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Fußball Mitverantwortung ist zu groß

Der alte Mann muss es beim SV Arendsee immer noch richten.

Von Florian Schulz 01.08.2018, 03:00

Arendsee l Hendrik Idler ist beim SV Arendsee der letzte Spieler aus der Generation, die einst sogar am Landesliga-Aufstieg schnupperte. Davon sind die Seestädter mittlerweile weit entfernt. Mit dem 44-jährigen Libero Idler sind sie in der Kreisliga aktiv, haben dort aber in der neuen Saison einiges vor. Die Mannschaft des SV Arendsee wurde in den vergangenen Jahren stark verjüngt. Viele Akteure aus dem eigenen Nachwuchs rückten in den Herrenkader auf. Sie alle brauchen aber auch einen erfahrenen Spieler, der sie führt. Als solchen kann man wohl zweifellos Hendrik Idler bezeichnen. Mit seinen 44 Jahren könnte er fast der Vater vom Großteil seiner Mitspieler sein. „Man möchte da einfach noch ein wenig Struktur reinbringen“, begründet Idler, warum er noch immer nicht an das Karriereende denkt.

In seinem Heimatort Kleinau gehörte Hendrik Idler bereits mit acht Jahren der Schulauswahl der POS an. Trainiert wurde der zentrale Mittelfeldspieler, der schon immer von seiner starken Technik profitierte, von Peter Mund und Karl-Heinz Niemeyer. „Wir hatten einen starken Jahrgang, unter anderem mit Spielern wie Daniel Moosmann, Alexander Albrecht oder auch Sven Lüdtke“, erinnert sich der Westaltmärker zurück.

Ab der siebten Klasse zog es Idler ins Trainingszentrum nach Osterburg, wo er auch in der Kreisauswahl aktiv war. „Kleinau gehörte damals zum Kreis Osterburg. Drum sind mehrere Spieler aus unserem Dorf dorthin gegangen“, verrät der 44-Jährige, der zumeist im Verein auf Bezirksebene unterwegs war. Da es in Kleinau später keine Spielmöglichkeit mehr gab, wechselte Hendrik zum benachbarten SV Arendsee. Dort spielte er schon mit 16 Jahren für die zweite Herrenmannschaft.

Doch schon bald ging es für ihn hoch in die Erstvertretung, in der Dieter Stiller und Wolfgang Binde das Sagen hatten. „Wir standen mehrfach auf dem Sprung in die Landesliga“, so der gelernte Mittelfeldakteur. Doch 2001 ging der Schuss mächtig nach hinten los. Da der Sportplatz in Arendsee umgebaut wurde, musste der SVA nach Kleinau ausweichen und dort seine Heimspiele austragen. „Dort kamen wir gar nicht klar, weil der Platz eher einem Acker glich. Wir haben daheim viele Partien verloren und sind am Ende sogar abgestiegen“, denkt Idler ungern zurück.

Anschließend kam es zu internen Querelen im Verein, die dazu führten, dass das lange zuvor geplante Freundschaftsspiel gegen Bundesligist VfL Wolfsburg im Rahmen der Platzeinweihung fast abgesagt werden musste. „Wir als Mannschaft wollten Wolfgang Binde unbedingt als Trainer behalten, wobei mächtig an seinem Stuhl gesägt wurde“, beschreibt Hendrik Idler die damalige Situation. Viele Akteure verließen den Verein, die Übriggebliebenen schlossen sich mit denen der zweiten Vertretung zusammen und bestritten das Duell gegen Wolfsburg, das mit 0:24 verloren ging.

Anschließend ging es beim SVA immer wieder rauf und runter, was die Spielklassen betraf. „Wir waren so etwas wie eine Fahrstuhlmannschaft“, deutet der 44-Jährige auf die Tatsache hin, dass man sich ständig zwischen Landesklasse und Kreisliga bewegte. Dazu gab es in der Seestadt viele Trainerwechsel. Einer, der aber nie wechselte, war Idler selbst. Viele ehemalige und erfolgreiche Spieler sind mittlerweile fast deutschlandweit verstreut und haben ihre Laufbahn beendet. Doch man trifft sich immer noch mehrfach im Jahr. „Wir haben uns irgendwann dazu entschlossen, dass immer einer der Ehemaligen in seinem jetzigen Wohnort ein Gaudi-Hallenturnier organisiert. Wir waren daher schon unter anderem in Trier, Paderborn, Hannover, Berlin oder auch Hamburg. Ich persönlich finde, dass es eine tolle Geschichte ist“, verrät der 44-Jährige.

Der fühlt sich noch fit genug, um weiterhin in der SVA-Herrenmannschaft aktiv zu sein. „Wir hatten in den letzten drei bis vier Jahren Personalsorgen. Somit hat man sich, auch wenn man die Wochenenden sicherlich auch gern mal etwas anders gestaltet hätte, einfach noch mitverantwortlich gefühlt und ein schlechtes Gefühl, wenn die Jungs ansonsten vielleicht nur mit zehn Mann antreten“, verrät Idler. Der ist froh, dass die Personaldecke seit gut einem Jahr durch das Nachrücken vieler junger Spieler wieder größer geworden ist. „Solange es beruflich und gesundheitlich möglich ist, werde ich auch weiterhin versuchen, mich fit zu halten. Diesen Antrieb habe ich einfach noch in mir“, so der 44-Jährige.

 Dabei kommt ihm entgegen, dass die Partien am Sonntag stattfinden. „Am Sonnabend hätte ich sicherlich keine Zeit mehr, denn da muss ich mich um viele private und familiäre Dinge kümmern“, erklärt er. In der Kreisliga-Mannschaft von Trainer Klaus Syring fühlt sich der Routinier noch immer pudelwohl. „Ich bin aber auch realistisch und sage mir, dass das Niveau für höhere Ligen sicherlich nicht mehr reicht. Doch als Libero kann ich die Spiele in der Kreisliga von hinten noch ganz gut leiten“, so der Mann mit der Rückennummer sechs, der noch immer erste Wahl beim SVA ist. Dabei trainiert der 44-Jährige so gut wie nie mit der Mannschaft. Da er zumeist in der Nacht arbeiten muss, schafft es der Routinier nicht zu den Einheiten, weil er sich dort bereits im Bett zur Ruhe setzt.

Hendrik Idler wünscht sich, dass die jungen Akteure in Arendsee weiterhin zur Stange halten und auch immer mehr Verantwortung übernehmen. „Als Teamspieler muss ich meiner Mannschaft helfen. Leider sind die Prioritäten heutzutage oft anders gesetzt. Bei uns war damals der Fußball die klare Nummer eins und wir wollten kein Spiel verpassen“, blickt Idler auf seine Jugendzeit zurück. Das Ziel der Seestädter in der kommenden Kreisliga-Saison lautet, möglichst weit oben im Klassement mitzuspielen. „Wir haben mit Kevin Temmler oder auch Julian Much gute Spieler dazubekommen. Ich denke, wenn alle Akteure den Großteil der Partien bestreiten können, sollten wir in der Lage sein, oben dabei zu sein“, blickt der Libero voraus.

Dabei erinnert er sich gern auch an die Hinserie der Vorsaison zurück, als der SVA noch ganz vorn mitmischte: „Dann kam allerdings der lange Winter, so dass wir in der Rückrunde teilweise dreimal in einer Woche spielen mussten. Dazu kamen dann noch Verletzungen, während die verbliebenen Akteure auf dem Zahnfleisch krochen. Dort haben wir einige Punkte liegen gelassen.“

Den Verein sieht Hendrik Idler solide aufgestellt. „Wir haben mit Martin Retzlaff einen agilen Vorsitzenden, der viel in Bewegung ist. Wir haben hier zudem eine tolle Anlage und mit dem See dazu auch gute Trainingsbedingungen. Die Entwicklung ist schon toll“, erklärt der 44-Jährige, der mittlerweile auch eine Wohnung in Arendsee hat. Er selbst hat noch immer den sportlichen Ehrgeiz, um das Maximum herauszuholen. „Über Titel freut man sich immer, allerdings sehe ich es auch nicht mehr zu verbissen. Ich habe auch kein Problem damit, für junge Spieler Platz zu machen. Ich nehme mich da nicht wichtig“, so Idler.

Der hatte immer das Glück, von größeren Verletzungen verschont geblieben zu sein, so dass er noch immer mit Spaß dabei ist. „Für den Verein ist es auf Dauer wichtig, dass er in sicheres Fahrwasser gerät und mit einem guten Kader den Spielbetrieb fortführen kann. Es ist einfach wichtig, den Zuschauern etwas zu bieten und ihnen etwas zurückzugeben“, hat der Seestädter auch ein großes Auge auf den Nachwuchs geworfen. „Von diesem lebt jeder Verein. Doch die Zeiten haben sich etwas geändert, weil viele junge Spieler wegen Beruf und Studium wegziehen“, weiß er. Doch glücklicherweise gibt es ja noch Routiniers wie Hendrik Idler vom SV Arendsee, die scheinbar nie alt und müde werden.