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Interview der Woche Werner Malchau, Abteilungsleiter Volleyball SV Pädagogik, über die Gründe der Abmeldung "Es ist für mich eine persönliche Niederlage"

21.06.2014, 01:16

Im Jahr 2000 stieg der SV Pädagogik Schönebeck in die Volleyball-Regionalliga auf und war bis auf ein Jahr ununterbrochen über die Landesgrenzen hinaus im Spielbetrieb aktiv, zuletzt in der 3. Liga. Mit dem Abstieg und der Auflösung der Mannschaft geht nun eine Ära zuende. Sportredakteur Frank Nahrstedt sprach mit Abteilungsleiter Werner Malchau über die Gründe und Folgen.

Volksstimme: Herr Malchau, wie haben Sie die Entscheidung der Mehrheit der Mannschaft, nur für die 3. Liga auflaufen zu wollen, aufgenommen?

Werner Malchau: Mit sehr gemischten Gefühlen. Dies ist für mich eine persönliche Niederlage. Zwanzig Jahre Arbeit in der Turnhalle - davon bleibt nun nichts mehr. Für mich ist es deshalb ein Problem, weil ich so erzogen wurde, dass ich die Karre dann wenigstens aus dem Dreck ziehe, wenn ich sie reingefahren habe. Dazu sind Teile der Mannschaft offensichtlich nicht bereit gewesen. Es ist allerdings nicht ganz korrekt zu sagen, dass die halbe Mannschaft nicht in der Regionalliga spielen will. Das trifft nur auf zwei Spieler des Teams und zwei fest eingeplante Neuzugänge zu. Viele, die nicht zugesagt haben, konnten dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht. Sie stehen vor einer ungewissen Zukunft, weil sich bei Ihnen nach Abitur oder Studienabschluss Veränderungen ergeben, die das Weiterspielen derzeit infrage stellen. Diesen Spielerinnen kann man keinen Vorwurf machen. Da sage auch ich: Eure Lebensplanung muss Priorität haben.

Welche sind die Gründe, dass die Mannschaft nun abgemeldet worden ist?

Bei nur drei Spielerinnen, die ihren Einsatz für die nächste Saison garantieren konnten, ergab sich keine Alternative. Sicherlich: Zwei oder drei Spielerinnen aus der zweiten Mannschaft bieten sich an, hochzurücken. Doch selbst das würde dann ja nicht reichen. Die Mädchen dann zum Kanonenfutter zu machen, dafür waren sie mir dann doch zu schade.

Hat sich in den vergangenen Jahren eine Entwicklung in diese Richtung angedeutet?

Das auf jeden Fall. Die Mannschaft hat über Jahre zusammengespielt. Arbeitsstellen außerhalb oder einfach auch der nachvollziehbare Wunsch, Kinder zu bekommen, hat das Gerüst der Mannschaft deutlich verändert. Diese Entwicklung konnte in den letzten zwei Jahren nicht kompensiert werden. Das System Pädagogik hat über Jahre vor allem deshalb funktioniert, weil alle, Verantwortliche wie Spielerinnen, mit sehr viel Herzblut bei der Sache waren. Das ist in den letzten zwei Jahren wohl auch etwas unter die Räder gekommen.

Nachdem Trainer Dennis Raab nur noch Aufgaben für den Verband wahrnehmen durfte, fehlte Ihnen ein lizenzierter Übungsleiter. Hat das in die Entscheidung hineingespielt?

Ich war zwar seit mehreren Wochen unterwegs und habe mehrere Absagen erhalten, sodass sich hier tatsächlich eine Baustelle ergab. Ich denke aber, dieses Problem hätten wir bis zum Saisonstart zu einer akzeptablen Lösung führen können. Angebote, als Co-Trainer mit einzusteigen, um die Lasten des Hauptverantwortlichen etwas zu verteilen, lagen mehrere vor. Von der Möglichkeit, einen hauptamtlichen Trainer zu beschäftigen, sind wir wirtschaftlich meilenweit entfernt.

Haben Sie Unstimmigkeiten zwischen Verantwortlichen und Spielerinnen wahrgenommen?

Wo läuft schon alles rund. Sicherlich gab es die eine oder andere Unstimmigkeit, wurden Entscheidungen diskutiert und infrage gestellt, gab es Reibungspunkte. Doch keineswegs in der Heftigkeit, dass die berühmten Fetzen flogen.

Haben Sie selbst auch Fehler begangen, die Sie im Nach-hinein ändern würden?

Ja, sicher gibt es die. Wir haben es einfach verpasst, uns zu professionalisieren. Anstelle mich selbst in die Halle zu stellen, um mit Kindern zu arbeiten, hätte ich vielleicht besser Türklinken putzen sollen, um Geld für Leute zu akquirieren, die genau diese Arbeit machen. Schafft man dazu noch Rahmenbedingungen (vor allem beruflich) für mehrere Spielerinnen, spielt man für 60 000 bis 80 000 Euro in der 2. Bundesliga. Für Fußballvereine ist dieser Betrag eine Lachnummer. So die Sache anzugehen, ist nicht unbedingt effektiver. Man bildet Jugendspieler von der U 11 an aus und wenn sie dann Regionalliganiveau als Abiturienten erreicht haben, erhalten sie im Umfeld keinen Studienplatz.

Haben Sie eine Zusammenlegung mit der Zweiten in Erwägung gezogen? Theoretisch hätte die Mannschaft ja auch in der Oberliga starten dürfen.

Zusammenlegung? Es gibt ja nicht wirklich etwas zum zusammenlegen, weil von oben nahezu keiner übrig bleibt.

Werden die Nachwuchs-teams weiterhin betreut oder wird in diesem Bereich kontinuierlich abgebaut?

Für mich persönlich stellt sich nach diesem Desaster wirklich die Frage, ob ich und wenn ja, in welcher Form weitermache. Reinen Hobby- oder Freizeitsport zu machen? Das können andere wahrscheinlich sogar besser. Kinder ausbilden, damit der SVP irgendwann wieder höherklassig spielen wird? Wollen das die Kinder? Wollen das die Eltern? Darüber werden wir in den nächsten Tagen zu reden haben. Zumindest sind in Zusammenhang mit dem Landesverband und mehreren Schulen Projekte für die neue Saison eingetaktet, um uns im Kinderbereich noch breiter aufzustellen. Dies schließt auch die Arbeit von neuen Trainern ein. Sollte sich die Tendenz ergeben, zukünftig nicht mehr leistungsorientiert zu arbeiten, werden die Kinder auf keinen Fall nach Hause geschickt.