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Fußball Verjüngungskuren haben begonnen

Auch in der Westaltmark, rund um Salzwedel, lautet das Motto mehr denn je "Jugend forscht". Das gilt speziell für die kreislichen Ligen.

Von Florian Schulz 26.10.2017, 05:00

Salzwedel l Wie in vielen Kreisen, so auch in der West-Altmark wird in den Vereinen mehr und mehr auf die Nachwuchsarbeit gesetzt.

Jann-Fiete Arp war vor wenigen Wochen der erste Spieler des neuen Jahrtausends, der in der 1. Bundesliga für den Hamburger SV zum Einsatz kam. Arp erblickte am 6. Januar 2000 das Licht der Welt und viele Fans wunderten sich sicherlich, dass ein junger Spieler – der noch zwei Jahre in der A-Jugend spielen darf – so früh bei den „Rothosen“ ins kalte Wasser geworfen wird. Bemerkenswert: Das 17-jährige Megatalent und HSV-Eigengewächs verfügt bereits über einen Marktwert von 300.000 Euro (Quelle: www.transfermarkt.de).

Dies zeigt aber auch, welch große Bedeutung die Jugendarbeit mittlerweile fast überall in Deutschland und der Welt hat. Blickt man allerdings an den Wochenenden auf die westaltmärkischen Sportplätze, stellt man fest, dass sich auch dort auf den Spielberichtsbögen immer mehr Akteure mit den Geburtsjahrgängen 1999 sowie 2000 wiederfinden.

Nach dem wohl mittlerweile (fast) überall bekannten Sonderspielrecht-Antragsschema gingen vor Beginn der laufenden Spielzeit auch wieder viele westaltmärkische Vereine vor. Speziell dem SV Eintracht Salzwedel kam diese Sonderregelung mit Sicherheit entgegen, denn in beiden Herrenteams tummeln sich mehrere 17-jährige Akteure. Die Eintracht stellt aktuell keine A-Jugend und lässt die jungen Talente bereits wertvolle Luft im Herrenbereich schnuppern. In der zweiten Kreisoberliga-Vertretung sind Spieler wie Jannis Junker, Florian Manthey oder auch Cedric Gromeier – in der Vorsaison allesamt noch in der B-Jugend aktiv – bereits feste Größen.

Dabei ist das Überspringen einer Altersklasse besonders in körperlicher Hinsicht ein echtes Brett. Spielerisch und konditionell sind viele junge Akteure in unserem Kreis indes aktuell gut bis sehr gut ausgebildet, was man momentan auch in Salzwedels Landesklasse-Mannschaft sieht. Alf Müller, Jan Plewe und Habtom Salomon Yohannes haben in dieser Saison ihr Potenzial schon mehrfach angedeutet. „Ich denke, dass wir noch nicht erfahren genug sind, um ganz oben mitzuspielen“, trat SVE-Trainer Burghardt Schulze vor der Saison mit Bedacht auf die Euphoriebremse. Im oberen Tabellendrittel haben sich die Kreisstädter mittlerweile aber etabliert.

„Uns kommt diese Sonderregelung vor allem in personeller Hinsicht sicherlich entgegen. Die Spielpraxis bei den Herren tut den jungen Spielern gut. Allerdings brauchen sie noch etwas Anpassungszeit, denn gerade körperlich ist der Unterschied zwischen Jugend- und Männerbereich ja recht groß“, verrät Salzwedels stellvertretender Sektionsleiter Guido Eisenschmidt. Zur nächsten Saison wird die Eintracht mit großer Wahrscheinlichkeit wieder eine A-Jugend stellen. Dennoch glaubt Eisenschmidt, dass sich der Trend in Sachen A-Jugendteams fortsetzt: „Es werden sicherlich immer weniger Mannschaften. Hinzu kommt, dass wir in der Altmark auch nicht die günstigste Lage haben.“

Ähnlich wie bei der Eintracht sieht es beispielsweise auch beim Kreisoberligisten und ehemaligen Landesklasse-Vertreter Diesdorfer SV aus, der sich ebenfalls verjüngte und aktuell um den Klassenerhalt kämpft. Cedrik Hecht und Luca Siemann rückten als erste von mehreren weiteren Kandidaten direkt von der B-Jugend in den Herrenbereich auf, fügten sich dort nahtlos ein. Die geplante A-Junioren-Spielgemeinschaft der SG Diesdorf/Langenapel mit dem SV Hagen-Mahnburg aus Niedersachsen kam nicht zustande, so dass sämtliche Akteure der Jahrgänge 1999 und 2000 aktuell nur die Spielmöglichkeit im Herrenbereich besitzen. Da die westaltmärkische Spielgemeinschaft zwischen dem Diesdorfer SV und dem SV Langenapel auch keine B-Jugend stellt, hängen auch die Jahrgänge 2001 sowie 2002 in der Luft.

„Vielleicht ist diese Sondergenehmigung für 17-Jährige im Herrenbereich für die A-Jugend-Teams nicht so förderlich“, hat beispielsweise David Heitmann festgestellt. Heitmann hatte zuvor die B-Jugend der SG Diesdorf/Langenapel trainiert, musste die Verantwortung für insgesamt 18 eingeplante A-Jugend-Spieler nun aber (ungewollt) – sein Plan, mit seinen Schützlingen in die niedersächsische Kreisliga Gifhorn auszuweichen, ging nicht auf und es kam zur Auflösung – abgeben. Mit dem Verbandsligisten SSV 80 Gardelegen sowie den Landesligisten SG Eintracht Mechau und SG Jävenitz/Kloster Neuendorf gehen also nur noch drei A-Jugend-Teams – der MTV Beetzendorf und der Kuhfelder SV lösten sich mit Beendigung der vergangenen Saison aus personellen Gründen auf – im gesamten Altmarkkreis Salzwedel auf Punktejagd. Eine äußerst magere Zahl.

Auch ein ambitionierter Stadtverein wie der VfB 07 Klötze stellt aktuell keine A-Jugend. Junge Akteure wie Marvin Riecke, Marvin Steinig oder auch Vincent Opitz rückten somit direkt in den Herrenbereich auf. „Wir müssen sie erst einmal integrieren. Von daher sehe ich diese Serie eher als Übergangssaison an“, äußerte sich VfB-Männertrainer Kevin Riewe vor der Spielzeit. Seine Zurückhaltung war berechtigt, denn bislang hält sich die junge Mannschaft von der Purnitz, in der Vorsaison immerhin Kreisoberliga-Vizemeister, „nur“ im Tabellenmittelfeld auf.

Das liegt aber nicht nur an der Verjüngungskur, sondern auch an mehreren Abgängen sowie Langzeitverletzten, die aber in nächster Zeit zurückkehren und für neuen Schwung sorgen sollen. Klötzes Ligakonkurrent TSV 1919 Kusey hätte ebenfalls gern einige 17-jährige Talente eingesetzt. Da diese allerdings noch nicht das erforderte Jahr dem Verein angehörten, war dies nicht möglich. „Diese Regelung finde ich ehrlich gesagt bescheuert. Da werden größere Vereine, die im Vergleich zu uns Dorfmannschaften eine A-Jugend haben, klar bevorteilt. Da sollte es auch noch einmal eine Sonderregelung geben, sonst sind die Spieler vielleicht für immer weg“, äußert sich TSV-Trainer Klaus-Dieter Steckhan zum Sachverhalt. Ähnlich ergeht es allerdings vielen weiteren Vereinen in der Westaltmark.

Diese Regel wurde übrigens nicht vom Kreisfachverband (KFV) Altmark West und auch nicht vom Landesverband Sachsen-Anhalt (FSA), sondern vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) aufgestellt. Somit haben weder der KFV noch der FSA die Möglichkeit, diese zu kippen. „Ich sehe das zweigeteilt. Einerseits ist es gut, dass der Herrenbereich gestärkt wird, andererseits schwächt es den A-Jugend-Bereich. Ich bin der Meinung, dass jeder Juniorenspieler in seiner entsprechenden Altersklasse aktiv sein sollte. Wäre dies so, hätten wir hier in der Westaltmark mit Sicherheit auch einen eigenen Kreisspielbetrieb in der A-Jugend“, erklärt der Spiel- und Jugendausschussvorsitzende des KFV, Axel Garz.

Der glaubt, dass durch den demographischen Wandel die Herrenteams immer mehr auf 17-Jährige angewiesen sein werden und somit die Zahl der A-Jugendmannschaften noch weiter zurückgeht. Als Vertreter des SV Arendsee stellt Garz fest: „Wir haben in der letzten Saison selbst vier 17-Jährige bei den Männern integriert. Bei einigen von ihnen hat man gemerkt, dass dieser Schritt zu früh kommt, andererseits waren wir auch auf diese Akteure angewiesen.“

Der Trend geht in den kommenden Jahren vermutlich eher in die Richtung, dass die meisten Teams der Region noch weiter durch A-Jugendspieler verjüngt werden. Und auch wenn darunter womöglich zunächst der sportliche Erfolg auch mal ein wenig leidet, so zeigt nicht nur das Beispiel Jann-Fiete Arp beim Hamburger SV, dass es sich für die Vereine auf Dauer lohnt, 17-jährige Spieler so gut wie möglich zu fördern und früh an den Herrenbereich heranzuführen.