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Das Porträt der Woche: Schönebecker Benjamin Kerber über seine Leidenschaft Karate und sein Vorbild Alexandre Biamonti Gelungenes Debüt im Nationaltrikot

Von Sandra Arm 12.03.2011, 04:24

Benjamin Kerber kommt schon nach wenigen Minuten ins Schwitzen. Schnell wischt er sich mit beiden Handoberfläche den Schweiß von der Stirn. Die Einheit schlaucht, aber der Schönebecker Karateka in Diensten des KDVZ Magdeburg weiß, dass sich das harte und vor allem schweißtreibende Training bei Coach Olav Büttner auszahlt. Wie zuletzt bei den Junioren-Europameisterschaften Mitte Februar im serbischen Novi-Sad, als der 15-Jährige in der Kategorie Kumite (bis 70 Kilogramm) den fünften Platz belegte.

Magdeburg. Durch die dicken Wände in den Katakomben der Unisporthalle in Magdeburg dröhnt lautstarke Musik. "Die Musik motiviert die Athleten", weiß Büttner. Bei der Erwärmung ganz besonders, "damit der Motor langsam warm läuft". Der kleine Übungsraum platzt dabei aus allen Nähten, als sich die 18 Aktiven, die aus ganz Sachsen-Anhalt zum Training anreisen, zur Aufwärmung vor dem langgezogenen Spiegel postieren. Das schaute sich Büttner beim Boxen ab. Bei der Erwärmung werden dann vorwiegend Elemente aus den Fitnesssportarten Aerobic und Tae Bo angewandt. Benjamin ist von Beginn an konzentriert und hat schon bald Betriebstemperatur erreicht. Der Schweiß tropft ihm von der Stirn.

Kräftezeherend waren auch die zahlreichen Einheiten, die er vor seinem Start bei der Junioren-Europameisterschaft in Serbien absolvierte. Die Vorbereitungen auf dieses Turnier begannen bereits im November des vergangenen Jahres. Dafür reiste Benjamin dann zusätzlich zu seinen Einheiten nach Magdeburg, immer freitags bis sonntags zum Kadertraining nach Waltershausen. Zunächst arbeitete das Team mit Bundesjugendtrainer Klaus Bitsch im Bereich Kraft und ging dann in die Geschwindigkeit und Technik über. Ein Tag der Ruhe gab es für Benjamin in den Monaten vor seinem großen Wettkampf nicht. "Ich habe eigentlich jeden Tag etwas gemacht", sagte er.

Dabei zeigte er sich zunächst überrascht über seine Aufnahme in das Juniorteam der deutschen Nationalmannschaft. "Bitsch hatte mich im November angesprochen und teilte mir mit, dass ich im Auswahlteam bin." Für die Nominierung waren verschiedene Wettkämpfe, unter anderem die Deutsche Meisterschaft in Oberhausen (3. Platz) und der hochrangig international besetzte Krokoyama-Cup (1. Platz), ausschlaggebend. Bitsch hatte aber die Qual der Wahl, denn neben Benjamin hatte auch noch Alexander Hilgenberg (Baden-Württemberg) in der Altersklasse U 16 bis 70 Kilogramm die Möglichkeit auf das EM-Ticket. Also ließ Bitsch die beiden in einem Auswahlkampf über drei Runden gegeneinander antreten. Benjamin setzte sich durch und gab dann sein Debüt am Freitag, 11. Februar, im Nationaltrikot.

Daran war vor acht Jahren, als Benjamin beim 1. Shotokan Karate-Do Verein in Schönebeck einen Schnupperkurs mit seinen besten Freunden Fabian und Melina Droste besuchte, wohl noch nicht zu denken. Inzwischen hat sich das geändert und er betreibt mittlerweile seine Leidenschaft als Leistungssport. Dafür pendelt er sogar zweimal die Woche von Schönebeck in die Landeshauptstadt zu Büttner, der auch gleichzeitig Landestrainer ist.

Das Flugzeug nach Novi-Sad betraten dann beide. Die Aufregung beim Jüngsten hielt sich in Grenzen. "Das war alles normal." Zudem bekam Benjamin auch nicht viel vom Flug mit, denn die 90 Minuten verbrachte er schlafend. Ausgeruht und mit einer ordentlichen Portion Neugier ging es nach der Ankunft gleich zur Halle und dann erst zum Hotel, dass Benjamin aufgrund des Luxus mächtig beeindruckte. Die freien Tage bis zu seinem Wettkampf verbrachte er dann entweder auf der Zuschauertribüne, um die anderen Teilnehmer anzufeuern, oder er hielt Ausschau nach seinem großen Vorbild Alexandre Biamonti, der die französische Nationalmannschaft betreute. "Er ist der beste Karateka, den es gibt. Er ist für mich aufgrund seiner Leistungen mehr als ein Ansporn." Angesprochen hat er ihn allerdings noch nicht. "Ich kann kein Französisch", erklärt der Gymnasiast.

Außerdem erkundete er mit seinen Eltern Andreas und Doreen, die ihren Sohn bei seinem ersten Wettkampf außerhalb Deutschlands begleiteten, die Stadt. Die Familie ist für ihn sein stärkster Rückhalt. "Sie unterstützen mich. Mein Vater bringt mich immer zum Training. Wir sind schon ein bisschen karateverrückt." Seine Leidenschaft hat sich nun auch auf seinen zehnjähriger Bruder Jonas übertragen, der ebenfalls mit Begeisterung den Sport ausübt.

Dass seine Eltern im Fanblock saßen, spornte Benjamin zusätzlich an, aber gegen seine Schwäche - die Nervosität - musste er allein ankämpfen. "Dafür strahlte er aber viel Ruhe und Gelassenheit in den Kämpfen aus", hatte Büttner beobachtet, dem das Herz bis an den Hals schlug. Eine Medaille verpasste Benjamin zwar nur knapp, aber die Strapazen haben sich mit dem fünften Platz dennoch gelohnt. "Ich bin sehr stolz auf seine Leistung. Für Benjamin war es ein sehr langer und anstrengender Weg", betonte Büttner.

Das nächste Ziel hat der Schönebecker schon klar vor Augen. Er träumt von der Teilnahme an der Junioren-Weltmeisterschaft, die im Oktober in Malaysia ausgetragen wird. Der Titel bei den Deutschen Meisterschaften Mitte Mai in Erfurt würde ihn seinem Traum schon ein Stück näher bringen. Doch dafür steht in den kommenden Wochen wieder hartes und schweißtreibendes Training auf dem Plan.