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Fußball Wunsch nach einem faireren Miteinander

Eine Woche ohne Sport? Für André Liesche aus Wenze unvorstellbar. Der 48-Jährige liebt die Bewegung.

Von Florian Schulz 15.10.2016, 01:01

Wenze l Es gab Zeiten, da war André Liesche an sechs von sieben Wochentagen sportlich aktiv. Ganz so verbissen sieht es der Westaltmärker heute zwar nicht mehr, doch als Referee bereist er noch immer Woche für Woche die Sportplätze der Region. Aufgrund seiner ruhigen und sympathischen Art ist Liesche fast überall gern gesehen.

Geboren ist André Liesche in Hohenmölsen bei Weißenfels, doch schon kurz nach seiner Geburt zog er mit seiner Familie nach Beetzendorf in die beschauliche Westaltmark. „Ich habe früh angefangen und damals auch viel Sport gemacht“, verrät der heute 48-Jährige. Dem Fußball jagte Liesche bereits seit 1975 bei Traktor Beetzendorf hinterher. In der Kinder-Mannschaft zog der Sachsen-Anhalter als zentraler Mittelfeldspieler die Fäden. Als Fünftklässler schaffte es der Sportenthusiast dann sogar in die Kreisauswahl, für die er als linker Läufer aktiv war. Von 1983 bis 1987 spielte André Liesche für Traktor Klötze, mit den A-Junioren war er sogar in der Landesliga unterwegs. Nebenbei spielte Liesche auch noch Volleyball und betrieb Kraftsport-Vierkampf in Beetzendorf. Doch damit nicht genug, war der Westaltmärker nämlich auch noch als Leichtathlet aktiv. Von Montag bis Freitag hatte Liesche in sportlicher Hinsicht sein Schaffen, der einzige freie Tag in der Woche war der Sonnabend. Sonntags bestritt er mit den Fußballern seine Partien.

Aufgrund seines Studiums beendete André Liesche nach seiner Nachwuchszeit vorübergehend seine Fußballer-Laufbahn. Diese setzte er erst 1995 beim SV Rot-Weiß Wenze fort. Für den Verein in seinem neuen Heimatort war Liesche auch noch mit 43 Jahren im Herrenbereich am Ball. Damals spielte Wenze unter der Regie von Axel Dörwald und Gunnar Teichmann in der 1. Kreisklasse und schaffte später den Aufstieg in die Kreisliga (heute: Kreisoberliga). In dieser Spielklasse ist der Klub noch heute aktiv und kämpft dort mit allen Mitteln um den Klassenerhalt. „Über die Jahre bin ich immer weiter nach hinten gerückt. Über den Angriff, das Mittelfeld und die Abwehr habe ich später sogar im Tor gestanden“, erinnert sich der beidfüßige 48-Jährige mit einem Schmunzeln zurück. „Der Verein stand zwischenzeitlich kurz vor der Auflösung, doch wir wollten ihn zusammen am Leben halten“, verrät André Liesche. Der lobt das Vereinsleben in Wenze in den höchsten Tönen: „Der Zusammenhalt ist toll und es ist einfach schön, dass so ein kleines Dorf noch immer über einen Verein verfügt, der in der Kreisoberliga spielt. Ich hoffe, dass das auch noch lange so bleibt und der Klub überlebt.“

Im Jahr 2001 startete Liesche seine Laufbahn als Schiedsrichter. „Zum einen war ich als Spieler nicht mehr der Schnellste, zum anderen habe ich in meiner aktiven Zeit einige betrunkene Referees erlebt und dachte mir dabei: Das geht aber auch besser“, schildert der Wenzer. Der ist seit 2005 auch als Triathlet unterwegs. Seine große Stärke war früher der Sprint. Die 100 Meter bewältigte André Liesche in 11,9 Sekunden. Später nahm er dann auch am Marathon teil. Die schnellste Zeit in Berlin betrug etwas mehr als vier Stunden. So war der Vater zweier Söhne und einer Tochter das ganze Wochenende unterwegs. Mittlerweile gilt das zumeist „nur“ für den Sonntag. Dann nämlich leitet Liesche zumeist Partien im Herrenbereich auf Kreisebene. „Ich brauche die Bewegung einfach“, verrät der 48-Jährige. Für ihn ist es eine Freude, die Sportplätze der Region abzugrasen. „Jedes Spiel beginnt bei mir bei Null“, gibt der Westaltmärker zu verstehen.

Karten zückt der Mann mit der Mähne so schnell nicht. „Ich versuche immer erst, Klartext zu reden – mit den Spielern, aber auch den Trainern. Mir ist der Dialog sehr wichtig und ich weiß, dass ich nicht der wichtigste Mann auf dem Platz bin“, erklärt Liesche. Ein Referee ist seiner Ansicht nach „ein Pädagoge, ein Psychologe und ein Lehrer“. Der 48-Jährige bedauert, dass die Zahl der Schiedsrichter im Altmarkkreis Salzwedel immer weiter sinkt, hat aber auch einen Erklärungsansatz: „Der Respekt gegenüber den Unparteiischen nimmt immer weiter ab. So fällt es auch immer schwerer, ein Spiel zu leiten.“ André Liesche möchte die Spieler und Trainer in diesem Zuge noch einmal auf eines hinweisen: „Schiedsrichtern ist ein Hobby und Fehler passieren immer. Der Referee macht statistisch gesehen sogar die wenigsten auf dem Platz.“

Auch wenn die Aufgabe als Unparteiischer alles andere als Zuckerschlecken ist, hat André Liesche nach wie vor großen Spaß daran. Vor allem bei Partien auf dem Großfeld. „Kleinfeldspiele sind ehrlich gesagt nichts für mich, denn ich brauche die Bewegung“, verrät der Sportenthusiast, der noch immer jährlich an bis zu zwei Triathlons teilnimmt. „Solange ich läuferisch mithalten kann, möchte ich auch weiterhin pfeifen. Es sollen aber nur noch ein paar Jahre werden“, macht Liesche deutlich, dass er die 60-Jahre-Marke als Schiedsrichter nicht überschreiten möchte. Der Westaltmärker hofft stattdessen auf mehr Nachwuchs im Schiedsrichterwesen. „Wichtig ist, dass die jungen Referees bereits Erfahrungen als Linienrichter bei Herrenpartien sammeln oder selbst Duelle im Nachwuchs leiten. Dort können sie am besten lernen“, meint der Wenzer. Anfänge im Altherrenbereich sieht er für die Youngster als unangemessen. Das sollte seiner Ansicht nach lieber die ältere Generation („Da ist der Respekt dann nicht mehr ganz so groß“) übernehmen. Insgesamt hofft der Unparteiische in Zukunft auf die Verbesserung des Miteinanders auf und neben dem Platz. „Trainer und Spieler sollten teilweise einfach etwas ruhiger bleiben und nicht immer meinen, alles besser zu wissen“, so der 48-Jährige. André Liesche selbst demonstriert schließlich auch Woche für Woche aufs Neue, wie fair man miteinander umgehen kann.