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Classic-Kegeln Ein Kracher und ein Küken

Andreas Hagemeyer wechselt von Borne zu den Männern von Union Schönebeck. Laura Meyer wechselt aus Staßfurt zu den Union-Frauen.

Von Enrico Joo 24.07.2018, 23:01

Schönebeck l Nur gut, dass Laura Meyer mit ihren 17 Jahren noch zur Schule geht. So kommt sie in den Genuss des Schülerferientickets, das die Güstenerin auch in den Sommerferien bequem von A nach B bringt. Ohne viel Aufwand und Kosten. Meyer nutzt die Freizeit im sengend heißen Sommer aber nicht nur, um per Zug die Gegend zu erkunden und auszuspannen. Dank ihres Schülerferientickets kommt die Schülerin auch ohne Mehraufwand nach Schönebeck.

Denn an der Elbe hat sich die Keglerin, die bisher beim SV Salzland Staßfurt in der Landesklasse gespielt hat, Union Schönebeck angeschlossen. Und damit einem Zweitligisten, der drei Ligen über Staßfurt beheimatet ist. Am vergangenen Mittwoch hatten die Unionerinnen ganz modern im sozialen Netzwerk Facebook die weitere Verjüngung des Kaders bekanntgegeben und Laura Meyer zum riesigen Karrieresprung verholfen. „Ich sehe da die Chance, mich zu verbessern“, sagt das neue Küken. „Natürlich habe ich ein bisschen Angst, ich muss mich langsam daran gewöhnen und mich einleben, das braucht Zeit. Ich werde auch um Gottes Willen keine Ansprüche auf einen Stammplatz stellen.“ Aber die menschlichen Voraussetzungen für ein gutes Miteinander sind gegeben. „Alle sind total lieb zu mir.“

Und Unbekannte sind die Unionerinnen ja nicht. Die gute Bahn in Schönebeck kennt sie selbst von vielen Jugendmeisterschaften. Die Spielerinnen Anne Stahlich und Kerstin Bich kennt sie vom Stützpunkttraining. Auch zu Mannschaftsleiterin Juliane Große hatte sie schon vorher einen guten Draht. Das machte die Entscheidung, die sie im Frühjahr gefällt hat, leicht. „Ich will meinen Stil festigen“, sagt Meyer. „Und irgendwann die 600 Holz knacken.“ Derzeit hat sie einen persönlichen Bestwert von 574.

Die Zahl beweist, dass die 17-Jährige auch rein qualitativ gut in die Mannschaft passen wird. „Sie braucht noch etwas mehr Selbstbewusstsein“, sagt Große. „Aber ich weiß, dass sie es kann. Sie hat einen super Stil.“ Neue Spielerinnen braucht es zudem. Denn es gibt drei längere Ausfälle bei der Mannschaft aus der 2. Bundesliga Nord/Ost, die einen wunderschönen privaten Hintergrund haben. Juliane Große erwartet ihr drittes, ihre Schwester Karolin Öhlschläger ihr zweites Kind. Beide haben ihren Entbindungstermin im September. Auch Vicky Otto hat am Wochenende verkündet, Nachwuchs zu erwarten. Ihr Entbindungstermin ist im März 2019. „Dadurch sind wir noch zu siebt“, sagt Große. Anja Groß und Stefanie Lehe sind schon stolze Mamas und werden die Saison aussetzen, Große will im Dezember wieder einsteigen, Öhlschläger im neuen Jahr. Bis dahin kann Laura Meyer beruhigt Spielpraxis in der Bundesliga sammeln.

Ein echter Paukenschlag ist der Neuzugang, den die Männer, die aus der Verbandsliga in die 2. Bundesliga aufgestiegen sind, ebenfalls vergangene Woche verkündet haben. Andreas Hagemeyer folgt Bruder Michael und Onkel Guido Müller und wechselt vom Landesligisten KSV Germania Borne zu den Schönebeckern. Nach jahrelangen Scherzereien und vorsichtigen und konkreten Anfragen gab Hagemeyer also dem Werben der Unioner nach. „Die erste offizielle Anfrage gab es im letzten Jahr, dieses Jahr haben wir erneut nachgefragt“, erzählt Mannschaftsleiter Müller. Warum Hagemeyer dem Drängen nachgab? „Die Familie spielt eine Rolle, klar. Der Sport wird aber auch in Schönebeck professioneller betrieben als in Borne. Andreas ist ein Naturtalent.“

Der 32-Jährige hat ohne Frage Bundesliga-Niveau. Sein Bestwert liegt bei 652 Holz, sein Schnitt auf der Bahn in Borne bei 597. „Nach dem Aufstieg der Schönebecker war der Reiz groß“, so Hagemeyer. „Es gab aber kein Abwerben. Ich habe mich selbst dafür entschieden. Ich will einfach die Chance nutzen. Wer weiß, wie lange ich das Niveau noch halten kann.“

In der Landesliga war Hagemeyer oft unterfordert. Fast immer fuhr er die Mannschaftspunkte ein, weil die gegnerischen Teams gegen den besten Spieler der Borner absichtlich nicht den stärksten Kegler einsetzten. Das wird in Schönebeck anders sein. „Ich brauche vor allem das mentale Training“, erklärt Hagemeyer. „Das zieht, wenn andere um dich herum ein höheres Niveau haben. Da wirst du automatisch besser.“ Sein Ziel ist es, seinen Mittelwert um zehn Holz zu erhöhen.

Erst einmal muss er sich aber überhaupt einen Kaderplatz erkämpfen. Denn Union hat ein Luxusproblem. „Ich habe derzeit neun Spieler“, sagt Müller. „Das hört sich hart an: Einen Spieler muss ich streichen.“ Der wird dann in die zweite Mannschaft in der Landesliga versetzt.

Borne muss in dieser Liga nun ohne Hagemeyer auskommen. „Die Entscheidung war nicht leicht. Aber die Teamkollegen haben mir Glück gewünscht. Ich denke, sie haben es verstanden“, so Hagemeyer. Er bleibt ja auch Vereinsmitglied in Borne. Auch sein Wohnsitz ist weiter dort. Er kann nun eine Fahrgemeinschaft mit Müller machen, der mehrmals die Woche nach Schönebeck fährt.

Und Laura Meyer kann sich – wenn die Schule wieder losgegangen ist – von ihren Eltern fahren lassen. „Sie unterstützen mich sehr“, sagt sie. Frisch verstärkt und neu motiviert gehen beide Bundesliga-Mannschaften von Union Schönebeck in die neue Spielzeit.