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E-Sport Virtuell rollt der Ball weiter

In Zeiten, in denen der Ball ruhen muss, erlebt der E-Sport einen neuen Hype.

Von Kevin Sager 05.04.2020, 23:01

Schönebeck l  Früher war das „Zocken“ vor dem Fernseher nicht hoch angesehen. Doch das digitale runde Leder erfährt in Zeiten von Kontakt- und Ausgangssperren immer mehr Zuspruch. Bei Union Schönebeck ist der Trend längst angekommen und gefestigt worden. Sportplätze sind verwaist, jedes Wochenende ohne Sport wird für ein Großteil der Bevölkerung zur Qual. Als Fan des weißrussischen Fußballs ist noch alles im Lot, denn die Liga spielt trotz der Corona-Pandemie weiter. In Deutschland nicht. Eine Abwechslung steht allerdings schon seit Jahren bereit und ist nun bereit für den großen Durchbruch. Der E-Sport. Selbst die Bundesliga springt auf diesen Zug auf. Wenn schon nicht real, dann wenigstens virtuell. Unter dem Motto „stay home, stay safe“ veranstaltet die Deutsche Fußball Liga (DFL) die „Bundesliga Home Challenge“, ein eFootball-Turnier. 29 Clubs aus der Bundesliga und 2. Bundesliga nehmen an dem Wettbewerb teil. Zudem steigt mit Deniz Aytekin und Daniel Schlager sogar ein Schiedsrichter-Team ein. Über 400.000 Zuschauer sahen die Premiere, Tendenz steigen. Denn neben den E-Sport-Profis nahmen auch zahlreiche Fußballer teil, unter anderem Nassim Boujellab (FC Schalke 04), Daniel Brosinski (1. FSV Mainz 05) oder Achraf Hakimi (Borussia Dortmund).

Dass E-Sport bereits fest verankert ist, haben die Verantwortlichen von Union Schönebeck schon lange festgestellt und die Unterabteilung eSoccer ins Leben gerufen. „Chief Gaming Officer“, quasi der Abteilungsleiter, ist Sebastian Schmidt. Für ihn ist das Kicken vor dem Bildschirm viel mehr. „Bei uns wird darauf geachtet, dass sich die Spieler auch real bewegen. Denn auch die körperliche Fitness spielt eine Rolle, so blöd es auch klingen mag. Die Turniere dauern oft vier bis fünf Stunden, da kann das nicht schaden“, erklärt er. Doch nicht nur körperlich hat das Vorteile „Auch der Kopf spielt da eine Rolle.“ Stichwort Konzentration. Auch wenn viele denken, „zocken“ ist nicht anstrengend, sie irren sich. Die Hand-Augen-Kombination muss in Takt sein. „Die Altersgrenze rutscht immer weiter nach unten. Selbst ich zähle mit 26 schon zum alten Eisen“, sagt Schmidt.

Denn die Jugend ist spezialisiert auf das Spielen an der Konsole. Das Angebot ist groß, die Nachfrage noch größer. Daher ist es wenig verwunderlich, dass im vergangenen Jahr ein 16-Jähriger Weltmeister im Spiel „Fortnite“ geworden ist. Der Lohn waren drei Millionen Dollar. Doch auf Spiele wie „Fortnite“, einem gewaltverherrlichenden Spiel, verzichtet die Abteilung eSoccer von Union, zumindest vorerst noch.

Hoch im Kurs steht die Fußballsimulation „Fifa“ an der Elbe. Vier aktive Spieler besitzt die Abteilung und ist immer wieder auf der Suche nach neuen Mitgliedern. Drei der Akteure spielen auf der Playstation, einer auf der X-Box. Ein gemeinsames Training, welches ansonsten einmal in der Woche abgehalten wird, ist durch die Einschränkungen des öffentlichen Lebens derzeit nicht möglich. Doch in den heimischen vier Wänden ist das kein Problem. Die einzigen Utensilien, die benötigt werden, sind eine Konsole, ein TV-Gerät und ein Kontroller.

„Einen Trainingsplan zu erstellen gestaltet sich beim eSoccer aber schwer. Abhängig ist da die Leistung des Spielers. Einer möchte lieber das Passspiel besser beherrschen, der andere probiert sich lieber bei den Freistößen aus“, so der Abteilungsleiter. „Online zu zocken ist aber immer möglich.“

Durch die Vernetzung über das Internet bieten sich zahlreiche Optionen. Der beliebteste Modus beim Konsolenspiel „Fifa“ ist der „Ultimate Team“-Modus. Dort kann sich das Wunschteam aufgebaut werden. Beachtet werden muss jedoch, dass die Chemie der Spieler stets hoch ist, um das volle Potential auszuschöpfen. Spieler aus der gleichen Liga oder Nation harmonieren dabei gut. „Aber in diesem Modus ist es wie im richtigen Fußball. Wer viel Geld investiert, kann sich selbstverständlich ein besseres Team aufbauen“, so Schmidt. Über sogenannte Fifa-Points können Packs geöffnet werden, in denen sich die Spieler befinden.

Der E-Sport ist inzwischen so populär geworden, dass selbst Fernsehsender über die Ereignisse berichten. „Ich verfolge zum Beispiel die virtuelle Bundesliga seit gut zwei Jahren“, sagt der Abteilungsleiter. Dort wird allerdings nicht der „Ultimate Team“ Modus, sondern der „85er-Modus“ gespielt. „Da hat jeder Spieler fast die identischen Werte. So kann zum Beispiel Magdeburg gegen Barcelona spielen, ohne dass der Spieler mit dem schwächeren Team einen Nachteil hat“, erklärt Schmidt. Somit kommt es also wirklich auf die Fähigkeit des Spielers an, der die virtuellen Fußballer über den Platz steuert.

Und wie sieht es in den kommenden Jahren aus? „Ich denke, der E-Sport wird in Zukunft noch mehr Zuspruch erhalten, weil die Spieler eben immer jünger werden“, sagt Schmidt. Und auch bei den Unionern wird im Hintergrund fleißig an den kommenden Turnieren gebastelt. „Geplant ist eigentlich pro Quartal eins, das geht natürlich in der jetzigen Zeit nicht. Angedacht ist daher ein Online-Turnier, welches wohl an Ostern über die Bühne gehen soll. Fest steht allerdings noch nichts, denn die Turniere werden in Eigenregie geplant“, sagt der Abteilungsleiter. Der E-Sport schreitet somit bei Union Schönebeck immer weiter in eine goldene Zukunft.