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Fußball Vom Pfad der Tugend abgekommen

Der TSV Kleinmühlingen/Zens sucht seine Form vergangener Tage.

Von Björn Richter 13.10.2016, 01:01

Kleinmühlingen l Quo vadis, TSV? Wohin es in dieser Saison für die Landesklasse-Fußballer aus Kleinmühlingen/Zens geht, ist seit dem Aus im Salzlandpokal fraglicher denn je. Der Sonntag könnte für die Grün-Weißen aber auch Tief- und damit Wendepunkt gewesen sein.

Mit Dennis Wrubel geht es in jedem Fall nicht weiter. Der Torhüter, im Sommer vergangenen Jahres vom Kreisligisten SV Blau-Weiß Pretzien zum TSV gewechselt, hat am Montag seinen Spind geräumt. Die Abmeldung dürfte nur noch Formsache sein. „Ein schwieriger Fall“, sagt Trainer Mario Sens, der den 25-Jährigen selbst zu den Grün-Weißen gelotst hatte. Nach dem 2. Spieltag, als es eine 2:6-Pleite in Niegripp setzte, war Wrubel von Sebastian Brandt aus dem TSV-Tor verdrängt worden, absolvierte anschließend keine Minute mehr im Kleinmühlinger Dress. Sein Abgang steht demnach nicht im direkten Zusammenhang mit der 7:5-Niederlage nach Elfmeterschießen vom Wochenende in Calbe, doch irgendwie passt er nur allzu gut in die momentane Großwetterlage des Landesklasse-Teams.

Tristesse umweht dieser Tage den Sportplatz An der Röthe. Nach dem verpatzten Pokal-Achtelfinale beim Salzlandligisten herrschte am Sonntag erst Katerstimmung, bei der Auswertung während des Dienstagstrainings fielen dem Einvernehmen nach deutliche Worte, zudem war ein Gespräch mit dem Mannschaftsrat anvisiert. Weniger die Niederlage als solche wurmte Coach Sens, als vielmehr ihr Zustandekommen: „Ernsthaftigkeit, Spannung – diese Dinge habe ich vermisst. Gerade weil viele unserer Zuschauer den kurzen Weg herüber nach Calbe gefunden hatten, wäre mehr zu erwarten gewesen. Diesen 100-prozentigen Siegeswillen vermisse ich ohnehin in diesem Jahr in der Mannschaft.“

Letztlich hat sich der TSV bei der TSG-Reserve ein Stück weit selbst geschlagen. „Wenn man auswärts vier Treffer erzielt, sollte das eigentlich reichen. Aber nicht, wenn wir dem Gegner die Tore selbst auflegen.“ So gingen dem Kleinmühlinger 0:1 (4.) ebenso wie dem 2:2 (66.) krasse Schnitzer der Innenverteiger voraus. Beim 2:3 (76.) zeigte auch Torhüter Brandt Nerven und lenkte einen Schuss aus rund 25 Metern mehr oder minder selbst in die Maschen. „Klar passieren Fehler, aber die Gegentore waren allesamt ‚billig‘. So dürfen wir uns als höherklassiges Team einfach nicht präsentierten“, haderte Sens.

Auch die Offensive machte trotz der vier Treffer keine glückliche Figur. Nach dem TSV-Führungstreffer in der Verlängerung vergab Routinier Christoph Berlau die große Chance zum 5:3, im Gegenzug fiel der erneute Ausgleich und damit die Entscheidung erst im Elfmeterschießen. Dass dieses den bekannten Ausgang nahm, mag in erster Linie fehlendem Glück zuzuschreiben sein. Doch dass „ein junger Spieler nach einem Fehlschuss grinsend vom Platz kommt und die erfahrenen gar nicht erst antreten, ist bezeichnend für die Einstellung, die wir zu diesem Spiel hatten“.

Das Weiterkommen war vorab bei den Gästen schließlich fest eingeplant. Angesichts der Tatsache, dass im Viertelfinale nur noch drei von ursprünglich sieben gestarteten Favoriten aus der Landesklasse vertreten sind, erschien der Kleinmühlinger K.o. umso bitterer. „Sicher wollten wir den Pokal in diesem Jahr nicht mit aller Macht gewinnen, aber der Ehrgeiz, sich bei einem Salzlandligisten durchzusetzen, sollte bei jedem vorhanden sein.“ Ein Gutes hatte das Ausscheiden: Der Fokus der Grün-Weißen richtet sich nun wieder voll und ganz auf das Geschehen in der Staffel II der Landesklasse. Ebenda warten nach mauem Start mit vier Zählern aus fünf Spielen genügend Baustellen.

Offenkundig ist vor allem die Defensive in dieser Saison eine Problemzone. In den ersten Partien kassierte die Mannschaft bereits 17 Gegentore. Zum Vergleich: Am 5. Spieltag der Vorsaison waren es nur neun. Zwar stehen mit 16 eigenen Treffern auch doppelt so viele wie zum gleichen Zeitpunkt vor einem Jahr zu Buche, doch dürfte sich die Zahl durch den 9:1-Kantersieg beim desaströs gestarteten Aufsteiger in Gehrden relativieren. „Wir haben in den vergangenen Jahren zwar nie offensive Rekorde gebrochen, dafür aber auch hinten nicht so viel zugelassen.“ Das einstige TSV-Erfolgsprinzip ist also momentan dabei, sich ins genaue Gegenteil zu verkehren.

Und das zu einer echten Unzeit, steht doch am Sonntag, 16. Oktober, der schwere Gang in die „Festung“ Heinrich-Germer-Stadion an, der Heimstätte vom alles überragenden Magdeburger SC Preussen, der bislang noch keinen Zähler abgegeben hat. Doch vielleicht ist die Aufgabe beim ambitionierten Aufsteiger, der wenig überraschend die aktuell besten Zahlen in Angriff und Abwehr vorzuweisen hat, eine, an der sich der TSV aufrichten kann. Wo sonst sollte das Team zu den Tugenden zurückfinden, die es in der Vergangenheit ausgezeichnet hat?!