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Fußball Endlich mal die nötige Wertschätzung

Torhüter Franco Flückinger bekommt beim SV Wacker Burghausen die Wertschätzung, die ihm vorher fehlte.

Von Florian Schulz 23.02.2019, 04:00

Burghausen/Stendal l Fernab der Heimat fühlt sich Franco Flückiger pudelwohl. Das hat nun wahrlich nichts mit einer Ablehnung gegenüber seinem Geburtsort Stendal, sondern vielmehr mit seinem aktuellen Verein SV Wacker Burghausen zu tun. Beim bayrischen Regionalligisten genießt der 27-jährige Torhüter die Wertschätzung, die ihm bei vielen vorherigen Stationen fehlte.

Viele Jahre war Franco Flückiger „nur“ die Nummer zwei oder gar drei bei seinen Vereinen. Ein ehemaliger U19-Nationalspieler hat – und dafür kann man ihm keine Arroganz vorwerfen – natürlich höhere Ansprüche. Flückiger arbeitete hart für sein Ziel, endlich Stammtorwart zu sein. Und er ging dafür sogar „einen Schritt zurück“, wie er es selbst formuliert. Mittlerweile ist der Altmärker bei den Wackeranern aus Burghausen die unumstrittene Nummer eins zwischen den Pfosten und somit im tiefsten Bayern auch sehr glücklich.

Das Licht der Welt erblickte Franco am 1. März 1991 in der ostaltmärkischen Kreisstadt Stendal. Bei der dort heimischen Lok begann Flückiger 1996 dann auch seine Laufbahn. In der F-Jugend hörte er zunächst auf die Kommandos von Heiko Gödecke und Torsten Gohlke. „Schon als kleines Kind habe ich eigentlich immer gegen den Ball getreten. Mein Vater Rainer hat mich dann, bevor ich in der Wohnung etwas kaputt schießen konnte, im Verein angemeldet“, erinnert sich der 27-Jährige schmunzelnd zurück. Mit der ersten F-Junioren-Vertretung von Lok Stendal schaffte es Franco Flückiger einst, in einer gesamten Saison alle Partien zu gewinnen und dazu auch noch komplett ohne Gegentor zu bleiben.

„Wir haben damals alles gewonnen, was es zu gewinnen gab“, verrät Franco. Auch er hatte großen Anteil daran, dass sogar im Gesamtklassement („Wir haben es damals sogar in das Magazin ‚Kicker’ geschafft“) hinten die Null stand – allerdings nicht als Torhüter, sondern als Libero. Zwischen die Pfosten wechselte der Altmärker erst in der D-Jugend. „Ich wollte eigentlich schon immer ins Tor, doch ich durfte zunächst nicht. Dann wurde ich bei einem Hallenturnier mal als Keeper eingesetzt, habe meine Sache anscheinend ganz gut gemacht und bin seitdem nicht mehr herausgekommen“, so der 27-Jährige.

Dass er im Gehäuse sehr gut aufgehoben ist, sprach sich auch recht schnell herum. Bereits 2005 folgte Flückigers Wechsel zum 1. FC Magdeburg. In diesem Jahr rückte der Altmärker in die B-Jugend auf. Bereits vor seiner Zeit beim FCM hatte Franco den Sprung in die Landesauswahl-Mannschaft Sachsen-Anhalts geschafft. Im Gegensatz zu vielen anderen Teamkollegen besuchte er nicht die Sportschule. Vielleicht war auch dies der Grund dafür, weshalb es der Torhüter in seiner Anfangszeit in Magdeburg noch recht schwer hatte.

In seinen ersten zwei Jahren beim „Club“ war Franco Flückiger zumeist nur Reservist. Erst in der A-Jugend stieg der gebürtige Stendaler zur Nummer eins der Landeshauptstädter auf. Diesen Status hatte er sich mit viel Fleiß, Training sowie guten Leistungen auch verdient. Mit Jo Stock hatte Franco zudem einen guten Torhüter-Trainer, durch den er sogar zu einem Lehrgang des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) gelangte.

Auch dort fiel der Altmärker positiv auf und bestritt unter der Regie von Bundestrainer Horst Hrubesch sogar vier Länderspiele für die deutsche U19-Nationalmannschaft, in der der Keeper unter anderem gemeinsam mit Daniel Ginczek (heute VfL Wolfsburg), Christoph Kramer (Borussia Mönchengladbach), Stefan Bell (1. FSV Mainz 05) und Cenk Tosun (FC Everton) um Punkte kämpfte. Zwar genoss Flückiger jedes seiner vier Duelle im DFB-Dress, doch negativ in Erinnerung geblieben ist ihm ein eigener Patzer in einer wichtigen Qualifikations-Partie.

Nach seiner A-Junioren-Zeit in Magdeburg wollte Franco Flückiger am liebsten zu RB Leipzig wechseln. Dieser Transfer zerschlug sich jedoch, so dass der Altmärker noch ein Jahr bei den Herren des FCM blieb. Unter dem niederländischen Trainer Ruud Kaiser fand der Schlussmann allerdings kaum Berücksichtigung. Dessen klare Nummer eins im Tor war Matthias Tischer. Mit der Reservisten-Rolle gab sich der ehemalige Junioren-Nationaltorhüter nicht zufrieden und nahm 2011 das Angebot eines Probetrainings beim Zweitligisten SpVgg Greuther Fürth dankend an.

Kurz darauf unterschrieb Flückiger bei den Franken einen Vertrag, musste sich zunächst allerdings mit der Rolle des dritten Keepers zufrieden geben. „Es war für mich sehr schwierig. Der Sprung war sehr groß und ich musste mich erst einmal an das höhere Niveau gewöhnen“, blickt der 27-Jährige zurück. Als Franco sich dann endlich herangekämpft hatte, bremste ihn eine Knieverletzung aus. Das bedeutete zugleich, dass sein Ein-Jahres-Vertrag nicht verlängert wurde und der Schlussmann die „Kleeblätter“ nach dem Aufstieg in die 1. Liga verlassen musste.

Für zwei Jahre führte der Weg des gebürtigen Stendalers daraufhin zum Halleschen FC. Vor der Unterzeichnung des Kontrakts an der Saale im Jahr 2012 musste Franco Flückiger allerdings noch eine Weile grübeln. Schließlich hatte er eine Magdeburger Vergangenheit und wohl so ziemlich jeder Fußballfan im ostdeutschen Raum weiß, wie groß die Abneigung zwischen dem FCM und dem HFC – speziell in der Fanszene – ist. „Allerdings ist man als Fußballer ja auch ein Arbeitnehmer. Von daher habe ich es dann auch gemacht“, erklärt Franco. Allerdings kam er auch in Halle nicht über den Status als Nummer drei beziehungsweise zwei hinaus. „Das konnte ich dann nicht mehr ganz nachvollziehen. Ich wollte mich einfach nicht mehr hinten anstellen und habe mich deshalb dazu entschieden, einen Schritt zurück zu gehen“, so der Altmärker.

Im Sommer 2014 zog es Franco Flückiger zum FC Oberlausitz Neugersdorf. Beim damaligen Oberligisten hatte es Flückiger endlich zum Stammtorhüter geschafft. Es kam sogar noch besser: Franco lernte seine jetzige Ehefrau Jessica („Ihr habe ich sehr viel zu verdanken“) kennen und stieg mit dem FCO direkt in die Regionalliga auf. In dieser Spielklasse war der gebürtige Stendaler mit den Mannen aus der Oberlausitz zwei Jahre durchaus erfolgreich aktiv. Dann allerdings wurde sein Vertrag nicht verlängert.

Durch seinen Berater kam im Sommer 2017 der Kontakt zum SV Wacker Burghausen zustande. Der ehemalige Zweitligist, mittlerweile in der Regionalliga Bayern auf Punktejagd, suchte seinerzeit einen Torhüter. Ein gefundenes Fressen also für Flückiger, der natürlich auch um die große Tradition der Burghäuser wusste. „Nachdem ich da runtergefahren war, ging alles ganz schnell. Zwei Tage nach meiner Hochzeit habe ich den Vertrag unterschrieben“, verrät der 27-Jährige.

Der Keeper wurde im Team gut aufgenommen, die Kollegen machten ihm den Einstieg leicht. „Am schwierigsten war es eigentlich, die bayrische Sprache zu erlernen“, so der Nordostdeutsche mit einem schelmischen Grinsen. Sportlich läuft es mit den Wackeranern momentan sehr ordentlich. Nach einer doch eher holprigen Spielzeit 2017/2018, in der sie sich zumeist sogar im Tabellenkeller bewegte, belegt die Elf von Trainer Wolfgang Schellenberg („Momentan läuft es sehr entspannt“) aktuell sogar Rang vier. An einen Drittliga-Aufstieg möchte Franco allerdings (noch) nicht denken. Zu stark ist die Konkurrenz mit dem FC Bayern München II, dem VfB Eichstätt oder auch dem 1. FC Schweinfurt 05. Diese drei Teams befinden sich momentan vor den Wackeranern, der Rückstand auf die Spitze ist zudem schon beträchtlich.

Allerdings sieht sich Franco Flückiger mit dem Wechsel nach Süddeutschland – immerhin gut 640 Kilometer von seiner Heimat entfernt – bestätigt. „Burghausen hat nicht nur einen Namen, sondern auch das Umfeld passt und vieles befindet sich hier auf recht hohem Niveau“, klärt der 27-Jährige auf. Und auch der Verein ist mit seinem Schlussmann scheinbar sehr zufrieden. „Franco ist unsere unumstrittene Nummer eins und ein Garant für das tolle Abschneiden in der Hinrunde. Er ist bei uns sehr beliebt und menschlich absolut in Ordnung. Wir sind sehr glücklich, ihn hier zu haben.

Franco genießt nicht nur ein hohes Ansehen in der Mannschaft, sondern auch im gesamten Verein“, äußert sich Wacker-Teammanager Karl-Heinz Fenk über den Altmärker. Der absolviert aktuell über den Verein eine Ausbildung zum Sport- und Gesundheitstrainer. Sein Haupt-Arbeitsbereich ist dabei der Kraftraum, in dem der 27-Jährige des Öfteren auch Teamkollegen antrifft, die sich durchaus mal den einen oder anderen Tipp vom gebürtigen Stendaler abholen. Franco wohnt direkt in Burghausen, Ehegattin Jessica hingegen noch in der Nähe von Neugersdorf. „Heimat ist für mich da, wo ich meine Frau vorfinde. In meiner Freizeit möchte ich so viel Zeit wie möglich mit meiner Familie sowie unseren Tieren verbringen“, verrät Franco Flückiger.

Zu den Heimspielen der Wackeraner erscheinen im Schnitt 1000 Zuschauer. In der Vorsaison waren es zum Derby gegen den TSV 1860 München sogar deren 10 000. Damit war die Wacker-Arena ausverkauft. Doch nicht nur die brisanten Nachbarschaftsduelle mit den Münchner „Löwen“ haben dem Torhüter imponiert. Auch der starke Auftritt im Landespokal-Wettbewerb gegen die in der 3. Liga beheimatete Spielvereinigung Unterhaching wird Franco Flückiger wohl noch länger in Erinnerung bleiben.

Gegen den großen Favoriten schafften es die Burghäuser bis ins Elfmeterschießen, in dem sie dann doch noch unterlagen. Das lag allerdings nicht an Flückiger. Unter der Woche gibt es für ihn und seine Kollegen einen freien Tag, auch am Sonntag kann sich Franco voll und ganz privaten Dingen widmen. „Ansonsten trainieren wir täglich – teilweise sogar zweimal“, verrät der 27-Jährige, der mit seinem Team zumeist sonnabends im Einsatz ist. An den Einheiten kann Flückiger trotz seiner Ausbildung stets teilnehmen. „In dem Alter, in dem ich mich momentan befinde, hat der Beruf sicherlich immer mehr Wichtigkeit. Im Fußball bin ich schon lange dabei und habe dementsprechend viel gesehen“, so der gebürtige Stendaler.

Zu seinem Heimatverein 1. FC Lok Stendal hat Franco Flückiger keinen echten Kontakt mehr. „Ich schaue ab und an mal auf die Ergebnisse und habe den Aufstieg in die Oberliga daher auch mitbekommen“, verrät Flückiger. Dazu kommt, dass der Torhüter nur höchstens zweimal im Jahr seine Familie in der Altmark besucht. Dann bleibt natürlich auch kaum Zeit, um sich womöglich mal ein Spiel der Stendaler im Stadion anzusehen.

 „Ich wünsche dem Verein, dass er weiterhin eine positive Entwicklung nimmt und der Weg vielleicht irgendwann sogar in die Regionalliga führt“, so der gebürtige Altmärker in Bezug auf den 1. FC Lok. Selbst ist es Franco wichtig, erst einmal seine Ausbildung erfolgreich zu meistern. „Auf Dauer möchte ich zudem auch wieder mit meiner Ehefrau zusammenleben“, macht der 27-Jährige deutlich. Eine Rückkehr in die Altmark – sowohl in sportlicher als auch in privater Hinsicht – kann sich Franco zumindest momentan nicht vorstellen.

Rein sportlich hofft der Torhüter natürlich auch auf eine erfolgreiche Zukunft der Burghäuser. „Ein Aufstieg in die 3. Liga wäre schon schön, aber das hängt auch von vielen Faktoren ab. Allerdings haben wir eine junge Mannschaft und können, wenn wir weiter so zusammenbleiben, sicherlich ein Wörtchen mitreden“, so der drittälteste Akteur im Kader der Wackeraner. Was er dem Verein zudem wünscht? „Dass er natürlich sportlich erfolgreich bleibt, ein weiterhin ruhiges Umfeld und dass noch mehr Zuschauer ins Stadion kommen“, entgegnet der Schlussmann, der noch eine Weile („Bis zu dem Punkt, an dem ich nicht mehr möchte oder merke, dass der Körper das nicht mehr mitmacht“) aktiv bleiben möchte. Wer zu den Partien in die Wacker-Arena kommt, darf sich nicht nur auf eine junge und hungrige Mannschaft vom SV Wacker Burghausen, sondern auch auf einen Franco Flückiger in ganz starker Form freuen. Wenn sich das also nicht lohnt…