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Handball Remis mit Auszeit weggeworfen

SG Lok Schönebeck verliert das Heimspiel gegen den SV Langenweddingen mit 26:27 (16:15).

Von Enrico Joo 14.01.2018, 23:01

Schönebeck l Bloß nicht ansprechen, sagte die ganze Körpersprache von Henning Stapf, als dieser so kurz nach dem Spiel die Knie angewinkelt hatte und regungslos neben der Bank hockte. Ja, der Trainer der SG Lok Schönebeck war für den Moment fertig mit der Welt. Er wollte nichts sehen (er hatte die Augen geschlossen), nichts hören und nichts sagen. Dirk Schedlo, Trainer der Frauen-Mannschaft von Lok Schönebeck oder Hallensprecher Lutz Bauer kamen zwar vorbei, klopften ihm anerkennend auf die Schulter und versuchten es mit aufmunternden Worten, doch mehr als ein knappes „Danke“ brachte Stapf nicht über die Lippen.

Stapf wusste ganz genau, dass er bei der 26:27 (16:15)-Niederlage am Sonnabend gegen den SV Langenweddingen als eigentlich sonst eher passiv eingreifender Trainer diesmal aktiven Einfluss auf den Ausgang der Partie genommen hatte. Ja, dass er direkt Schuld daran war, dass es für den Aufsteiger in der Sachsen-Anhalt-Liga wieder nicht gereicht hatte, um gegen ein Spitzenteam etwas mitzunehmen.

Was war passiert? Nach einem aufopferungsvollen Kampf und großartigem Spiel, in dem fast alles funktionierte, hatte die Lok sechs Sekunden vor dem Ende durch Stefan Schult den Gegentreffer zum 26:27 bekommen. Eigentlich ein Genickbruch. Doch Mark Illig im Tor der Schönebecker krabbelte blitzschnell ins Netz, beförderte den Ball zur Mitte, wo Robin Riedel stand und augenblicklich schaltete. Er sah, dass der gegnerische Keeper weit vor dem Kasten stand und warf aus 20 Metern – an der Mittellinie stehend – auf den Kasten. Lang und länger segelte der Ball Richtung SVL-Tor, senkte sich hinter dem Torwart und schnappte mit einem Zischen ins Netz. Scheinbar war Lok vier Sekunden vor dem Ende der Ausgleich geglückt. Allerdings hatte Stapf parallel die grüne Karte gezogen, um den letzten Angriff in einer Auszeit in Ruhe zu besprechen.

Der Treffer zählte also nicht. Zum Bedauern der Fans, der Spieler und zum größten Bedauern von Stapf, der gar nicht leugnete, dass er selbst Schuld war. „Ich habe den Punkt verschenkt“, sagte er, nachdem er doch wieder seine Worte gefunden hatte. Denn der letzte Angriff versandete.

Zwar hatte Lok den Punkt weggeworfen, aber gezeigt, dass dieser verdient gewesen wäre gegen den großen Favoriten, dem Schönebeck im Hinspiel 28:35 unterlegen war. „Der Kampf, die Leidenschaft und der Einsatz waren top. Es ist so bitter, dass wir uns nicht belohnt haben“, sagte Stapf. Dabei kam sich der Trainer aber selbst wie Bill Murray im Hollywood-Klassiker „Und täglich grüßt das Murmeltier“ vor. Denn solche Einschätzungen musste er in den Wochen davor oft abgeben. Immer wieder zeigte Lok ansprechende Leistungen gegen gute Teams wie Dessau-Roßlau II, BSV Magdeburg, TuS Radis, TSG Calbe oder jetzt gegen Langenweddingen. Doch zu einem Sieg reichte es nie. Auch deshalb fiel der Dank der Spieler an das Publikum nach der Partie knapp aus. Auch da war der Ärger groß.

„Das kotzt mich an. Das ist frustrierend“, meinte Stapf. Denn die Partie am Sonnabend war immer eng, immer offen. Schon in der ersten Halbzeit konnte sich keine Mannschaft bis auf zwei Tore absetzen, zur Pause führte Lok mit einem Tor. Auch in der zweiten Halbzeit gab es permanente Führungswechsel. Der Positionsangriff über Jan Bauer und Martin Schröder aus dem Rückraum klappte prima. Endlich zeigte Lok auch mal seine Konterstärke. Die Außen Mario Meißner und Kevin Krause liefen gut ein, Illig im Tor lief zur Glanzform auf. „Am Ende waren es Kleinigkeiten, die entschieden haben“, analysierte Stapf. Da war zum Beispiel die unnötige Zweiminuten-Strafe von Riedel in der 50. Minute, die Stapf als „Totengräber“ bezeichnet hatte, die klitzekleine Nachlässigkeit beim letzten Angriff der Gäste oder die Auszeit vier Sekunden vor dem Ende.

Doch trotz aller Nackenschläge: Die Art und Weise, wie sich die Mannschaft präsentiert hat, war beeindruckend. „Es nötigt Respekt ab, dass sich das Team immer wieder aufrafft.“ Schließlich war die Lok in den vergangenen Jahren in der Verbandsliga das Verlieren gar nicht mehr gewohnt. Jetzt die fünfte Niederlage am Stück kassiert zu haben, ist Neuland für die Elbestädter. Dass Schönebeck diese Nackenschläge so konsequent und regelmäßig wegsteckt, ist eine besondere Qualität. Daran änderte auch die unglückliche Niederlage am Sonnabend nichts. „Die Mannschaft wird nichts mit dem Abstieg zu tun haben. Da bin ich mir sicher“, sagte Stapf. Dieses Lob stand über allem. Später einmal, wenn diese bittere Pleite gegen Langenweddingen verdaut ist, wird es ein Trost sein.

Schönebeck: Illig, Knörich - Rabe, Schulz, Bauer (5), Riedel (2), Meißner (7/3), Blumenthal, Karau, Ernst (5), Mattisseck, Schröder (2), Kazmierowski, Krause (5)

Siebenmeter: Lok 4/3 - SVL 5/4 Zeitstrafen: Lok 5 - SVL 6