Schulze und der KSV schielen in Zukunft aber eher in Richtung 3. Liga. Genau das ist das große Ziel der Mannschaft von Trainer Matthias Mink.

Bevor man groß herauskommt, muss man erst einmal klein anfangen. So war es auch im Fall Tino Schulze. In seinem Heimatort Brunau gab es für den jungen Fußballer zunächst keine Spielmöglichkeit, drum musste er beim VfL Kalbe/Milde erstmals sein Glück probieren. Unter der Leitung des Trainergespanns Gerhard ter Burg/Bernd Schulz ging Schulze bereits als Fünfjähriger für die F-Junioren des VfL auf Punktejagd. Sein Vater Thomas nahm ihn schon als kleinen Jungen immer mit auf die Sportplätze der Region – und der Sohnemann fand auch selbst schnell Gefallen am runden Leder. „Ich wollte von Beginn an groß herauskommen und den Traum meines Vaters, der damals in Brunau sehr erfolgreich und in einer guten Truppe gespielt hat, weiterleben und mindestens genauso erfolgreich wie er sein. Wenn es geht, sogar noch besser“, erinnert sich der Youngster mit einem Schmunzeln zurück.

Der ungeheure Ehrgeiz war es, der den Westaltmärker – von Beginn an in der Verteidigung beheimatet – schnell voranbrachte. „Ich habe immer versucht, mein Bestes zu geben und nie aufgegeben. Meine Eltern und Freunde haben mir in jeder Situation den Rücken gestärkt“, verrät der 23-Jährige, dessen großes Vorbild David Alaba vom Rekordmeister FC Bayern München ist.

Bis zur D-Jugend „begnügte“ sich Tino Schulze mit Kreisliga-Fußball in Kalbe, doch dann ging es steil bergauf für den Brunauer. Als C-Jugendlicher wechselte er zum 1. FC Lok Stendal in die Ostaltmark. Nach anderthalb Jahren in Stendal hatte sich Schulze bereits seinen ersten großen Traum erfüllt: den Sprung auf eine Sportschule. „Nach einem Punktspiel gegen den Halleschen FC wurde ich einfach angesprochen, ob ich es mir vorstellen könnte, hier zu spielen“, verrät der Defensivakteur. Da er das Ziel hatte, noch ein paar Stufen nach oben zu klettern auf der Karriereleiter, war der Wechsel in die Saalestadt der logische Schritt. Ab der Rückrunde im zweiten C-Jugend-Jahr war der Brunauer für den HFC aktiv – und das immerhin für fast fünf Jahre. Zwei Spielzeiten lang war Tino Schulze mit den Hallensern in der B-Junioren-Regionalliga aktiv, in der A-Jugend dann sogar zwei Spielzeiten in der Bundesliga. „Zu Beginn war es ungewöhnlich, aber ich habe mich dem Niveau nach und nach angepasst und versucht, besser zu sein als die anderen.

Gerade in der Bundesliga war das Niveau sehr hoch und man musste immer an seine Grenzen gehen“, erklärt der 23-Jährige, der Partien gegen Werder Bremen, den VfL Wolfsburg oder auch Hertha BSC Berlin einfach genoss. Der Fußballliebhaber fühlte sich beim HFC sehr wohl, wurde auch direkt gut aufgenommen im Internat. „Es war zum Anfang schon komisch, so weit weg von Familie und Freunden zu sein. Zu Beginn hatte ich schon des Öfteren Heimweh, doch die Freunde, die ich kennen gelernt habe, haben es mir leicht gemacht, allein klar zu kommen“, denkt der Westaltmärker, der seine ehemaligen Kollegen noch immer jährlich im Dezember wiedertrifft, zurück.

Beim Halleschen FC war laut Tino Schulze „alles gut strukturiert und durchgeplant“. Zudem genoss der junge Fußballer vom Dorf auch immer mehr das Stadtleben. Der Tagesablauf für den Westaltmärker war allerdings kein Zuckerschlecken. Schon um 6.30 Uhr musste Schulze aufstehen, um auch pünktlich zum Beginn um 7.30 Uhr in der Schule zu sein. Nach drei Stunden Unterricht wurde gegen 10.30 Uhr die erste Trainingseinheit durchgeführt. Ab 12.45 Uhr musste sich der Kicker erneut seinen Büchern und Heftern widmen. Teilweise endete die Schule erst gegen 16.30 Uhr. „Dann ging es direkt wieder zum Training“, schildert der 23-Jährige, für den erst ab 19 Uhr Freizeit angesagt war. Auch wenn es hart war, bereut der Anhänger von Hertha BSC Berlin den Schritt im Nachhinein nicht. „Gefallen hat es mir dort riesig. Es waren Bedingungen, die man sich als Fußballer wünscht. Der Rahmen war zwar immer streng und knapp geregelt, doch es war alles im Bereich des Möglichen“, blickt er zurück.

Als Tino Schulze dann jedoch 2011 im Herrenbereich in Halle ankam, trennten sich die Wege. „Ich wollte nicht in der zweiten Mannschaft in der Verbandsliga spielen, sondern zumindest in der Oberliga“, erklärt der Youngster. Sein Berater organisierte dem gebürtigen Sachsen-Anhalter ein Probetraining beim 1. FC Lok Leipzig. Mit den Sachsen spielte Schulze dann auch in der Oberliga. „Im ersten Jahr habe ich gemerkt, dass es beim Männerfußball härter zur Sache geht als im Nachwuchs“, blickt der Defensivakteur zurück. Sein Trainer hieß damals Willi Kronhardt. „Ich habe sicherlich allen Trainern meinen Durchbruch zu verdanken, aber Kronhardt hat mir damals die Chance gegeben, im Herrenbereich Fuß zu fassen“, zeigt sich der 23-Jährige noch heute dankbar. „Ich denke, er hat an mir geschätzt, dass ich als jüngster Spieler im Team im Training immer Gas gegeben habe und somit auch der Mannschaft auf dem Feld weiterhelfen konnte“, erklärt der Brunauer, der mit dem 1. FC Lok sogar den Aufstieg in die Regionalliga realisierte.

Zusammen mit seinem Vorgesetzten Willi Kronhardt wechselte Schulze im Jahr 2012 zum VfB Germania Halberstadt in die Regionalliga. „Dass der Trainer als mein sogenannter Ziehvater dorthin gegangen ist, war auch für mich ausschlaggebend“, verrät der Abwehrmann. „In Halberstadt hat es mir viel Spaß gemacht zu spielen und zu trainieren. Wir waren jung und hatten alle richtig Bock auf Fußball“, erinnert sich der Westaltmärker, der immerhin einmal im Landespokalfinale (1:3 gegen den 1. FC Magdeburg) stand, gern zurück an die Germania-Zeit.

Die war im Jahr 2014 mit dem Vertragsende abgeschlossen. Dann suchte Tino Schulze eine „neue Herausforderung“. Nach einem Probetraining beim SSV Jahn Regensburg, damals noch in der 3. Liga beheimatet, entschloss sich Schulze dann aber doch zu einem Wechsel zum KSV Hessen Kassel. „Der Verein befand sich gerade im Umbruch und wollte mich unbedingt haben. Dieser Herausforderung habe ich mich gestellt“, verrät der 23-Jährige. Und es war genau der richtige Schritt für den Westaltmärker, dessen bisher größter Erfolg der Hessenpokalsieg durch ein 1:0 im Finale gegen den SV Wehen Wiesbaden war. „Die Truppe ist überragend und die beste, in der ich je spielen durfte. Doch auch das Drumherum ist einfach klasse“, schwärmt Tino Schulze von seinem aktuellen Klub, bei dem alle Akteure gleich behandelt werden. Das Team belegt in der Regionalliga Südwest aktuell den sechsten Tabellenplatz.

Damit kann man beim KSV leben, doch man möchte „oben dran bleiben und eventuell noch den einen oder anderen Platz nach oben in der Tabelle klettern“, wie Schulze zu verstehen gibt. Das Ziel für den Verein, aber auch für den Westaltmärker selbst ist die 3. Liga. „Ich möchte noch besser werden und härter an mir arbeiten, um dieses Ziel zu erreichen. Ich muss noch an meinem rechten Fuß arbeiten und körperlich robuster werden“, verrät der ehrgeizige Youngster. Die Kasseler spielen als Mannschaft bisher eine gute Saison – aber eben (noch) keine sehr gute. „Die Konstanz fehlt einfach noch. Wir haben immer wieder gute Ansätze, doch in manchen Situationen fehlen Genauigkeit und Präzision“, deckt der 23-Jährige, der sich ab und an gern von älteren Spielern etwas abschaut, auf.

Das Niveau der Regionalliga Südwest schätzt Tino Schulze als sehr stark ein. „Die meisten Vereine haben hier ein deutlich höheres Budget als beispielsweise in der Regionalliga Nordost“, erklärt Schulze. Noch niveauvoller dürfte es in der 3. Liga werden. Dennoch wollen die Hessen genau dorthin. „In dieser Spielklasse würde ich mich speziell auf die Spiele gegen die Ostvereine freuen, man hätte mehr Derbys und zudem wäre wohl auch der Zuschauerschnitt höher“, weiß der Linksfuß. Ganz abgeschrieben hat die Truppe von Trainer Matthias Mink den Aufstieg in dieser Spielzeit noch nicht. „Wir müssen von Spiel zu Spiel schauen und unsere Aufgaben erledigen. Dann werden wir sehen, was noch möglich ist“, lässt sich der Westaltmärker, der auf der linken Außenverteidigerposition zum Einsatz kommt, überraschen. Spielen die Kasseler eine beständige zweite Saisonhälfte, ist der Elf-Punkte-Rückstand auf die Aufstiegsränge womöglich auch noch aufholbar.

Tino Schulze selbst möchte noch „so lange wie möglich Fußball spielen und sehen, wie weit ich es schaffen kann“. Auch nach seiner aktiven Laufbahn würde der 23-Jährige, der aktuell „nur“ von seinem Spielergehalt lebt, gern dem Sport treu bleiben – in welcher Funktion auch immer. „Alles, was mit Sport zu tun hat, macht Spaß, aber ich würde gern im Fußballgeschäft arbeiten“, verdeutlicht Schulze. Der schafft es momentan eher selten, in seinen Heimatort Brunau zu kommen und dort seine Familie und Freunde zu besuchen. „Aber ich versuche jede Gelegenheit dazu zu nutzen“, erklärt der Verteidiger. Vor Ort hat der Youngster in dieser Saison noch kein Spiel der Herren des SV Brunau 06 in der Kreisliga begutachten können. „Aber ich verfolge trotzdem stets, was die Jungs dort machen“, verrät der Westaltmärker. Der könnte sich durchaus vorstellen, irgendwann im höheren Alter auch als Sportler zurück in seine Heimat zu kommen. „Ich muss natürlich schauen, was meine Knochen dann machen, aber ich hätte schon irgendwann mal Lust, mir das Brunauer Trikot überzustreifen“, sagt der 23-Jährige. Und wer weiß: Vielleicht kann Tino Schulze – sollte er in diesem Fall noch nicht zu alt sein – seinem Heimatklub SV Brunau 06 dann wieder zu erfolgreicheren Zeiten verhelfen.