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Fußball Viele Helden, aber kein Ertrag

Verbandsligst Union Schönebeck verliert sein Heimspiel gegen Edelweiß Arnstedt trotz einer ordentlichen Leistung mit 2:3 (0:0).

Von Enrico Joo 22.10.2017, 23:01

Schönebeck l Am Ende kannte auch Stephan Pingel kein Halten mehr. Eine letzte Ecke bekamen die Fußballer von Union Schönebeck aus der Verbandsliga am Sonnabend zugesprochen, da stürmte der Torwart mit nach vorn. Natürlich wollte auch er mit aller Macht dabei helfen, wenigstens diesen einen Punkt zu holen. Er hatte da wohl Jens Lehmann im Kopf, der einst 1997 per Kopf das erste Feldtor eines Torwarts erzielte. Oder auch nur an Tom Müller. Der Torwart vom Fußball-Drittligisten Hallescher FC traf am Sonnabend beim 1:1 in Erfurt ebenfalls per Kopf.

Nein, Pingel ging nicht in die Geschichte ein. Die Ecke von Nils Kauffmann fand weder den Torwart noch irgendeinen anderen Verwerter im grün-roten Dress. Schönebeck verlor das Heimspiel gegen Edelweiß Arnstedt mit 2:3 (0:0). Aber allein der Fakt, dass Pingel mit nach vorn stürmte, die Arnstedter den Schlusspfiff danach lautstark bejubelten und die Schönebecker minutenlang fassungslos auf die Knie sackten und die Hände an den Kopf legten, sagte viel über den Verlauf der Partie aus. Auch Trainer Torsten Brinkmann rang nach den richtigen Worten. „Da waren enorme Gefühlswellen“, sagte er. Das Duell mit den favorisierten Arnstedter bot Stoff für viele Geschichten mit vielen Helden. Aber einem tragischen Ausgang für Union.

Schon in der ersten Halbzeit legte der zuletzt drei Spiele ungeschlagene Aufsteiger einen beherzten Auftritt hin. „Wir hatten drei überragende Chancen“, meinte Brinkmann. Doch Philipp Glage, Mathias Rhode, der einen Schuss ans Lattenkreuz nagelte und Philipp Garmann, der frei vorm Torwart vergab, brachten die Kugel nicht im Tor unter. „Da hätten wir führen müssen. Von Arnstedt kamen kaum gefährliche Aktionen“, stellte Brinkmann fest. Trotzdem ging es mit 0:0 in die Kabinen.

Nach der Halbzeit aber kam Arnstedt mit Schwung zurück. So musste Pingel nach einem Schuss von Rick Eilfeld (48.) und einer direkt getretenen Ecke (49.) in höchster Not klären. In der 54. Minute war aber auch der Schlussmann chancenlos. Nach einem langen Pass aus dem Mittelfeld durfte Tom Butzmann die völlig blanke linke Union-Seite ausnutzen, weil Florian Neugebauer nicht an seinem angestammten Platz in der Viererkette war (54.). „Er hat sich leider ein paar Mal vernaschen lassen“, meinte Brinkmann.

In der 66. Minute hatte der Coach in dem teils konfusen Aufbauspiel genug gesehen. Er nahm Philipp Garmann und Philipp Neugebauer vom Platz, leitete das Kommando „Jugend forscht“ ein, wechselte die 18-jährigen Offensivkräfte Karsten Bethke und Bastian Lorenz ein und stellte taktisch auf ein 4-4-2 um. Das machte sich erstmal nicht bezahlt. Nachdem Philipp Glage im eigenen Angriffsspiel nach einem Einwurf von Bethke den Ball verlor, setzte der 18-jährige Flügelsprinter nach, konnte aber auch nicht verhindern, dass Victor Ramon Roldan Arias per Schlenzer einnetzte (69.). Doch der zweite Gegentreffer war ein Hallo-wach-Effekt. In den nächsten 25 Minuten spulten die Schönebecker den vielleicht leidenschaftlichsten Fußball der Saison ab. Große Aktien daran trug Bastian Lorenz. Er hatte gleich Anteil an zwei Treffern der Gastgeber.

Denny Klepel flankte aus dem Halbfeld auf Lorenz, der per Kopf auf den wieder wuseligen Marios Zelekou verlängerte. Der tänzelte in bekannter Zungenschnalzer-Manier einen Gegenspieler im Strafraum aus und sah den völlig blanken Nils Kauffmann im Rückraum, der unbedrängt mit einem satten Schuss aus 20 Metern in den Winkel verkürzte (72.). Zelekou glich nur sechs Minuten später aus, weil Lorenz einen berechtigten Handelfmeter herausgeholt hatte (78.). „Das hat natürlich gepusht“, erklärte Brinkmann. Aus nominell zwei (Glage, Lorenz) wurden nun vier Stürmer (Glage, Lorenz, Zelekou, Bethke). „Das war pure Offensive.“ Union wollte unbedingt den Sieg und musste Lehrgeld bezahlen.

Die Arnstedter, die mit einigen Ex-Oberliga-Spielern ausgestattet sind, bewiesen anschaulich, warum sie ein Topteam sind. Und Union eben nicht. Weil David Kühn seinen Zweikampf im Strafraum verlor, traf Roldan Arias zum bei den Gästen viel umjubelten Siegtreffer (90.). Brinkmann ärgerte vor allem, dass die Arnstedter vorher ohne Druck flanken konnten. „Das darf nicht passieren. Da muss die Zuordnung da sein.“ Am Ende war es eine tragische Mischung aus „fehlender Erfahrung und Cleverness“, die Union aufs Kreuz legte. „Ein Punkt wäre verdient gewesen. Das ist mehr als schade.“ Arnstedt machte aus fünf Chancen drei Tore.

Brinkmann zog nach kurzer Trauerphase trotzdem viel Positives aus dem Spiel. „Wir haben Moral bewiesen und gemerkt, dass wir gegen ein Topteam mithalten können.“ Aus den drei Heimspielen gegen Arnstedt und die kommenden Aufgaben gegen Fortuna Magdeburg und Dessau will Union vier Punkte holen. Das ist noch möglich, auch wenn der verlorene Punkt gegen Arnstedt schmerzte. Die bescheidenen Schönebecker sind trotzdem angekommen in der Liga. Diese Erkenntnis bekommt immer klarere Konturen.

Schönebeck: Pingel - F. Neugebauer, Balder, Kühn, Klepel, Kauffmann, Rhode, Garmann (66. Bethke), P. Neugebauer (66. Lorenz), Zelekou, Glage

Tore: 0:1 Tom Butzmann (54.), 0:2 Victor Ramon Roldan Arias (69.), 1:2 Nils Kauffmann (72.), 2:2 Marios Zelekou (78., HE), 2:3 Victor Ramon Roldan Arias (90.); SR: Hendrik Miekautsch (Eintracht Lüttchendorf); ZS: 58