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Handball 100 Kilometer für die Leidenschaft

Die SG Neuferchau/Kunrau ist für Marcel Hanner wie eine zweite Familie. Er engagiert sich im Vorstand, als Schiedsrichter und Coach.

Von Florian Schulz 09.02.2016, 04:00

Neuferchau/Gifhorn l Handball und vor allem die SG Neuferchau/Kunrau sind seine Welt – das allein ist schon Grund genug, um mehrfach in der Woche die Strecke von Gifhorn nach Beetzendorf, wo der Klub spielt und trainiert, auf sich zu nehmen. Marcel Hanner wohnt zwar bereits seit 14 Jahren in Niedersachsen, doch der 38-Jährige hat seine Heimat nicht vergessen. Als Trainer, Schiedsrichter sowie Vorstandsmitglied legt sich Hanner für die SG mächtig ins Zeug.

Man kann Marcel Hanner als akribischen Arbeiter oder auch als „Mädchen für alles“ bezeichnen. „Wenn ich etwas mache, dann auch mit einhundert Prozent“, erklärt der gebürtige Neuferchauer. So überlegt sich der Handballliebhaber auch vorher genau, was für ihn möglich ist. Momentan sind das mehrere Aufgaben. Er trainiert die erste Männermannschaft der SG Neuferchau/Kunrau in der 1. Nordliga, ist als Schiedsrichter sogar bis zur Sachsen-Anhalt-Liga aktiv und kümmert sich bei seinem Heimatverein als Schiedsrichterwart um fast alle Angelegenheiten, die mit dem Landesverband Sachsen-Anhalt (HVSA) verbunden sind. Selbst schnürt Hanner nur noch sporadisch die Schuhe für die SG-Altherren bei Turnieren.

Marcel Hanner probierte in jungen Jahren mehrere Sportarten aus. Gerätturnen in Kunrau war nicht das Richtige, Fußball beim TSV Adler Jahrstedt, wo er mit 16 Jahren in der B-Jugend als Angreifer einstieg, auch nicht. Als Hanner als 18-Jähriger zum Handball kam, fühlte sich der Westaltmärker („Das ist mein Sport“) genau am richtigen Ort. „Ich habe schon zuvor in der Schule oft an Handball-Arbeitsgemeinschaften teilgenommen. Das hatte mir damals schon gefallen“, erklärt der Sportliebhaber. Unter der Regie von Spielertrainer Peter Taeger spielte Marcel Hanner anfangs in der zweiten Männermannschaft der SG Neuferchau/Kunrau und biss sich dort recht schnell durch. „Ich wurde als Kreisläufer ausgebildet und habe eigentlich auch immer auf dieser Position gespielt“, verrät der heute 38-Jährige, der anfügt: „Ich war zwar aggressiv, aber immer fair. Ich konnte das Spiel auch immer gut lesen, was am Kreis enorm wichtig war.“ Das Talent von Hanner blieb auch nicht lange unentdeckt. Schon nach recht kurzer Zeit wurde er vom damaligen Trainer Rainer Schulz in den Kader der ersten Vertretung geholt. Mit dieser schaffte er den Aufstieg in die 1. Nordliga, wo die SG noch heute auf Punktejagd geht. „Ich war bissig, habe mich viel bewegt und hatte eigentlich auch eine gute Trefferquote“, so der Westaltmärker rückblickend.

Im Jahr 2000 nahm Marcel Hanner eine weitere Herausforderung an. Er entschloss sich, als Schiedsrichter die Sporthallen der Region zu bereisen. „Hans-Jürgen Kleinecke hat mich damals gefragt, ob ich dazu Interesse hätte. Der Verein hat Referees gebraucht, mir hat es dann auch auf Anhieb Spaß gemacht“, verrät Hanner. Mit Ulf Kleinecke fand der Sport-enthusiast dann auch schnell seinen „Traumpartner“. „Es ist eigentlich bei uns immer gut gelaufen, wir wurden dann auch vom HVSA mehrfach beobachtet“, erzählt der gebürtige Neuferchauer. Zusammen mit Kleinecke ging es für ihn in den Bezirksförderkader. Seit vier Jahren gehört das westaltmärkische Duo nun schon dem Landeskader an. Damit durfte es Spiele bis zur Verbandsliga der Herren sowie Sachsen-Anhalt-Liga der Frauen leiten und stand damit auch unter ständiger Beobachtung. Da sich die Beurteilungen sehen lassen konnten, folgte 2015 der Aufstieg vom B- in den A-Kader. Damit dürfen Marcel Hanner und Ulf Kleinecke Partien bis hin zur Sachsen-Anhalt-Liga der Herren pfeifen. Das Highlight für das Gespann war ganz klar die Ehre, das Freundschaftsspiel im Juli des vergangenen Jahres zwischen einer Westaltmarkauswahl und dem Bundesligisten SC Magdeburg in Beetzendorf leiten zu dürfen. „Ich denke, das zeigt auch, dass wir unseren Job gut machen. Wir sind nach wie vor sehr froh darüber“, so der 38-Jährige.

Mittlerweile hat Marcel Hanner bei der ersten Männertruppe der SG Neuferchau/Kunrau als Trainer das Sagen, nachdem er auf Nachfrage bereits in der Rückrunde der vergangenen Spielzeit als Co-Trainer von Michael Jahn arbeitete. Jahn legte sein Amt allerdings nach der Serie 2014/2015 vor allem aus beruflichen Gründen nieder. „Wir haben uns zusammengesetzt und einen Plan ausgearbeitet“, verrät Hanner. Nach dem Abschied Jahns, der sporadisch noch zur Unterstützung dabei ist, stieg das SG-Urgestein zum Chefcoach der Truppe in der 1. Nordliga auf. Die Vorbereitung gestaltete sich nach einem kleinen personellen Aderlass nicht gerade einfach. Dafür gelang in spielerischer Hinsicht der Einstieg in die neue Saison. „Wir haben gut hereingefunden, uns allerdings einige ärgerliche Punktverluste erlaubt“, verrät der Übungsleiter, der die Mannschaft „nach vorn bringen“ und in der 1. Nordliga halten möchte. „Das Potenzial dafür hat die Mannschaft, sie braucht nur etwas mehr Selbstvertrauen und muss sich zudem noch richtig finden“, ist der 38-Jährige von seinen Schützlingen, die nach wie vor in akuter Abstiegsgefahr schweben, überzeugt. „Mir war klar, dass es eine schwere Saison wird. Vom Potenzial her sehe ich uns jedoch im Mittelfeld“, fügt Marcel Hanner, der von vielen „unglücklichen“ Niederlagen spricht, an.

Als Trainer sieht sich der gebürtige Neuferchauer allerdings nur als „Notlösung“. „Ich habe mich zwar intensiv auf diese Aufgabe vorbereitet, aber mir fehlt einfach die Erfahrung. Für einen qualifizierteren und erfahreneren Trainer aus der Region würde ich meinen Platz auch räumen“, gibt Hanner zu verstehen. Schließlich steht für ihn nicht sein eigenes Wohl im Vordergrund, sondern das des Vereins. „Der bedeutet mir alles, kommt dicht hinter meiner Familie. Ich bin das ganze Wochenende für die SG unterwegs, sie ist meine zweite Heimat“, schwärmt der 38-Jährige, der verrät: „Ich helfe, wo ich kann.“ Den Weg zu einem anderen Klub kann sich Marcel Hanner gar nicht vorstellen. „Ich möchte immer für meinen Heimatverein da sein – in welcher Funktion auch immer“, so der Handballer mit Herz und Seele, der für viele Aktive auch ein beliebter Ansprechpartner bei Konflikten ist. „Ihnen stehe ich dann eigentlich auch immer unterstützend zur Seite“, erzählt der Wahl-Gifhorner, der zu jedem Training und Spiel in Beetzendorf rund 100 Kilometer zurücklegt.

Als Schiedsrichter möchte Marcel Hanner nach Möglichkeit das aktuelle Niveau halten, auch wenn laut seiner Auskunft „Aufstiegschancen“ bestehen. Der Referee beschreibt sich selbst als „ruhigen und kompetenten“ Vertreter. „Mit mir kann man immer reden, doch ich stehe auch stets zu meinen Entscheidungen“, verrät der 38-Jährige. Selbst ist Hanner nur noch sporadisch für die Altherren aktiv, die Aufgabe als Unparteiischer ist ihm wichtiger. „Deshalb habe ich als Aktiver auch vor fünf Jahren aufgehört“, so der gebürtige Neuferchauer. Zu diesem Zeitpunkt hatte er seine Laufbahn in der zweiten Mannschaft („Die war ohnehin gut und ausgeglichen besetzt“) langsam ausklingen lassen. Vermutlich ist der ehrgeizige und emsige Marcel Hanner für die SG Neuferchau/Kunrau aber auch gerade jetzt als Funktionär weitaus wichtiger.