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Story Nicht noch einmal 24 Jahre

Die Erfolgsgeschichte des SV Grün-Weiß Potzehne hängt in großen Teilen mit dem Namen Erich Krümmling zusammen.

Von Florian Schulz 27.06.2017, 05:00

Potzehne l Bereits seit gut 45 Jahren gehört Krümmling dem Verein seines Heimatortes an und hat als Spieler und Trainer viel – vor allem Positives – erlebt. In der Spielzeit 2015/2016 wurde in Potzehne kein Herrenfußball gespielt. Eigentlich unglaublich, wenn man betrachtet, dass die Grün-Weißen nur zwei Jahre zuvor noch in der Landesliga unterwegs waren. Erich Krümmling machte sich – damit war er aber wohl längst nicht allein – große Sorgen, schon allein um die Zukunft der jungen Nachwuchstalente in Potzehne. Es musste einfach – egal wie – wieder eine Männermannschaft her. Mit Erfolg: Nach dem freiwilligen Rückzug aus der Landesklasse freuten sich die Mannen aus dem Süden der Altmark in der gerade abgelaufenen Saison 2016/2017 unter der Regie von Coach Krümmling über die Meisterschaft in der Kreisoberliga.

Es dauerte recht lange, bis Erich Krümmling endlich auch in seinem Heimatverein dem runden Leder nachjagen konnte. Eine Spielmöglichkeit gab es für ihn in jungen Jahren nämlich nicht in Potzehne. So war Krümmling ab der B-Jugend in Zobbenitz im Bördekreis aktiv. Als Linksaußen brachte er ordentlich Schwung ins Offensivspiel, wobei er aber auch mit einem Schmunzeln zugibt: „Ich war zwar sicherlich ein mannschaftsdienlicher, aber auch nur ein Durchschnittsspieler.“ Dennoch warf „Ete“, wie der 63-Jährige liebevoll genannt wird, kämpferisch stets alles in die Waagschale. Während seiner Schulzeit spielte Erich Krümmling ab seinem 16. Lebensjahr auch noch Handball in Jerchel, doch die Begeisterung für den Fußball war schlussendlich doch größer.

1972 konnte Krümmling dann endlich in Potzehne kicken. Eine junge Truppe wurde aufgebaut, die aus mehreren Potzehnern beziehungsweise einigen Jerchelern bestand. Diese nahm eine rasche Entwicklung und stieg nach kurzer Zeit von der Kreisliga in die Landesklasse auf. Nach dem zwischenzeitlichen Abstieg kehrten die Westaltmärker 1979 wieder in die Landesklasse zurück und blieben der Landesebene stets erhalten. „Wir sind immer zwischen Landesliga und Landesklasse gependelt. Es war eine interessante Zeit, in der ich allein in Magdeburg 15 verschiedene Plätze zu sehen bekam“, erinnert sich der 63-Jährige zurück.

„Hatten bessere Spieler für die Offensive“

Zu Beginn mussten die Potzehner oft um ihre Existenz in den jeweiligen Spielklassen kämpfen, im Laufe der Jahre kamen dann aber auch herausragende Spieler aus dem näheren Umkreis dazu. Einer davon war Hendrik Soeder. „Er war ein toller Typ und Fußballer, der viele Spiele allein entschieden hat“, verrät Erich Krümmling. Insgesamt bestach die Truppe allerdings stets durch ihr gutes Miteinander. Die Begeisterung wuchs immer mehr. „Für einen Ort mit nur gut 200 Einwohnern war dies schon außergewöhnlich. Es hat einfach gepasst“, denkt Krümmling noch immer gern zurück. Er selbst blieb bis zu seinem 34. Lebensjahr aktiv, wurde positionsbezogen immer weiter nach hinten versetzt.

 „Die Schnelligkeit war irgendwann auch nicht mehr vorhanden, zudem hatten wir mit der Zeit dann auch bessere Spieler für die Offensive“, so der 63-Jährige. Der erinnert sich besonders gern an umkämpfte Aufstiegsspiele zur Landesliga gegen Motor Salzwedel zurück, aber beispielsweise auch an emotionsgeladene und ebenso spannende Derbys gegen Gardelegen und Letzlingen. Dazu wird er auch das Pokalduell gegen den großen 1. FC Magdeburg in den 1990er Jahren nicht vergessen, in dem die Westaltmärker beim 0:2 erstaunlich gut mithielten.

Schon während seiner Spielerzeit leitete Erich Krümmling, der die Begeisterung zweifellos von seinem gleichnamigen Vater erbte, des Öfteren Trainingseinheiten seiner Mannschaft, mit 34 Jahren stieg er dann in der Landesklasse gänzlich zum Coach auf. Mittlerweile verfügte Krümmling auch über eine gültige Trainerlizenz und hatte daraufhin in Potzehne ganze 24 (!) Jahre am Stück das Sagen beim ersten Herrenteam. „Da muss man schon ein bisschen verrückt sein. Doch auch, wenn es teilweise sehr stressig war, hat es mir immer Spaß gemacht.

Vor allen Dingen, weil ich super Assistenten wie Frank Bachem oder Lothar Stallmann hatte, die mir viel Arbeit abgenommen haben“, erklärt der heute 63-Jährige. Auch als Trainer erlebte Krümmling einen ständigen Wechsel zwischen Landesliga und Landesklasse. „Es war immer schwer, die Mannschaft zusammenzuhalten. Doch wir können von Glück reden, dass die meisten Spieler tolle Typen und total in Ordnung waren. Wir haben sehr darauf geachtet, dass sich keine Cliquen bilden und wir ein geschlossenes Team haben“, verrät Erich Krümmling. Genau dies war über die Jahre hinweg auch der Schlüssel zum Erfolg. Allerdings verfügten die Grün-Weißen auch weiterhin über herausragende Einzelspieler, die für einen gewaltigen Schwung sorgten. Einer davon war Felix Keller, der seinerzeit von Eintracht Berge kam und sich schon in jungen Jahren zum Leistungsträger in Potzehne entwickelte.

Im Sommer 2012 trat Erich Krümmling, mittlerweile wohl doch etwas amtsmüde, zurück und übergab die Verantwortung („Es musste einfach mal etwas Neues her“) an Nico Bremse. Bremse, früher unter anderem in Völpke aktiv, war zuvor als Spieler bei den Grün-Weißen aktiv und auch ein Wunschkandidat Krümmlings für seine Nachfolge. „Das haben wir sogar zusammen so entschieden, weil wir uns ohnehin super verstanden haben. Zudem war Nico auch ein guter Trainer“, erklärt „Ete“. Mit Nico Bremse an der Seitenlinie freuten sich die Westaltmärker im ersten Jahr noch über eine Mittelfeldplatzierung in der Landesliga, ein Jahr darauf folgte der Abstieg („Da fehlte bei einigen Leuten dann vielleicht doch ein wenig die Motivation, andere Akteure waren hingegen verletzt“) in die Landesklasse. In dieser hielt sich der SV Grün-Weiß zwar sportlich, entschied sich aber dazu, weil neben Coach Bremse auch mehrere Akteure den Klub verließen, seine Mannschaft freiwillig aus dieser Liga zurückzuziehen.

Der Spielerkader wäre einfach zu dünn gewesen, die Qualität hätte womöglich für die Landesebene nicht mehr gereicht. „Es war ein ziemlich großer Schlag für uns alle. Damit hatten wir nie gerechnet“, gibt Krümmling sein Entsetzen im ersten Moment zu. „Es kam vieles zusammen. Dennoch wäre der Klassenerhalt vielleicht sogar trotzdem möglich gewesen. Aber es wurde eben so entschieden“, fügt der 63-Jährige an. So wurde in der beschaulichen Ortschaft im Süden der Altmark ein Jahr lang kein Herrenfußball gespielt. Es war definitiv das traurigste Jahr für den Verein überhaupt.

„Die Jungs wollten etwas erreichen“

Ab April 2016 gaben Erich Krümmling und mehrere Mitstreiter alles dafür, um wieder eine Männermannschaft in Potzehne für die Kreisoberliga aufzubauen. „Wir wollten wieder loslegen, weil es mir für die Nachwuchsspieler leidtat. Perspektivisch macht es für sie keinen Sinn, wenn es kein Herrenteam gibt“, verrät Krümmling. So bastelten die Verantwortlichen mühevoll am Kader und durften sich über einige Rückkehrer freuen. „Mit einigen von ihnen hätte ich nie gerechnet“, gibt der 63-Jährige, der zusammen mit seinem langjährigen Assistenten Lothar Stallmann auf die Trainerbank zurückkehrte, zu. So kam beispielsweise Felix Keller zurück aus Magdeburg, Thomas Müller fand vom SSV 80 Gardelegen wieder den Weg nach Potzehne und Jan Küllmei wechselte sogar vom Verbandsligisten Haldensleber SC zurück zu seinem ehemaligen Verein.

„Erst einmal wollten wir nur eine Mannschaft aufbauen, um wieder in den Spielbetrieb zurückzukehren und uns im Mittelfeld einzufinden, doch mit der Zeit waren die Jungs immer motivierter und wollten etwas erreichen“, verrät Erich Krümmling. In der höchsten Spielklasse des Altmarkkreises Salzwedel lief es für die recht routinierte Truppe der Grün-Weißen von Beginn an ordentlich. „Man muss den Spielern auch ein Kompliment aussprechen. Sie haben teilweise sogar Bundesliga-Eintrittskarten abgegeben, um bei unseren Partien dabei zu sein. Das ist heute nicht mehr selbstverständlich“, lobt der Coach die Einstellung seiner engagierten und ehrgeizigen Truppe.

Mit 20 Siegen in 26 Partien und immerhin 63 Punkten schafften die Grün-Weißen eindrucksvoll als Kreismeister die Rückkehr in die Landesklasse. „Diese Liga kann ich aktuell noch nicht einschätzen. Ich denke aber, dass es nicht einfach für uns wird. Hoffentlich trifft es uns nicht so schlimm mit Verletzungen“, schaut Erich Krümmling schon einmal voraus. Er möchte dauerhaft mehrere junge Spieler integrieren. „Ich hoffe, dass wir weiter als Team auftreten. Zuletzt hat es wirklich Spaß gemacht. Die Jungs sind gut miteinander umgegangen. Solange der Spaß in der Mannschaft da ist, kann man auch mal ein Spiel verlieren“, so der 63-Jährige. Eine Rückkehr in die Landesliga ist vorerst kein Thema, vielmehr möchten sich die Westaltmärker erst einmal in der Landesklasse halten und auf Dauer etablieren. Dazu hofft das Urgestein, dass die Nachwuchsarbeit in Potzehne weiterhin aufrecht erhalten werden kann.

 „Das hat sich bei uns ohnehin gut entwickelt. Es ist schön, dass sich die Kinder für den Fußball begeistern können und die Spiele oder Turniere auch von den Zuschauern gut angenommen werden“, erklärt Krümmling. Der hält es für wichtig, dass sich die Grün-Weißen im Jugendbereich auch weiterhin mit umliegenden Klubs wie dem FSV Heide Letzlingen oder dem FSV Eiche Mieste („Einer allein bekommt das nicht hin, für die Gegend ist das eine tolle Sache“) verbünden. Wie lange Erich Krümmling bei den Herren des SV Grün-Weiß Potzehne nun vorerst wieder das Sagen („Es gibt auch im Verein gute Alternativen, die das drauf hätten“) haben wird, hat er für sich selbst noch nicht entschieden. 24 Jahre am Stück – so viel dürfte klar sein – werden es aber wohl nicht noch einmal sein.