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Fußball Kein Techniker, aber ein großer Kämpfer

Christian Walter vom SV Liesten entdeckte erst spät die Liebe zum Fußball.

Von Florian Schulz 31.05.2017, 10:00

Liesten/Pretzier l Schon allein wegen seiner Größe verschafft sich Christian Walter großen Respekt bei seinen Gegenspielern. Doch der 33-jährige Abwehrspieler des Landesklasse-Vertreters SV Liesten 22 scheut sich auch vor keinem Zweikampf und zeigt trotz seines fortgeschrittenen Alters noch immer vollen Einsatz. Daher genießt „Honne“, wie Walter liebevoll genannt wird, nicht nur beim SVL ein hohes Ansehen. Womöglich ist es für Christian Walter die letzte Saison im Herrenbereich. Nach 15 Jahren beim SV Liesten 22, in denen er (fast) alles erlebte, lässt Walter nun endgültig den jüngeren Spielern den Vortritt. Immerhin verabschiedet sich der aus Benkendorf stammende Defensivakteur mit einem Kreispokalsieg. Selbigen Titel feierte „Honne“ wenige Tage später auch mit den Altherren der SG Pretzier/Chüden, für die er parallel auch noch aktiv ist.

Erst verhältnismäßig spät entdeckte Christian Walter seine Liebe zum runden Leder. Als Zwölfjähriger schloss er sich den C-Junioren der SG Pretzier an und hörte auf die Kommandos von Axel Schweigel, Andreas Krempin und Dieter Heymann. Als Stürmer war Walter schnell erste Wahl und geizte auch nicht mit Treffern. Nach drei Jahren löste sich die Pretzierer B-Jugend auf, so dass der gebürtige Benkendorfer zur SG Saalfeld übersiedelte. „Die ersten fünf Spiele haben wir allesamt gewonnen, die restlichen 25 Partien allerdings verloren“, kann sich der 33-Jährige mit einem Schmunzeln noch ganz genau zurückerinnern. „Ich war zwar ziemlich groß, aber das Kopfballspiel und auch die Technik waren trotzdem nicht meine Stärken. Ich hatte eher diesen Torriecher und wusste, wo ich zu stehen habe“, beschreibt sich der sympathische Westaltmärker, der schon zuvor oft mit Akteuren wie Marc Pätzold oder Norman Weiß in Liesten gebolzt hatte, selbst. Zum Fußball brachte ihn aber erst – und das im wahrsten Sinne des Wortes – Großvater Herbert Helmke. „Er hat mich zunächst immer zum Training und zu den Spielen gefahren und war eigentlich auch bei jeder Partie dabei“, verrät der immer noch sehr dankbare Christian Walter.

„Habe weit über 100 Tore für Liesten erzielt“

Mit 18 Jahren durfte Walter für die Herren des SV Liesten 22 unter der Leitung von Sigmar Pätzold auflaufen. Damals spielte die Truppe noch in der 2. Kreisklasse Nord um Punkte. Doch der SVL verstärkte sich immer namhafter und schaffte von 2002 bis 2005 tatsächlich den Durchmarsch bis in die Landesklasse. In seiner Anfangssaison wurde Walter, nach wie vor als Angreifer im Einsatz, mit 27 Treffern auf Anhieb Torschützenkönig der untersten Spielklasse. Nach dem Abstieg aus der Landesklasse, in der die Liestener nur eine Saison aktiv waren, spielten die Mannen aus dem Waldstadion mehrere Jahre im Kreismaßstab. Christian Walter wurde, da er viele Wege auf dem Feld ging und läuferisch sehr fleißig war, im Laufe der Zeit ins Mittelfeld auf die rechte Außenbahn versetzt. Dennoch traf Walter weiterhin fast nach Belieben. „Ich habe weit über 100 Tore für Liesten erzielt“, erzählt der 33-Jährige stolz, aber keineswegs überheblich klingend.

Vor zehn Jahren warf den gelernten Offensivakteur ein schwerer Verkehrsunfall – er wurde von einem Motorrad angefahren und brach sich das Schien- und Wadenbein – weit zurück. Ganze zwei Jahre musste Christian Walter auf sein Comeback warten. Nachdem er zuvor immer seinen Stammplatz sicher hatte, war es natürlich ein schwieriger Weg zurück in die erste Elf. Doch als Vorstopper arbeitete sich Walter in das Team zurück und konnte dort mittlerweile dann auch mit seinem Kopfballspiel und seiner Kompromisslosigkeit glänzen. 2012 bildete sich in Liesten eine zweite Herrenmannschaft, die von Peter Bresch gecoacht wurde. Diese musste ganz unten, also in der 2. Kreisklasse Nord, anfangen, stieg allerdings zweimal in Folge bis in die Kreisoberliga auf. Christian Walter führte die SVL-Reserve („Ich war mir für den Verein nie zu schade, auch in der Zweiten zu spielen“) als Kapitän auf das Feld. Generell hat sich „Honne“ beim SV Liesten 22 schon immer äußerst wohl gefühlt. „Das ist wie eine große Familie. Man bekommt hier von fast allen Leuten Unterstützung, wenn man sie braucht“, schwärmt der 33-Jährige, der ohnehin viele Freunde im und rund um den Verein hat.

Nachdem sich die zweite Herrenvertretung nach drei Jahren aus Personalmangel auflöste, rutschte Christian Walter wieder in den Kader der ersten Mannschaft. Die spielt schon seit Jahren im soliden Mittelfeld der Landesklasse mit, hat sich vor der aktuellen Saison jedoch stark verjüngt. Nachdem ehemalige Leistungsträger wie Marian Falkenhagen, Norman Weiß oder eben auch Michael Piotrowski, mittlerweile Trainer des Teams, längst nicht mehr zum Kader zählen, befindet sich der SVL noch immer in einer Art Findungsphase. „Wir sind momentan auf einem guten Weg“, verrät der 33-Jährige, der die Truppe definitiv unter den Top-Fünf der Landesklasse sieht. „Ich selbst bin in Liesten dank vieler toller Trainer wie Sigmar Pätzold, Dietrich Timm, Lutz Bierstedt oder auch Thomas Schulz definitiv ein besserer Spieler – vor allem in taktischer Hinsicht – geworden. Allerdings sind viele Stürmer mittlerweile einfach schneller als ich, so dass ich viel mit Stellungsspiel wettmachen muss“, verrät der Routinier, der mit Matthias Wiese, Pawel Kijewski oder auch Steffen Mangrapp in der Innenverteidigung mehrere jüngere Akteure vor sich hat, an denen für ihn kaum ein Vorbeikommen ist. Aufgrund seines Alters lässt „Honne“ diesen Spielern auch gern den Vortritt, freut sich aber nach wie vor über jeden einzelnen Einsatz.

„Starke und taktisch gut eingestellte Truppe“

Womöglich ist es für Christian Walter die letzte Saison im Herrenbereich. Umso schöner war es für den altgedienten Akteur, sich mit einem Kreispokalsieg zu verabschieden. An Christi Himmelfahrt kam er im Endspiel gegen den SV Eintracht Salzwedel in Arendsee (5:2) zwar nicht selbst zum Einsatz, zählte aber dennoch zum Kader und freute sich trotzdem über das Erreichte. Seit der Rückrunde der aktuellen Spielzeit ist Walter auch Teil der Altherren der SG Pretzier/Chüden, die die Saison auf dem zweiten Platz hinter Meister VfB 07 Klötze beenden werden. „Ich hatte, da ich ja schon im Nachwuchs dort gespielt habe, ein gutes Verhältnis zu den Pretzierern. In Liesten habe ich momentan, wenn alle da sind, starke Konkurrenz. Und da es mir wichtig ist, Fußball zu spielen, habe ich mich auf Nachfrage auch für die SG entschieden. Das ist eine starke und taktisch gut eingestellte Truppe“, so der 33-Jährige, der sichtlich Spaß bei den „Oldies“ hat. Als rechter Verteidiger schaltet sich „Honne“, der noch immer von seiner Schnelligkeit profitiert, auch oft ins Offensivspiel mit ein. Mit den Altherren aus Pretzier und Chüden freute sich Walter kürzlich ebenfalls über den Kreispokalsieg. In Kuhfelde setzte sich die Truppe mit 1:0 gegen Ligakonkurrent SG Kusey/Immekath/Jahrstedt („Es war schön, dass wir hinten die Null gehalten haben“) durch. Ins Endspiel gebracht hatte der mittlerweile in Pretzier lebende Defensivakteur die SG höchstpersönlich durch ein Kopfballtor zum 1:0-Sieg im Halbfinale gegen Klötze. Alles in allem war es für Christian Walter also eine tolle Saison.

Gänzlich Schluss sein soll für den Westaltmärker aber auch nach dieser Spielzeit noch nicht. Der 33-Jährige fühlt sich noch fit genug und möchte zumindest im Altherrenbereich weitermachen. Für den SV Liesten 22 wünscht sich Walter, der sich selbst aus beruflichen Gründen kein Amt im Vorstand sowie auch keine Funktion als Trainer oder Schiedsrichter vorstellen kann, auf Dauer den Landesklasse-Staffelsieg und den damit verbundenen Aufstieg in die Landesliga. „Das Zeug dazu haben die Jungs definitiv, dazu haben sie mit Michael Piotrowski einen guten Trainer“, erklärt der Defensivakteur. Der wünscht sich für den Verein auf Dauer noch mehr junge Spieler, die sich an die Landesebene heranwagen. „Ich persönlich habe die Jahre in der Landesklasse nie bereut. Man kann nur dazulernen“, macht der Routinier auch den Youngster Mut. Auch wenn Christian Walter vielleicht kein Stamm- oder Führungsspieler mehr ist, so hinterlässt er mit seiner Historie beim SV Liesten 22 nach immerhin 15 Jahren mit Sicherheit eine große Lücke.